Wie ungemütlich kann ein Schnitzelklopfer werden! Zumal für jemanden, der wie eine Wespe nur Millimeter groß ist und zwischen den Hieben des gnadenlosen Holzhammers auf der mehligen Arbeitsfläche auch noch ins Schleudern gerät. Aber: Alles geht gut aus! Für Helden aus dem Marvel-Universum wäre der Tod durch Plattmachen auf dem Tisch einer charakterlosen Küche ein inakzeptables Ende.

Das Schrumpfserum kann auch nach hinten losgehen und aus dem winzigen Insekt einen Zweibeiner machen, der auf die Gäste einer Fähre viel Schatten wirft.

Im jüngsten Film Ant-Man and the Wasp muss artifizielleres Gerät aufgefahren und mit komplexeren Technologien gekämpft werden. Wobei die Reminiszenzen an Altes und Analoges dem Ganzen einen bestechenden Retro-Charme verleihen: Die Flugkapsel, mit der Mutter Janet (Michelle Pfeiffer) aus dem Quantum-Reich befreit werden soll, erinnert wegen ihrer dicken Fenstergläser und klobigen Schrauben an ein Produkt von der Krankenkassa.

Mit Ant-Man and the Wasp präsentiert Marvel in diesem Jahr bereits den dritten Blockbuster – nach Avengers: Infinity War und Black Panther. Das US-amerikanische Studio arbeitet schwer daran, Heldenbilder differenzierter zu zeichnen. Das ist auch notwendig, die Beschaffenheit derselben kennt grundsätzlich wenig Variation. Sie sind meist männlich, meist weiß, meist muskulös und mächtig. Eine Ameise ist in diesem Kontext definitiv ein Statement – auch wenn dahinter wieder der gut trainierte weiße Mann zum Vorschein kommt. Neuerdings in Begleitung einer Frau, die im Wespenoutfit zum mindestens ebenbürtigen Pendant wird: Das Zusammenwirken der beiden sorgt für resche Dialoge.

Neu ist auch: Das Schrumpfserum kann nach hinten losgehen und aus dem kleinen Insekt ein ziemlich großes machen, dessen Fortbewegung zerstörerisch wirkt. Es ist also erneut das Spiel mit Größenverhältnissen, das fasziniert und das der Fantasie jenen Raum erschließt, in dem etwas Kleines ganz groß werden und sich so an einem Widersacher rächen kann.

Leichtigkeit

Noch immer geht es darum, die Schrumpftechnologie nicht in die Hände der Waffenindustrie gelangen zu lassen. Deren Herren machen hier aber ohnehin einen debilen Eindruck: ein Humor, der von Anfang an ganz auf Happy End und Leichtigkeit setzt (Regie: Payton Reed). Die Verbesserung der Welt ist kein nennenswertes Thema, dafür aber die Verbesserung der eigenen Familienlage: Mit der Rückholung von Mutter Janet aus dem Quantum soll das Kleinfamiliengefüge wiederhergestellt werden. Eine banale, aber durchgehend spannend erzählte Aktion mit vielen Nebensträngen und Hürden in bewährter Besetzung: Michael Douglas, Paul Rudd, Laurence Fishburne und Evangeline Lilly als Wespe.

Trailer zu "Ant-Man and the Wasp".
Marvel Entertainment

Spürbar wird in Ant-Man and the Wasp auch die wachsende Lust Amerikas an der Selbstveräppelung: Viele Heldenmanöver enden im Desaster. Es nützt beispielsweise der tollste und mutigste Held nichts, wenn ihm eine hungrige Möwe die lebende Flughilfe wegfrisst. Oder man bekräftigt bereitwillig und vielsagenden Blicks den Ruf eines Volkes von Kulturbanausen (wer oder was ist die Hexe Baba Jaga?). Besonders erinnerungswürdig erscheint die mutmaßliche Abkürzung von FBI: "Forever Bothering Individuals". Der US-amerikanische Geheimdienst hat tatsächlich schon effizienter gearbeitet.

Von solchen stets mehrheitsfähigen und ganz der Unterhaltung dienenden Akzenten ist der sonst gänzlich unpolitische Actionfilm notwendigerweise durchsetzt. Die charmantesten Sequenzen liefert gewiss das Groß-Klein-Switchen bei Verfolgungsjagden im Straßenverkehr. Dass sich darin der verkappte Unmut über die riesigen SUV-Fahrzeuge in Städten äußert, ist unwahrscheinlich. Marvel hat seinen Sitz im kalifornischen Burbank. Große Autos sind dort ein Muss. (Margarete Affenzeller, 26.7.2018)