Fritz Enzenhofer war 17 Jahre lang amtsführender Landesschulratspräsident in Oberösterreich.

Foto: APA / Helmut Fohringer

Wien – Wenn Fritz Enzenhofer, seines Zeichens 17 Jahre lang Landesschulratspräsident der ÖVP in Oberösterreich, über sich sagt: "Der letzte Mohikaner geht", dann klingt das zwar ein bisschen kokett, weist aber doch auch über den bloßen Abgang eines prominenten Schulpolitikers nach fast zwei Jahrzehnten hinaus. Und genauso meinte Enzenhofer es auch, als er am Freitag in Wien zu einer Art Bilanzpressekonferenz bat und ein Resümee seiner Arbeit, aber auch des bildungspolitischen Umfelds zog. Es kulminierte in dem Satz: "Wir haben keine Bildungspolitik, sondern Verwaltungspolitik."

Die Folgen muss er nicht mehr schulpolitisch verarzten und verantworten – und er ist nicht unfroh darüber, ließ Enzenhofer vor seinem Pensionsantritt recht deutlich erkennen: "Nach der sogenannten Bildungsreform, die meiner Meinung nach keine solche ist, sondern eine Verwaltungsreform, kommt jetzt eine Umstellungssituation, die ich so nicht gemacht hätte." Das klingt etwas verklausuliert, weil auf dem parteipolitisch verminten schulpolitischen Gelände geäußert, bedeutet jedoch im Klartext: Für Enzenhofers Geschmack sind ein paar Feuermauern gegen parteipolitischen Einfluss auf die Schule niedergerissen worden. Es geht um die Umwandlung der Landesschulräte bzw. Schulabteilungen der Landesregierungen in Bildungsdirektionen mit Beginn des kommenden Jahres.

Objektivierung am Ende

Konkret heißt das, dass mit der von der vorigen rot-schwarzen Regierung angeschobenen und von der jetzigen türkis-blauen Koalition beschlossenen Schulreform "das sehr strenge System der Objektivierung in Oberösterreich" – mit Assessment-Center und Hearing der Kandidatinnen und Kandidaten – an ein Ende komme: "Das haben wir in Zukunft nicht mehr durch die Reform, die jetzt umgesetzt wird", sagte Enzenhofer. Die Einstellung und Versetzung von Lehrerinnen und Lehrern, die Direktorenbestellung und die Bestellung der Schulaufsicht werde "die Bildungsdirektion dann ohne Gremien und Vorgaben machen".

Weder die Gremien im Landesschulrat noch Objektivierungsvorgaben wird es demnach in Zukunft geben. "Und in Oberösterreich hat es sehr genaue und strenge Vorgaben gegeben", betonte Enzenhofer: "Verantwortlichkeit ist aber nur dann gesichert, wenn man nicht aus Willkür entscheidet", verwies er auf seine eigene, fast 20 Jahre währende Position als Vorsitzender des Christlichen Lehrervereins (CLV): "Als solcher hätte ich es mir auch leichter machen können." Diese Funktion übergab er Ende 2017 an Pflichtschullehrer-Gewerkschaftschef Paul Kimberger.

Für die Zukunft der Besetzungen im Schulwesen empfiehlt er dringend Regeln und Kontrollinstanzen, die die Besetzungsprozesse überprüfen können, so wie bisher die Gremien im Landesschulrat, "die alles anschauen konnten. Ich kann nur dringendst raten, das möglichst transparent zu machen. Das gibt auf Dauer Sicherheit."

Mehr Begabungsförderung

Und wie würde eine Bildungspolitik, die den Namen verdiente, aussehen, wenn er sie machen würde? Nun, Enzenhofer, würde "die Begabungsförderung mindestens so hoch stecken wie das Thema Integration", und zwar nicht durch einzelne Schulen für besonders begabte Kinder, sondern "wir müssen in die Fläche", also landesweit Angebote etablieren.

Ein Thema, das ihn ebenfalls stark umtreibt, ist der drohende Lehrermangel: "Wir werden enormen Lehrerbedarf haben." Derzeit seien 50 Prozent aller Lehrerinnen und Lehrer über 50 Jahre alt: "Es wird notwendig sein, die Richtigen zu begeistern, vor allem auch Männer." Und es brauche mehr Wertschätzung für den Lehrberuf.

Zu den umstrittenen Deutschförderklassen meinte Enzenhofer: "Wir haben die Deutschförderklassen ja, die sind ja da, ob in Traun oder am Brunnenmarkt in Wien. Aber was tue ich dort, wo ich nur drei, vier oder fünf Kinder mit Förderbedarf habe?" Ja, Schule könne nicht alle Probleme lösen, aber, so Enzenhofer: "Es muss ein wesentlicher Bestandteil von Schule sein, dass dort die Möglichkeit besteht, unser Gesellschaftssystem – auch die Sprache – entsprechend zu erfahren und zu erleben. Ich warne daher vor vereinfachten Lösungen wie Deutschklassen. Ich kann einen Siebenjährigen nicht in einen Sprachkurs schicken. Der lernt ganz anders", erklärte der ÖVP-Bildungspolitiker.

Der Schule entgeht keiner

Und was wünscht er sich für die Zukunft der Schulen? "Schule ist mehr als Wissensvermittlung, es geht um Menschenbildung. Wir haben einen enormen Gestaltungsauftrag. Das muss im Zentrum stehen. Die Schule ist die einzige Institution, die alle im Staat erfasst. Der Schule entgeht keiner. Darum sind die Wünsche so groß, aber auch die Verantwortung." Und darum laute sein "Hauptwunsch" an die Politik auch: "Liebe Bildungsverantwortliche, macht's Bildungspolitik, nicht Verwaltungspolitik. Motiviert's mir die Lehrer! Ohne motivierte Lehrer gibt's keine gute Schule."

Und zum Schluss gab Enzenhofer noch augenzwinkernd "eine Warnung" ab: "Ich bleibe in der Bildungspolitik" – als Bundesobmann der Christlichen Lehrerschaft Österreichs (CLÖ), der Dachorganisation der christlichen und katholischen Landeslehrervereine Österreichs. (Lisa Nimmervoll, 29.6.2018)