Bild nicht mehr verfügbar.

Schon seit Tagen demonstriert die Bewegung "Mani rosse" in Rom gegen Matteo Salvini. An den Händen des Innenministers klebe Blut, sagen sie mit Hinweis auf hunderte Tote im Mittelmeer.

Foto: Reuters / Tony Gentile

Scheinbar mühelos behält Matteo Salvini – obwohl er "nur" Innenminister ist – die Kontrolle über alles, was in der italienischen Regierungspolitik geschieht. Seit seiner Vereidigung Anfang Juni beherrscht er mit seiner Ausländerpolitik täglich die Schlagzeilen.

Nach der Verweigerung der Anlandung von Flüchtlingsschiffen in italienischen Häfen will der streitbare Innenminister und Anführer der rechten Lega nun die staatlichen Finanzleistungen für Flüchtlinge drastisch kürzen – nämlich fast halbieren. Die derzeit 136.000 Asylsuchenden sollen künftig Medienberichten zufolge nur noch rund 20 Euro täglich erhalten – bisher waren es zwischen 30 und maximal 45 Euro. Insgesamt schlagen die aktuellen Belastungen mit rund drei Milliarden Euro zu Buche.

Doch damit nicht genug: Auch den Zugang zu Integrationsleistungen – darunter sind unter anderem Sprachkurse, berufsbildende Maßnahmen sowie psychologische Betreuung zu verstehen – will Salvini auf ein Minimum reduzieren. Sie sollten in erster Linie solchen Menschen vorbehalten sein, die bereits einen positiven Asylbescheid erhalten haben. Motto: "Mehr Kontrollen und weniger Ausgaben."

"Dinge ändern sich"

Im Bereich der Migrationspolitik gebe es nach nicht einmal zwei Monaten Regierungsverantwortung bereits konkrete Ergebnisse, tönte Salvini sichtlich selbstzufrieden: "Endlich beginnen sich Dinge zu ändern." Asylsuchende in Italien müssen oft mehr als zwei Jahre in eigenen Aufnahmezentren auf ihren Bescheid warten.

Mit seiner Ankündigung stellt sich Salvini einmal mehr gegen internationale Interessen und Abmachungen. Erst vor wenigen Wochen hatten sich die Vereinten Nationen – darunter auch Italien – erstmals auf einen "globalen Migrationspakt" geeinigt, der Flüchtlingen und anderen Migranten Zugang zum sozialen Sicherungssystem des jeweiligen Landes gewähren soll. Salvini nützt allerdings für Italien den Umstand, dass man sich nicht darauf einigen konnte, dieses Abkommen verbindlich zu machen.

Die italienische Regierung stellt sich auch explizit gegen die Vorschläge der EU-Kommission zu den sogenannten Ausschiffungsplattformen in Drittstaaten und Kontrollzentren für aus dem Mittelmeer gerettete Flüchtlinge. Die Kosten dafür sollen laut Brüsseler Idee aus dem EU-Budget bestritten werden. Dagegen sprach sich am Mittwoch der italienische Premier Giuseppe Conte aus. "Für Italien war es nie eine Frage des Geldes. Die europäische Solidarität im Umgang mit der Flüchtlingsproblematik hat keinen Preis."

"Keine Almosen"

"Italien braucht keine Almosen", ergänzte Salvini in bekannt markiger Ausdrucksweise, "wir verlangen kein Geld, sondern Würde. Und diese werden wir uns mit den eigenen Händen zurückholen." Jeder Asylsuchende koste Italien im gesamten Zeitraum zwischen 40.000 und 50.000 Euro, so der Lega-Chef. Die 6.000 Euro aus dem Brüsseler Topf, die pro Flüchtling kalkuliert würden, habe Italien nicht nötig, vielmehr solle man der Regierung in Rom helfen, die Ankünfte zu stoppen, um die bereits in Italien Gelandeten endlich "abarbeiten" zu können.

Kritik an der EU-Kommission kam am Mittwoch nicht nur aus Rom, sondern auch von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Sie sieht die Pläne für Ausschiffungsplattformen und Kontrollzentren als Fortsetzung einer schon bisher verfehlten Migrationspolitik. "Die Vorschläge sind eine Blaupause für eine gefährliche Ausweitung der europäischen Politik, die zu unsäglichem Leid und Menschenrechtsverletzungen im Mittelmeerraum führt", erklärte AI-Kampagnenleiter Fotis Filippou. (APA, AFP, gian, 26.7.2018)