Der Sommer ist da – und das mit voller Kraft. Voraussichtlich wird er uns auch noch ein bisserl erhalten bleiben.

Die Hitze ist aber kein Grund, keinen Sport zu betreiben, erklärt Robert Fritz von der Wiener Sportordination. Allerdings sollte man das Training an Wetter und Außenbedingungen anpassen. Also Intensität und Dauer eher herunterfahren – und versuchen, nicht in der prallen Sonne und eher am frühen Morgen oder dem späten Abend zu trainieren.

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Das klingt vielleicht nach Binsenweisheiten, wird von Expertinnen und Experten aber nicht von ungefähr alle Jahre wieder mantraartig wiederholt.

Im Gespräch mit dem STANDARD erklärt der Mediziner dann aber auch gleich ein paar grundsätzliche Dinge rund ums Laufen bei Hitze, die vermutlich nicht ganz so selbstverständlich oder klar sind. Oder wussten Sie, dass Ihr Körper ohne Schwitzen beim Laufen um bis zu 15 Grad heißer werden würde – und zwar pro Stunde?

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Was passiert, wenn der Körper bei Hitze läuft – also "arbeitet"?

Bei körperlicher Aktivität steigt die Körpertemperatur, und wir beginnen zu schwitzen. Der Grund dafür liegt in der energetisch ungünstigen Energiegewinnung des Körpers aus Nährstoffen. Knapp ein Viertel der chemischen Energie wird in mechanische Energie umgewandelt – aus den restlichen 75 bis 80 Prozent wird Wärme. Pro Stunde moderaten Joggens werden circa 700 bis 900 kcal Energie verbraucht. Das hängt natürlich von Körpergewicht, Tempo und Trainingszustand ab. Der Großteil davon – circa 500 bis 700 kcal – rein als Wärme. Würde diese überschüssige Wärme nicht durch das ausgeklügelte Kühlungssystem Schwitzen abgeführt, würde sich ein 70 Kilo schwerer menschlicher Körper pro Stunde Joggen um 10 bis 15 Grad Celsius erwärmen.

Und Schwitzen verhindert das?

Ja, denn bei der Verdunstung von einem Liter Wasser werden dem Körper etwa 500 bis 600 kcal an Energie (= Wärme) entzogen. Es müssen also rund einer bis eineinhalb Liter Schweiß von der Körperoberfläche verdunsten, um dem Körper jene Menge an Energie zu entziehen, die bei einer Stunde moderaten Joggens entsteht. So lässt sich auch der Flüssigkeitsverbrauch beim Sport in etwa erklären. Der Bedarf an Flüssigkeit kann trotzdem von Sportler zu Sportler völlig unterschiedlich sein – dazu später mehr.

Wird der Flüssigkeitsverlust durch den Schweißverlust nicht entsprechend ausgeglichen, kommt es bereits bei einem Defizit von nur zwei bis drei Prozent zu einem Leistungsabfall von bis zu 20 Prozent: Die Unterversorgung an Körperwasser führt zu einer eingeschränkten Durchblutung aller Organsysteme und somit zu einer eingeschränkten Sauerstoffversorgung der Muskulatur.

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Ist Schwitzen jetzt also gut oder schlecht?

Wir schwitzen, um unseren Körper durch die Verdunstung von Schweiß abzukühlen. Viel und leicht zu schwitzen ist keinesfalls ein Zeichen eines schlechten Trainingszustandes. Schwitzen ist lebensnotwendig, um unseren Körper vor einer drohenden Überhitzung zu schützen. Die Menge des Schweißverlustes ist aber nicht nur von "inneren Parametern" wie der Wärmeproduktion und der Belastungsintensität abhängig, sondern wird ganz stark von äußeren Faktoren wie Außentemperatur, Luftfeuchtigkeit und Wind beeinflusst. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr beim Sport ist speziell im Hochsommer extrem wichtig.

Was genau ändert der Sommer an diesen Abläufen?

Der menschliche Körper versucht bei Temperaturschwankungen, ob nach oben oder unten, immer gegenzuregeln und eine konstante Körperkerntemperatur von 37 Grad Celsius aufrechtzuerhalten, um das korrekte Funktionieren der Organsysteme zu gewährleisten. Damit das "Innere" also nicht überhitzt, versucht der Organismus die bei körperlicher Tätigkeit entstehende Wärme nach außen zu transportieren. Die Durchblutung der an der Peripherie liegenden Gefäße (Hautdurchblutung) wird durch eine Erweiterung der kleinsten Blutgefäße (Arteriolen) erhöht. Damit verbunden muss das Herzkreislaufsystem eine entsprechende Mehrarbeit leisten, und die Herzfrequenz steigt.

Je höher die Temperatur und vor allem die Luftfeuchtigkeit, desto mehr muss das Herz an Arbeit leisten. Daher ist es sehr wichtig, gerade im Sommer ein herzfrequenzgesteuertes Training durchzuführen, um keine Überlastungen zu riskieren. Durch die Herzfrequenzmessung bekommt man ein direktes Feedback des Körpers zu der entstandenen Mehrbelastung durch die erhöhte Außentemperatur und kann entsprechend darauf reagieren. Eine höhere Herzfrequenz ist immer ein Hinweis auf eine Mehrbelastung. Diese Mehrbelastung sollte besonders im Hobbysport stets berücksichtigt werden.

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Wie funktioniert Schwitzen eigentlich?

Durch eine vermehrte Schweißproduktion entsteht ein Flüssigkeitsfilm auf der Hautoberfläche, der durch Verdunstung und der damit verbundenen Verdunstungskälte zu einer Abkühlung der Haut und des knapp darunter fließenden Blutes führt. Das "abgekühlte" Blut wird wieder Richtung Zentrum Herz transportiert und dann durch alle Organe gepumpt, um diese mit Sauerstoff und Energieträgern zu versorgen. Nach etwa einer Woche Training bei warmen Außentemperaturen hat sich das Körpersystem optimal an neue Bedingungen angepasst. Dies sollte beim Training oder bei Wettkämpfen im Ausland immer beachtet werden: Je regelmäßiger man schwitzt, desto besser funktioniert dieses Kühlsystem und desto rascher beginnt man auch zu schwitzen.

Warum schwitzen die einen mehr, die anderen weniger?

Wie viel Schweiß fließt, ist einerseits von der genetischen Veranlagung und damit von der Anzahl der Schweißdrüsen abhängig, andererseits aber auch von einem gewissen Gewöhnungseffekt. Bei einer Schweißbildungsrate von 0,5 Liter pro Stunde ist der Schweiß auf der Haut nicht sichtbar, und die Haut wirkt trocken. Ein feuchter Überzug hat die effektivste Kühlleistung und bedeutet etwa 1 Liter pro Stunde. Sportlerinnen und Sportler, bei denen der Schweiß von der Haut tropft beziehungsweise regelrecht rinnt, haben eine deutlich höhere Bildungsrate – damit verbunden aber auch eine schlechtere Kühlleistung. Durch die hohe Schweißmenge kann der Schweiß nicht mehr verdunsten, und die Kühlleistung sinkt signifikant. Solche Sportlerinnen und Sportler leiden unter warmen Außentemperaturen oft genauso wie diejenigen, die kaum schwitzen und bei Sport in der Hitze mit einer sehr trockenen, jedoch deutlich überwärmten und geröteten Haut reagieren.

Wie erkenne ich, ob mein Körper ausreichend mit Flüssigkeit versorgt ist?

Achten Sie auf die Farbe Ihres Urins. Ist er dunkelgelb, ist dies ein Zeichen für eine Dehydrierung, und Sie sollten die Flüssigkeitszufuhr erhöhen. Hellgelb bis farblos: Ihr Körper dürfte in der Regel ausreichend mit Flüssigkeit versorgt sein. Freilich kann die Farbe des Harns auch durch Medikamenteneinnahme oder die Ernährung oder Nahrungsergänzungsmittelzufuhr verfälscht werden. B-Vitamine sorgen beispielsweise für deutlich dunkelgelb gefärbten Urin – auch bei ausreichendem Hydrierungszustand. Zusätzlich sind die Schleimhäute, speziell im Mundbereich, gute Indikatoren: Umgangssprachlich wird bei hohem Durstgefühl auch von einem "trockenen Mund" gesprochen.

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Wenn wir schon dabei sind: Wie nimmt der Körper Wasser eigentlich auf?

Die Flüssigkeitsaufnahme erfolgt im menschlichen Körper primär in Dünndarm (65 Prozent) und Dickdarm (35 Prozent). Die Aufnahme von reinem Wasser unterliegt dabei einem passiven Aufnahmeprozess: Der Körper hat im Dünndarm keine eigenen Kanäle oder Transportmöglichkeiten für die Aufnahme von Wasser, die Flüssigkeitsaufnahme erfolgt passiv durch das physikalische Prinzip der Osmose und ist sehr langsam und ineffizient. Durch eine Beimischung von Kohlenhydraten und Mineralstoffen (Natrium in Form von Kochsalz!) in ein Sportgetränk kann die Aufnahmefähigkeit deutlich gesteigert werden. Es hat sich in zahlreichen Studien bestätigt, dass die richtige Zusammensetzung eines Sportgetränks mit Elektrolyten und Kohlenhydraten von entscheidender Bedeutung für die optimale Flüssigkeitsaufnahme vor, während und nach dem Sport ist.

Und wie viel sollten Läuferinnen und Läufer trinken?

Als Mindestmenge ohne Sport sollten täglich 1,5 Liter Flüssigkeit zugeführt werden und bei besonders warmen Temperaturen, erhöhter Luftfeuchtigkeit oder körperlicher Aktivität noch mehr. Pro Stunde Sport kann der Flüssigkeitsverlust bis zu zwei Liter betragen. Bei längeren Trainingsläufen oder längerer Wettkampfbelastung ohne Verpflegungsmöglichkeit unterwegs haben sich sogenannte Trinksysteme etabliert. Ob als Trinkgurt an der Hüfte getragen oder als Trinkrucksack am Rücken, ist vom subjektiven Empfinden abhängig. Diese Systeme sind mittlerweile extrem leicht und stören auch bei längeren Läufen (Ultraläufe, Trailläufe) kaum.

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Reicht es da, einfach zu trinken, oder sollen es spezielle Sportgetränke sein. Und wenn ja: Was können die eigentlich?

Prinzipiell kann bei Sportgetränken zwischen hypertonen (mehr gelöste Teilchen als im Körpersystem üblich), isotonen (gleiche Teilchendichte) und hypotonen (weniger gelöste Stoffe) Getränken unterschieden werden.

Hypertone Getränke (also unverdünnte Fruchtsäfte, Limonaden, hochkonzentrierte Sportgetränke) eignen sich bei hohen Temperaturen nicht zum Ausgleich eines Flüssigkeitsdefizits. Sie enthalten reichlich Energie in Form von Kohlenhydraten (zumeist einfache Glucose), entziehen aber dem Körper mehr Flüssigkeit, als sie ihm bringen.

Isotone Getränke (die meisten Sportgetränke sind isoton – beachten Sie die Zusammensetzung auf den Etiketten) eignen sich sehr gut als Flüssigkeitsersatz. Sie erfüllen sowohl den Flüssigkeitsbedarf als auch den Bedarf an Elektrolyten. Isotone Getränke werden um das Drei- bis Vierfache schneller und besser aufgenommen als reines Wasser.

Hypotone Getränke (stark verdünnte Fruchtsäfte oder niedrig konzentrierte Sportgetränke) eignen sich besonders, um Flüssigkeitsdefizit auszugleichen, enthalten jedoch für hochintensive Belastungen einen oft zu geringen Energieanteil (Kohlenhydratanteil).

Bei welcher Belastungsintensität ist welches Sportgetränk sinnvoll?

Bei niedrigintensiven Trainingseinheiten im Grundlagenausdauerbereich reicht eine Versorgung mit Wasser ohne Kohlenhydratbeimengung völlig aus. Man benötigt bei lockeren Trainingseinheiten keine kohlenhydrathaltigen Getränke. Auch keine Gels oder Riegel. Diese hebt man sich für die intensiven Trainingseinheiten und für den Wettkampf auf, wo der Körper optimal mit Energie versorgt werden soll.

Die meisten sogenannten Elektrolytgetränke oder Sportgetränke enthalten zusätzlich reichlich Energie in Form von Kohlenhydraten und damit eine beachtliche Menge an Kalorien. Man nimmt damit nicht nur unnötige Kalorien zu sich, sondern reduziert damit sogar die Trainingswirkung: Der Körper soll bei niedrigintensiven Grundlageneinheiten "lernen", ohne Kohlenhydrate auszukommen!

Bei solchen Einheiten ist das vorrangige Ziel, den Fettstoffwechsel des Muskels zu trainieren, das heißt ihrem Körper beizubringen, Fettsäuren anstelle von Kohlenhydraten aerob zur Energiegewinnung zu nutzen. Wird der Körper bei solchen Trainingseinheiten aber mit Kohlenhydraten überversorgt, wird er sie nutzen – und nicht auf die Fettspeicher zurückgreifen.

Für lockere Dauerläufe oder Long Jogs empfehle ich daher reines Wasser. Bei großem Schweißverlust sollte man circa 400 bis 500 mg Natrium pro Liter Getränk beimengen (entspricht 1g NaCl, etwa 1 Messerspitze Kochsalz auf einen Liter Wasser). Diese Menge wird man geschmacklich kaum spüren – sonst wurde die Dosis zu hoch gewählt. Nur mithilfe des Natriums kann Wasser ins Blut gelangen.

Und getrunken wird, wenn der Mund trocken ist, oder?

Das wäre ganz falsch! Man beginnt am besten vor dem Sport und trinkt regelmäßig alle 20 bis 25 Minuten 250 ml bei Belastungen über einer Stunde. Bei kürzeren Trainingseinheiten reicht es, davor und danach zu trinken.

Bei Wettkämpfen beziehungsweise intensiven Trainingseinheiten (also etwa Intervallen oder intensiven Dauerläufen) empfehle ich, zusätzlich 60 bis 80 Gramm Kohlenhydrate pro Liter Getränk beizugeben. Verwenden sollte man einen hochwertigen Kohlenhydratmix mit Maltodextrin. Maltodextrin ist eine Kohlenhydratmischung aus Maltose und Dextrose und wird vom Körper sehr gut aufgenommen und vertragen. Eine sechs- bis achtprozentige Kohlenhydratlösung gewährleistet eine optimale Energie- und Flüssigkeitsversorgung.

Hat die Sportkleidung einen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit?

Gerade bei sehr hohen Außentemperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit ist das Tragen von Funktionsmaterialen zu empfehlen. Der Schweiß wird damit rasch vom Körper weg in die Funktionsfasern der Sportkleidung transportiert und ermöglichst damit besonders Sportlerinnen und Sportlern, die eine vermehrte Schweißproduktion haben, eine effektive Kühlung.

Was gibt es beim Laufen im Hochsommer sportmedizinisch noch zu beachten?

Kopfschmerzen können ein Zeichen für eine zu geringe Flüssigkeitszufuhr sein oder auch mit dem Blutdruck zusammenhängen: Kopfschmerzen beim Sport sollten unbedingt mit Sportärztin oder Sportarzt abgeklärt werden. Gerade im Sommer unbedingt darauf achten, ausreichend zu trinken. Um den Flüssigkeitsverlust abschätzen zu können, wiegt man sich vor und nach dem Laufen – ohne Kleidung: Die Gewichtsdifferenz entspricht in etwa dem Flüssigkeitsverlust. Diesen Verlust sollte man in den nächsten Stunden unbedingt wieder auffüllen.

Bei extremer Hitze alternativ trainieren: wie Fahrradfahren oder Schwimmen.
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Fassen wir noch einmal zusammen:

Gibt es so etwas wie die 10 Gebote für das Laufen bei Hitze?

1. Achten Sie auf ausreichend Flüssigkeitszufuhr – wiegen Sie sich vor und nach dem Training, dann können sie den Flüssigkeitsverlust bestimmen.

2. Achten Sie auf eine ausreichende Versorgung mit Elektrolyten und Mineralstoffen.

3. Tragen Sie Funktionsmaterialien beim Sport – sie unterstützen Ihren Körper bei der Kühlung und verbessern Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden.

4. Tragen Sie eine Kopfbedeckung, und schützen Sie sich vor direkter Sonneneinstrahlung.

5. Trainieren Sie möglichst sehr früh oder spät am Abend – zu diesen Tageszeiten ist die Sonneneinstrahlung am geringsten.

6. Verwenden Sie einen für den Sport geeigneten Sonnenschutz, der nicht zu stark fettet und angenehm zu verwenden ist.

7. Bei extremer Hitze trainieren Sie mit alternativen Trainingsmitteln wie mit dem Fahrrad oder schwimmen.

8. Im Hochsommer kann Training in den Bergen für kühle Abwechslung sorgen. (Bergtouren, Wandern, MTB, Trailrunning)

9. Nutzen Sie herzfrequenzgesteuertes Training – Sie steigern Ihr Wohlbefinden, optimieren ihre Leistungsentwicklung und schützen sich vor Überlastungen.

10. Nehmen Sie bei Wettkämpfen bei extremen Temperaturen Rücksicht auf Ihren Körper, und passen Sie Ihr Tempo entsprechend an.

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Das Nichtthema: Laufen ohne Leiberl