Wandern im Heimatland hinterlässt viele Fußabdrücke, aber kaum einen ökologischen.

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Das hätte selbst die Vorstellungskraft eines Thomas Cook gesprengt. Zur Lebenszeit des Erfinders der Pauschalreise im England des 19. Jahrhunderts sahen die Menschen schon den Tag nahen, an dem London im Pferdemist erstickt. Smog und Luftverschmutzung, die uns heute plagen, war noch lange kein Thema.

Eine umfassende Untersuchung über den Einfluss der Urlaubsindustrie auf den Ausstoß klimaschädlicher Gase ist erst kürzlich vorgelegt worden. Anfang Mai hat ein Forscherteam der Universität Sydney Zahlen vorgelegt, die auch klimaschädliche Auswirkungen des Einzelhandels sowie von Speisen und Getränken beinhalten, die mit Urlaub und Reisen in Zusammenhang stehen. Der Anteil des Tourismus an den von Menschen verursachten Treibhausgasemissionen beträgt demnach acht Prozent.

Mit Blick über den Weissensee: Ein Paar, das 600 km zum einwöchigen Wanderurlaub auf eine Berghütte in Österreich fährt, fungiert als Referenzmodell des Umweltministeriums auf: www.mein-fussabdruck.at (mehr dazu unten)
Weissensee Information / tinefo / Martin Steinthaler

Mit zunehmendem Wohlstand erhöhe sich der CO2-Ausstoß sogar überproportional: Bei einem Bruttoinlandsprodukt von mehr als 40.000 Dollar pro Kopf (34.600 Euro) führe ein Anstieg des Wohlstands um zehn Prozent zu einem bis zu 13 Prozent größeren CO2-Abdruck durch Reisen.

In einem weltweiten Ranking der Treibhausgasverursacher liegen Touristen aus Deutschland hinter jenen aus USA und China auf Platz drei. Allein deutsche Reisende verursachten knapp 330 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente.

Verhalten im Urlaub entscheidend

Österreich wurde zwar nicht gesondert analysiert. Berücksichtigt man das Größenverhältnis zu Deutschland (eins zu zehn), käme man bei ähnlichem Urlaubsverhalten auf knapp 33 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente, die heimische Touristen durch ihr Urlaubsverhalten verantworten – in Summe. Im Einzelfall divergieren die Ergebnisse mitunter gewaltig. "Ich bin derzeit auf einem Bauernhof, hole mir die Eier aus dem Stall, Milch und Butter stammen von der Kuh, die der Bauer vorher gemolken hat. Da ist null CO2", sagte Christian Baumgartner dem STANDARD. "Wenn ich im Fünfsternehotel einchecke, Luxus genieße, vielleicht mehr Seafood oder exotische Früchte esse, ist der CO2-Fußabdruck entsprechend größer."

Badeurlaub mit dem Auto: Ein Paar macht Urlaub im Mittelklassehotel in Kroatien; Anreise mit dem Auto, vor Ort einige Ausfahrten. Der ökologische Fußabdruck beträgt rund das Fünffache des Wanderurlaubs (siehe oben).
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Baumgartner hat Response & Ability gegründet, eine global vernetzte Wissensdrehscheibe in Sachen Nachhaltigkeit. Der studierte Landschaftsökologe hat zudem zahlreiche Entwicklungsprojekte in Europa und Südostasien begleitet und war Mitglied einer Beratungsgruppe für nachhaltigen Tourismus der EU-Kommission. Wer angesichts des Klimawandels ruhigen Gewissens Urlaub machen wolle, könne das tun, müsse aber ein paar Dinge berücksichtigen.

Da auf An- und Abreise der größte Anteil der CO2-Emissionen entfalle, sei bei Urlaubsreisen weniger besser als mehr. Statt kürzer und öfter sollte, wer könne, Urlaube zusammenlegen und nur alle Jahre eine ausgedehntere Reise unternehmen. "Der Erholungswert ist ungleich größer als bei einem Kurztrip und der Fußabdruck halbiert sich, wenn ich statt zwei nur eine Reise mache," sagt Baumgartner.

Wenn fliegen, dann kompensieren

Geht es gar nicht ohne Flug, sollte man die Menge an CO2, die emittiert wird, zumindest kompensieren. Anbieter wie Atmosfair in Deutschland oder Myclimate in der Schweiz stehen dafür ein, dass das Extrageld in sinnvolle, zusätzliche Umweltprojekte fließen solle. Der Anteil derjenigen, die das tun, bewege sich unter fünf Prozent.

Kreuzfahrt: Ein Paar macht eine einwöchige Kreuzfahrt im Mittelmeer und reist mit dem Flugzeug nach Genua an. Der ökologische Fußabdruck beträgt das 8,5-Fache des Wanderurlaubs.
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Den Löwenanteil machten dabei Geschäftsreisende aus, wo Kompensation zur Firmenpolitik gehöre. Kreuzfahrten sollten vermieden werden, rät Baumgartner. Trotz Bemühungen einzelner Reedereien, die Schiffe sauberer zu machen, kreuzten noch immer sehr viele mit Diesel oder Schweröl betriebene Kolosse auf den Weltmeeren.

Bei Inlandsurlauben sollte man auf das Auto verzichten und auf Bus oder Bahn ausweichen. Die hätten eine deutlich bessere Umweltbilanz als der Pkw. Durch die Wahl regionaler, saisonaler Produkte ließe sich der CO2-Abdruck ebenfalls klein halten.

Flugfernreise: Ein paar macht eine einwöchige Kulturreise nach Thailand, ist mit dem Reisebus unterwegs und schläft im Ökohotel. Der ökologische Fußabdruck beträgt das 16-Fache des Wanderurlaubs
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Die Umweltorganisation WWF fordert einmal mehr das Aus für klimaschädliche Subventionen, die sich nach Berechnungen des Wirtschaftsforschungsinstituts allein im Flugverkehr in Österreich auf eine halbe Milliarde Euro pro Jahr belaufen. "Fliegen ist zu billig", sagte WWF-Klimaexperte Karl Schellmann. "Die Bahn kann bei mittleren Distanzen oft nicht mithalten."

Falsche Anreize würden letztlich auch den Urlaubern auf den Kopf fallen. Der Tourismus sei wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig auf eine intakte Natur und Umwelt angewiesen, Reisende seien mithin Verursacher und Geschädigte in einem. (Günther Strobl, 8.8.2018)