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Tausende versammelten sich im August 2017 in Berkley, USA, um gegen Hate-Speech zu demonstrieren.

Foto: AP/Josh Edelson

Was passiert, wenn ein Mann oder eine Frau online Dampf ablässt? Eine deutsche Studie untersuchte, ob wir Hasskommentare genderspezifisch bewerten. Die Beurteilung von Beleidigungen und Verhetzung basiere in den meisten Fällen nicht auf rationalen moralischen Entscheidungen. Die Ergebnisse der Untersuchung deuten aber darauf hin, dass die Bewertung von Hate-Speech nicht unwesentlich vom Geschlecht der VerfasserInnen beeinflusst wird.

Die Untersuchung

In ihrer Experimentalstudie baten Claudia Wilhelm und Sven Joeckel von der Universität Erfurt 457 TeilnehmerInnen, Kommentare in einem Onlineforum als Hate-Speech einzustufen und hinsichtlich ihres Schweregrades zu bewerten. Die hasserfüllten Inhalte richteten sich gegen Frauen und sexuelle Minderheiten und wurden entweder als von einer Frau oder einem Mann verfasst dargestellt.

Die StudienautorInnen untersuchten, wie sich der Faktor Geschlecht der KommentatorInnen dabei auf die Einschätzung der Aussagen auswirkt.

Das Ergebnis

Tatsächlich ließen sich genderspezifische Unterschiede bei der Bewertung ausmachen. Das zentrale Ergebnis der Untersuchung: Hassreden von Frauen werden generell stärker verurteilt und als gravierender wahrgenommen als vergleichbare Äußerungen von Männern.

Wilhelm und Joeckel kamen außerdem zu dem Ergebnis, dass Frauen allgemein stärker auf Gerechtigkeit bedacht sind als Männer. Konkret hieße das, Frauen gingen bei der Bewertung der Kommentare überlegter vor. Aufgrund ihrer Tendenz zur Schadensvermeidung wären sie dabei aber auch strenger und eher dazu bereit, unangebrachte Inhalte zu melden, als Männer.

Von Frau zu Frau

Darüber hinaus werden Hasskommentare von Frauen, die sich gegen Frauen richten – wie es in der vorliegenden Studie mitunter der Fall ist –, quasi als doppeltes Vergehen angesehen. Sie würden sich nicht bloß beleidigend äußern, sondern sich damit auch noch unsolidarisch verhalten. Deshalb wurden Hassrednerinnen auch strenger bewertet als Männer, die Feindseligkeiten gegen Frauen äußerten.

Joeckel betont in diesem Zusammenhang die Verantwortung von ForenmoderatorInnen. Der Studienautor weist darauf hin, dass UserInnen Hasskommentare von Frauen strikter beurteilen als jene von Männern – dies sollte bei der Moderation berücksichtigt werden. Zudem sei zu beachten, dass Genderstereotype Diskussionen im Internet stark beeinflussen. (Roxane Seckauer, 11.8.2018)