Montagmorgen, Flughafen Wien: Eigentlich freut man sich, dass es nun endlich in den Urlaub geht. Stattdessen jedoch lange Gesichter – der Ferienflieger ist überbucht. "Aber ich hab doch schon vor Monaten im Internet…" stammelt der Vater ärgerlich. Nach vielen Stunden Wartezeit und eine Maschine später, steht die Familie endlich vor dem Zielflughafen auf den wunderschönen Seychellen. Leider um einige Euros ärmer, denn der Mietwagen war für den Landezeitraum des ersten Fluges reserviert. Durch den späteren Flieger entstanden dem Vermieter Kosten, die er auf die Familie umlegte. Einzelfall? Pech? Mitnichten. Denn so vorteilhaft die Digitalisierung auch bei der Urlaubsbuchung sein kann, sie wartet auch mit einer Reihe von nicht minder gewichtigen Problemen auf.

ARD Mittagsmagazin

Woher kommt die Liebe zur Netzbuchung?

Ganze 5,7 Millionen Österreicher unternahmen im Jahr 2017 eine Urlaubsreise im In- oder Ausland – und 35 Prozent davon wurden im Internet gebucht – Tendenz seit Jahren steigend. Vor zehn Jahren waren es gerade einmal zehn Prozent Onlinebucher. Stellt sich natürlich die Frage, woher diese Liebe zum Trip per Klick, die den klassischen Reisebüros so arg zusetzt, kommt? Es sind tatsächlich eine ganze Reihe von Faktoren:

  • Der Glaube, dass das Angebot im Internet wesentlich größer sei, als das in klassischen Reisebüros.
  • Die Annahme, dass sich durch die Onlinebuchung beziehungsweise die stückweise Buchung statt über einen Pauschalanbieter viel Geld sparen ließe.
  • Der Wunsch, sich in Ruhe und tageszeitflexibel die Angebote von zuhause aus anzusehen.
  • Die Tatsache, dass es im Netz enorm viele Vergleichs- sowie ferner Bewertungsportale gibt.

Stimmt die Rechnung denn?

Natürlich stimmt es vor allem, dass es wesentlich komfortabler ist, sich nach Feierabend den Laptop oder das Tablet auf den Schoß zu legen und in aller Seelenruhe nach Angeboten zu schauen – statt sich nochmals aus dem Haus ins Reisebüro zu begeben. Da krankt die analoge Reisebranche am gleichen Problem wie ihre Brüder vom Handel. Und ebenso ist es so, dass die Angebotsvielfalt im Internet wesentlich dichter ist. Was schon daran liegt, dass die einschlägigen Reiseportale nicht wie ein klassisches Reisebüro mit wenigen Anbietern und Hotels zusammenarbeiten, sondern mit einer Vielzahl.

Doch genau aus dieser Tatsache heraus erwächst auch schon eine der größten Problemstellungen der Onlinebuchung: Die schiere Masse. Schon die Zahl der Reiseanbieter, über die man direkt buchen kann, erst recht, wenn man noch die einzelnen Hotels, Airlines und so weiter hinzurechnet, ist unglaublich. Und es wird kaum besser dadurch, dass es Vergleichsportale gibt. Denn: Auch deren Zahlen wachsen derzeit enorm an: Einzelbuchung? Pauschal? Dynamic Packaging? Selbst wenn man diese Fragen schon beantwortet hat, stellen sich die nächsten: Zeigt einem diese Seite auch wirklich die günstigsten Angebote oder sind es gesponserte Angebote, die nur deshalb weit oben gelistet werden? Und dann will bedacht werden, dass viele Anbieter auch in der Kritik stehen, durch das Vermitteln sogenannter Kombi-Buchungen teils heftige Aufschläge gegenüber Einzelbuchungen einzustreichen – falls sie nicht, wie oft kritisiert, erst auf der letzten Seite vor der Buchung noch ominöse Sondergebühren aufschlagen.

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Unterm Strich also: Es ist eine sehr schwierige Rechnung, bei der man als Laie und selbst Experte oftmals den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht. Tatsächlich hat die Branche sich mit ihrer nicht nur sprichwörtlichen Options-Vielfalt, gepaart mit den teils fragwürdigen Praktiken schon ein gewaltiges Eigentor geschossen: Einige Kunden lassen die Optionen Optionen sein und kehren zum Reisebüro zurück.

Verhaltensregeln helfen bei Onlinebuchungen weiter

Natürlich wäre es nun ein Leichtes, generell zur Online-Abstinenz zu raten. Doch einfache Lösungen führen selten zum Ziel. Wesentlich besser ist es, wenn man sich an einige Grundregeln hält.

  1. Kurzurlaube können in der Regel problemlos bei einem einzelnen Anbieter gebucht werden. Denn: Hier gibt es weniger Eventualitäten, oftmals keine Flüge und vor allem geht es nicht um abertausende, sondern nur hunderte Euros.
  2. Niemals dediziert nach Familienreisen suchen. So manche Anbieter nutzen schon diesen Suchbegriff, um einem nur teurere Angebote anzuzeigen. Besser einfach nur nach "normalen" Reisen suchen.
  3. Dynamisch suchen. Das bedeutet, sich möglichst auf eine Region innerhalb eines Landes festlegen, sich dann einen Katalog etwaiger Hotels suchen und dann direkt über das Hotel buchen, statt über den Veranstalter-Umweg.
  4. Kritisch prüfen bei großen Vergleichsportalen. Diese arbeiten im Hintergrund sehr häufig mit ein und demselben Anbieter zusammen, weshalb sich die Preise nicht oder kaum unterscheiden.
  5. Reisebewertungen vermeintlicher Normalverbraucher nicht blind glauben. Oft handelt es sich um gut gemachte Fakes.
  6. Keine Wunder erwarten. Nur weil man über das Internet bucht, heißt das noch lange nicht, dass man eine Reise zum Bruchteil ihrer Kosten bekommt. Dazu gehört es auch, nicht wegen zweistelliger oder niedriger dreistelliger Beträge von Pontius zu Pilatus zu klicken. Solche Ersparnisse sollte man auch in eine gesunde Relation zueinander setzen.
  7. Argwöhnisch die FAQ-Seite des Buchungsportals durchlesen. Oft genug werden nämlich versteckte Kosten für das Zahlen mit Kreditkarte (oder andere gängige Methoden) erhoben – und das, obwohl vielleicht gar keine andere Zahlungsmöglichkeit angegeben ist.
  8. So früh wie möglich buchen. Je kurzfristiger eine Reise anberaumt ist, desto teurer wird sie – on- wie offline. Tatsächlich sind Last-Minute-Angebote sogar oft ausgesprochene Anti-Schnäppchen.

Zudem gilt, niemals auf irgendwelche "Nur-Jetzt-Aktion"-Banner zu klicken, die das Blaue vom Himmel versprechen. Hält man sich dann noch an die Regel, möglichst direkt auf den Seiten der namhaften Reiseanbieter zu buchen und nicht über irgendwelche Vergleichsportale, klappt es.

Übrigens: auch wenn man online noch morgens um eins buchen könnte, sollte man es lieber tagsüber tun – dann ist nämlich die Veranstalter-Hotline erreichbar und man kann sich vor der endgültigen Buchung alles nochmal bestätigen lassen.

Nichts gibt es umsonst: Blauäugig online buchen ist gefährlich

Den Urlaub online zu buchen, ist fast schon Standard. Allerdings sollte einen das nicht zu kopflosem Verhalten verleiten. Sobald man glaubt, im Reigen der Angebote und Reisetermine den Überblick zu verlieren, sollte man auch hier ganz einfach Digital Detox betreiben – und einfach mal beim nächsten Reisebüro nachfragen, statt zu versuchen, online um Cent-Beträge zu feilschen. (Christian Allner, 18.7.2018)

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