Über Wohl und Wehe einer Nestroy-Inszenierung entscheiden nicht zuletzt die Zusatzcouplets. Selbst der verstaubtesten Darbietung können aktuelle zeitkritische oder politische Einlassungen jene Würze verleihen, die ihr ansonsten abgeht. Nestroy selbst trickste durch kurzfristig gedichtete Zusatzstrophen die Zensur des Metternich'schen Polizeiapparats aus.

Einen solchen gibt es schon lange nicht mehr. Dennoch hat sich die Tradition gehalten, einem Couplet aktuelle Zusatzstrophen hinzuzufügen. Von Karl Paryla über Josef Meinrad bis hin zum aktuellen Volksopern-Intendanten Robert Meyer zeichneten sich alle bekannten Nestroy-Darsteller durch den möglichst prononcierten Vortrag der oftmals von ihnen selbst geschriebenen Couplets aus. Je pointierter, desto besser. Otto Tausigs anklagende Strophe über den NS-Euthanasiearzt Heinrich Gross ging 1981 in die Theatergeschichte ein.

Die Zusatzstrophen bei den Nestroy-Spielen Schwechat muten dagegen fast harmlos an. Die Farbe Türkis leuchtet darin "manchmal bläulich" und manchmal braun. Der Innenminister "sitzt am hoh'n Ross, umringt von ei'm grölenden Burschenschaftstross". So weit, so der Nestroy-Tradition entsprechend. Empörend an der Causa ist die Reaktion der Schwechater FPÖ-Räte: Die Forderung nach dem Streichen der Strophen offenbart, welchen Kulturbegriff die Mannen haben: einen metternich'schen. (Stephan Hilpold, 2.7.2018)