Bekämpfte schon in den 1970er-Jahren rechtes Gedankengut: Wolfgang Ambros.

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Was Rainhard Fendrich 2016 in einem STANDARD-Interview sagte, mutet im Rückblick prophetisch an: "Mir fällt auf, dass viele sich per Posting mehr trauen. Das geht oft ins Tourette, da wird kein Stil mehr gewahrt. Menschen kotzen in der Anonymität ihre ganze Niedertracht. Das verunsichert mich. Das gab's zwar immer, aber jetzt haben sie eine Plattform. (...) Die Angstmache, die in Österreich betrieben wird, finde ich vollkommen unbegründet. Die einzige Angst, die ich habe, ist, dass dieses Land in Europa wieder so dasteht wie unter der blau-schwarzen Regierung." Beide Befürchtungen hat mittlerweile Fendrichs Kollege Wolfgang Ambros zu spüren bekommen.

Die Vorgeschichte: Am Montag hatte sich die Austropop-Legende in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" klar gegen die türkis-blaue Regierung positioniert. In der FPÖ ortet der 66-Jährige "viele braune Haufen", was etwa die Liederbuch-Affäre um antisemitische Texte in der Burschenschaft Germania zuletzt gezeigt habe. Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) glaube er "kein Wort", und auch an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ließ Ambros kein gutes Haar: Dieser lasse "skandalöse Aussagen der FPÖ unkommentiert" und schweige, "wenn es unangenehm wird".

Kritik von "Systemgünstlingen"

Mit Strache habe Kurz "den Mann fürs Grobe. Dem und seiner rechtsradikalen Truppe lässt Kurz einfach alles durchgehen. Von einem Kanzler erwarte ich, dass er auf den Tisch haut, wenn der Koalitionspartner sich danebenbenimmt." Und weiter: "Weil die Regierung die ganze Zeit nur über Ausländer redet, fällt vielen Österreichern gar nicht auf, wohin die Reise geht. Die Pläne dieser Regierung bekommen nicht nur die Flüchtlinge zu spüren, sondern bald auch ärmere Österreicher."

Die gesalzene Kritik des Liedermachers sorgte für Verstimmung bei FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker. Dieser ging zum Gegenangriff über und bezog dabei auch den an sich unbeteiligten Rainhard Fendrich mit ein: Beide seien "abgehalfterte Musiker", die in der Kritik an der Regierung "wetteifern". "Ich habe früher beide gerne gehört, aber jetzt werden mir beide zunehmend unsympathischer", sagte der FPÖ-Generalsekretär. Auf fachlicher Ebene könne man über alles reden, sowohl Fendrich als auch Ambros würden sich aber nur in "Schimpftiraden" üben. Kritik von Künstlern, so Hafenecker, stamme "einzig vonseiten diverser 'Systemgünstlinge', die wohl im fortgeschrittenen Alter um ihre Altersvorsorge in Form von Aufträgen bangen müssen, denn der Lebenswandel in den 70er- und 80er-Jahren dürfte nicht viel übergelassen haben".

Kein gemeinsames Gulasch

Während sich im Internet mittlerweile eine Postinglawine aus Beschimpfungen, aber auch Solidarität mit Ambros entlud, legte Hafenecker noch einmal nach. Er lud Ambros dazu ein, die Sache bei "Gulasch und einem Seidel Bier" zu klären. "Ob sich Rainhard Fendrich mit einem deftigen Wirtshausbesuch begnügen würde, ist allerdings nicht gewiss, seine Vorlieben sollen ja mannigfaltig sein ...", ätzte der Politiker, der sich gleichzeitig wünschte, "dass wir wieder auf ein sachliches Niveau kommen."

Am Mittwochabend richtete sich Ambros' Manager in einem Statement an FPÖ-Chef Strache: Ambros habe in den letzten 47 Jahren keine einzige staatliche Subvention bezogen, er spiele "jährlich circa fünfzig bis achtzig Shows, und diese sind erfreulicherweise zum allergrößten Teil ausverkauft. Herr Ambros versteuert seine Einkünfte in Österreich – und finanziert damit gezwungenermaßen unter anderem Leute wie Sie und Ihresgleichen. Seit Jahrzehnten. So viel zu 'abgehalftert' und Unterstellungen wie 'Staatskünstler'", so der Manager.

Als warnendes Beispiel vor geschürtem Hass im Internet gab dieser auch einen Einblick in Zuschriften, die Ambros erreicht hätten: Darin wird der Musiker unter anderem als "Heimatverräter" bezeichnet, dem man den baldigen Tod wünscht ("Verrecken sollst du elendig!"). Die FPÖ-Einladung zu Bier und Gulasch lehnte Ambros dementsprechend ab. Die Hasspostings habe man an die Meldestelle des Innenministeriums weitergeleitet und hoffe darauf, "dass in einem demokratischen Rechtsstaat diesbezüglich adäquat reagiert wird".

Boykottaufrufe und Solidarität

Im Internet forderten FPÖ-Unterstützer, Ambros zu boykottieren und seine alten CDs wegzuwerfen. Menschen, die den Austropopper in seiner Haltung bestärken, riefen hingegen dazu auf, Ambros' Alben massenhaft neu zu kaufen, um ihn so zurück in die Charts zu bringen. In den österreichischen iTunes-Charts ist das mit "Skifoan" am heißesten Nachmittag des Jahres bereits gelungen.

Unterstützung bekam Ambros nicht nur von Fans, sondern auch aus der Kollegenschaft. Der Schauspieler und Kabarettist Erwin Steinhauer erklärte sich auf Twitter solidarisch und bekannte: "Ich bin abgehalftert, aber bei Sinnen!"

Der Liedermacher Ernst Molden ließ dem STANDARD folgendes Statement zukommen: "Wolfgang Ambros hat im 'SZ'-Interview genau das gesagt, wofür er mit seinen Liedern seit fast einem halben Jahrhundert steht. Wenn das jetzt dazu führt, dass sich Menschen zwischen diesen Liedern und einer – tatsächlich unzählige Male braun auffällig gewordenen – Partei entscheiden müssen, dann mache ich mir um den Wolfgang keine Sorgen. Ein paar Nazis könnten sich nach dieser Geschichte schon einsamer fühlen, das wohl." (Stefan Weiss, 9.8.2018)