Wien – Die Pläne für eine Social-Media-Richtlinie im ORF haben am Donnerstag auch den Stiftungsrat beschäftigt. In die konkrete Ausgestaltung wollen sich die Fraktionschefs von ÖVP, Thomas Zach, und FPÖ, Franz Maurer, aber nicht einmischen. Es handle sich hierbei um ein rein operatives Thema der Geschäftsführung, sagten beide Stiftungsräte am Rande der Sitzung zu Journalisten.

"Ich wüsste keinen Grund, warum sich Objektivität und Meinungsfreiheit ausschließen sollten. Im Gegenteil, ich bin der Meinung, dass sie sich sogar bedingen", sagte Zach. "Niemand will die Meinungsfreiheit einschränken", betonte Zach. Letztlich sei es eine Frage der Unternehmenskultur, es gehe um Richtlinien, die die Akzeptanz der Mitarbeiter finden.

Steger kann sich Eingreifen des ORF-Ethikrats vorstellen

FPÖ-Freundeskreis-Leiter Maurer sagte, man müsse das Thema immer wieder diskutieren, weil es sich nicht um eine statische Materie handelt und die Welt sich relativ schnell ändert. Das sei eine der Schwierigkeiten. Auch Maurer betonte, dass es sich um eine Kulturfrage handle. Der Frage nach Sanktionen wichen Maurer und Zach aus. Ziel müsse aber eine gewisse Verbindlichkeit sein.

Stiftungsratschef Norbert Steger (FPÖ) erklärte nach der Sitzung, es sei ganz breiter Konsens, dass es im ORF Social-Media-Guidelines geben soll, aber: "Man muss das Haus einbeziehen." Zum Thema Sanktionen sagte Steger, er könne sich gut vorstellen, dass der firmeninterne Ethikrat hier tätig wird.

Guidelines bis Ende des Jahres

Heinz Lederer, SPÖ-Vertreter im Stiftungsrat, sagte zu Journalisten, die Guidelines seien nun auf einem guten Weg, Mitarbeiter und Betriebsrat würden eingebunden und Ende des Jahres soll es ein Ergebnis geben. "Es darf am Ende kein Knebelungsvertrag sein", mahnte Lederer. Er kritisierte Generaldirektor Alexander Wrabetz, dass der ORF nicht früher auf den oberösterreichischen FPÖ-Landesrat Elmar Podgorschek reagiert hat, der eine "Neutralisierung" des ORF gefordert hatte.

Wrabetz zeigte sich offen für Veränderungen am Entwurf der Social-Media-Richtlinien. So sei offenbar eine Formulierung, wonach auch private Meinungen eingeschränkt werden sollen, missverstanden worden. Er erinnerte daran, dass er die Guidelines 2014 angekündigt und seitdem vorbereitet habe, vieles sei auch nicht neu und Teile zuletzt Mitte 2017 vor der Nationalratswahl erlassen worden.

Wrabetz: Glaubwürdigkeit höchstes Gut

Der Generaldirektor betonte, dass der ORF die Richtlinien nicht für die Regierung mache, sondern für die Mitarbeiter. "Das höchste Gut, das es zu verteidigen gibt, ist die Glaubwürdigkeit", sagte Wrabetz. Hierfür wichtig sei das gemeinsame Verständnis der Mitarbeiter. Die Richtlinien sollen laufend evaluiert werden. Wichtig sei es, die Grenze zwischen sachlicher Kritik und parteilicher Polemik herauszuarbeiten.

Der Stiftungsrat hat in der Sitzung zudem den Jahresabschluss 2017 genehmigt. Der ORF kehrte 2017 in die schwarzen Zahlen zurück, nachdem er 2016 negativ bilanzierte, weil die geplanten Einnahmen aus dem Funkhaus-Verkauf nicht zustande kamen. Das Ergebnis vor Steuern (EBT) lag im Vorjahr bei 3,9 Millionen Euro, jenes des Gesamtkonzerns bei 9,4 Mio. Euro. Wrabetz sagte, die Stabilität sei Voraussetzung dafür, dass "wir uns in der Zukunft beweisen können". (APA, 28.6.2018)