Audience Engagement, also Publikumsbeteiligung, ist in den vergangenen Jahren zum journalistischen Schlagwort geworden. Dadurch erhoffen sich Redaktionen nicht nur mehr Rückmeldung und Reichweite, sondern mitunter auch eine stärkere Einbindung in die Recherche und Gestaltung von Berichten. In den USA hat sich dazu eine Art Reformbewegung gebildet. Journalisten, Technologieanbieter und Fördergeber wollen Redaktionen dabei helfen, nicht nur stärker mit dem Publikum zu interagieren, sondern es auch direkter in die journalistische Arbeit einzubeziehen.

Im Idealfall würden dann Leserinnen und Leser nicht nur nach ihrer Meinung gefragt werden, sondern könnten aktiv die journalistische Arbeit mitgestalten – bei der Recherche mithelfen, zu Interviews mitkommen, Fragen stellen und letztlich auch beim Schreiben und Redigieren Hand anlegen. In einigen Onlinemedien und Radiostationen in den USA wird dies schon regelmäßig praktiziert. In Österreich macht das DER STANDARD im Bereich "User", hier können Leserinnen und Leser zum Beispiel eigene Beiträge veröffentlichen.

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Medien – der Feind des Volkes? Da liegt Trump falsch. Die Bevölkerung kann sich durch Audience Engagement mehr denn je in die Berichterstattung der Medien einbauen.
Foto: REUTERS/Ints Kalnins

Die Hindernisse des User Engagements

Was sich in der Theorie einfach anhört, stellt sich jedoch in der Praxis als kompliziert heraus. In einer aktuellen Studie habe ich Journalistinnen und Journalisten in 15 Redaktionen befragt, was sie bei dieser Einbindung des Publikums in den Arbeitsalltag als die größten Hürden empfinden. Die Antworten zeigen, dass sich drei Arten von Herausforderungen stellen.

Erstens stehen oft technische Barrieren einer stärkeren Einbindung im Wege. Zwar gibt es auf vielen Webseiten verschiedene Möglichkeiten, um mit Journalistinnen und Journalisten in Kontakt zu kommen, aber meist fehlt eine zentrale Einlaufstelle, die sämtliche Fragen, Anregungen und Kommentare bündeln würde.

Zweitens machen es die redaktionellen Arbeitsabläufe mitunter schwierig, Leserinnen und Leser bei der Recherche einzubinden. Termine müssen koordiniert und Fragen abgestimmt werden. Der Zeitaufwand ist nicht nur für Journalistinnen und Journalisten ein höherer. Auch Leute, die an der Mitarbeit interessiert sind, müssen dafür erst einmal die Zeit aufbringen können.

Drittens liegt es oft am Selbstverständnis von Journalistinnen und Journalisten, dass es nicht häufiger zu einer Beteiligung des Publikums kommt. Sie betrachten ihre Arbeit als Dienst am Publikum, weniger als Arbeit mit dem Publikum.

Mehr Beteiligung?

Was meinen Sie, werte Userinnen und User? Hätten Sie gerne die Gelegenheit, aktiv bei der Gestaltung von Berichten mitzuhelfen? Wäre das ein Beitrag zu mehr Transparenz? Würde das Ihr Vertrauen in die Berichterstattung erhöhen? Oder möchten Sie die Arbeit lieber den Profis überlassen? Warum? (Thomas R. Schmidt, 24.7.2018)