Berat Albayraks steht derzeit wohl häufiger der Schweiß auf der Stirn. Der Finanzminister selbst gilt als einer der Gründe für den Vertrauensverlust.

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Ein-Dollar-Scheine vor laufender Kamera zu verbrennen gehört nun gewissermaßen zum guten Ton. iPhones zertrümmern ebenfalls. Doch auch türkische Lokalpolitiker setzen jetzt Akzente und verteidigen das Vaterland im Kampf gegen die USA und das, was bereits "ekonomik darbe", der "Wirtschaftsputsch", genannt wird in einer Art Verlängerung des vereitelten Militärputsches in der Türkei vor zwei Jahren: So untersagte der Gemeinderat in Keçiören, einem Landkreis in der Provinz Ankara, am Donnerstag die Öffnung neuer Filialen von US-amerikanischen Café- und Burgerketten. In Usak in der Westtürkei entschied der Bürgermeister schon Anfang dieser Woche, keine Werbung mehr auf der Suchmaschine Google und in den großen sozialen Medien aus den USA zu schalten.

An der Front war es gleichwohl ruhig. Die türkische Lira erholte sich den zweiten Tag in Folge und sank unter die Marke von sechs Lira für einen US-Dollar. Und dies trotz anhaltender Spekulationen über weitere Strafmaßnahmen Washingtons gegen die Türkei wie etwa Beschränkungen für Turkish Airlines bei Flügen in die USA. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Sarah Sanders, gab zudem an, die Strafzölle auf türkische Stahl- und Aluminiumexporte würden bestehen bleiben, selbst wenn der amerikanische Pastor Andrew Brunson aus der Türkei ausreisen dürfte. Die Strafzölle gegen die Türkei nannte sie ohne weitere Erläuterung eine Frage der "nationalen Sicherheit".

Kein Gang zum IWF

Der türkische Finanzminister Berat Albayrak versuchte am Donnerstag in einer Konferenzschaltung, Investoren von der Solidität der türkischen Wirtschaft zu überzeugen. Rund 6000 Interessenten sollen sich gemeldet haben, was in Ankara als ermutigendes Zeichen gewertet wurde. Albayrak schloss erneut Kapitalkontrollen ebenso aus wie einen Gang zum IWF, um die Zahlungsfähigkeit der Türkei zu sichern. Der Minister gab sich sicher, die Türkei werde die Währungskrise und die Sanktionen mit Partnern meistern. Albayrak nannte dabei Deutschland, Russland und China. Von der US-Regierung kommen indes schon neue Drohungen.

Ökonomen bezweifeln ohnehin, dass Ankara auf diesem Weg ausreichend und langfristig Kapital beschaffen könnte. Ausgabenkürzungen in diesem Jahr würden zu einem Haushaltsplus von etwa einer Milliarde Dollar führen, versicherte Albayrak. Allerdings gilt der 40-Jährige selbst als ein Grund für den Vertrauensverlust der Anleger. Als Schwiegersohn von Staatspräsident Tayyip Erdoğan wird Albayrak als eine Wahl der Loyalität, nicht aber der Expertise und der Unabhängigkeit für das Ministeramt gesehen.

Im Ringen mit den USA sucht die türkische Führung weiter- hin politische Unterstützung bei den Europäern. Finanzminister Albayrak telefonierte am Donnerstag mit dem deutschen Finanzminister Olaf Scholz, Erdogan mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Der kurzfristig anberaumte Besuch des Emir von Katar, Scheich Tamim, in Ankara am Mittwoch erbrachte Zusagen über Direktinvestitionen in der Türkei in der Höhe von 15 Milliarden Dollar.(Markus Bernath, 16.8.2018)