"Erst vorgestern war Ihr Kollege da", sagt Christian Skrein am Telefon. Journalistenanfragen beim Sammler in St. Gilgen am Wolfgangsee haben sich jüngst gehäuft. Dabei war Albertina-Chef Klaus-Albrecht Schröder schon 2017 im Kurier überzeugt: "Christian Skrein wird seine Sammlung zur Verfügung stellen."

Zahlreiche Publikationen dokumentieren Christian Skreins fotografisches Oeuvre und seine Sammlung (Skrein Photo Collection). Von links oben im Uhrzeigersinn: "Help! Die Beatles in Salzburg 1965" (Salzburg Museum 2015), "Secret Snapshots" (Brandstätter 2005), "Revolution in Kuba" (Jung und Jung 2013) und "Nobody is perfect!" (Brandstätter 2007)
Foto: Anne Katrin Feßler

Tatsächlich verdichten sich die Signale für ein Fotomuseum in Salzburg wöchentlich. Ein Aushängeschild der Fotografie als musealer Aufputz für die Mozartstadt? Oder die Festspiel-Metropole als Bühne für ein erstes Bundesmuseen außerhalb Wiens? Wie auch immer. Landeshauptmann Wilfried Haslauer und sein türkiser Parteikollege, Kulturminister Gernot Blümel, scheinen sich einig zu sein. Die nächste Machbarkeitsstudie ist bereits in Arbeit. Martin Hochleitner, Direktor des Salzburg-Museums und anerkannter Fotoexperte, könnte mit einem Konzept beauftragt sein, wie man hört.

Dass die enorm große Fotokollektion Skreins – seinen Angaben nach "definitiv über 500.000, in Richtung eine Million Aufnahmen" – dabei eine Rolle spielen wird, gilt als fix. Die Frage ist nur, welche genau. Einst war Christian Skrein selbst Fotograf. Schon mit 15 hatte er sich im Badezimmer der Eltern in der Wiener Canovagasse eine Dunkelkammer eingerichtet. Mit 17 war er, der sich als Hotelportier seine erste Profikamera erarbeitete, stolzer Besitzer eines Presseausweises.

Kurze Zeit war der Autodidakt, der beim "Help"-Dreh der Beatles in Obertauern dabei war oder die Hysterie beim ersten Wiener Rolling-Stones-Konzert dokumentierte, so etwas wie der Chronist der Wiener Kunstavantgarde. Als Freund und Vertrauter von Dandys wie Walter Pichler oder Hans Hollein war der "Zufallskreative" und "Gelegenheitsbohemien", wie ihn Fotohistorikerin Margit Zuckriegl beschrieb, stets mit dabei, wenn etwas passierte.

Bei der sogenannten Uni-Ferkelei 1968 war Skrein allerdings zu sehr mit Nase-Zuhalten beschäftigt, um Fotos zu machen, gestand er 2001 in seinem Fotobuch 68. Trotz steiler Karriere hängte er die Lichtbildnerei nach nicht einmal zehn Jahren an den Nagel, verlegte sich auf Werbefilme, ging nach Hollywood. Mit mehr als 1200 Spots zähle er zu den Rekordhaltern, berichtet Skrein nicht uneitel.

Fotomuseum? Ja, bitte!

Ein Fotomuseum? Skrein ist dafür. "So wie alle Fotografen, alle Galerien, alle Sammler, der Kunsttourismus, alle Auktionshäuser, Fotomessen und Politiker." Nur die Museumsleute, die seien dagegen, weil sie fürchten ihre Sammlungskompetenz würde beschnitten, so Skrein. "Museen, die sich gegen ein Fotomuseum wehren, haben eine Wagenburg-Mentalität." Skrein sieht hingegen nur Vorteile: mehr Möglichkeiten für Ausstellungen, eine Zusatzfläche für die musealen Fachleute. "Die Abteilungen sind potent." Ein Museum wäre Kompetenzzentrum und Anlaufstelle für internationale Fotografie und könnte alle Sektoren der Fotografie von 1840 bis heute bündeln. Wie man das finanzieren soll, wo doch jedes Museum heutzutage über zu kleine Ankaufsbudget klagt? Skrein bittet da um Entschuldigung.

Von links oben im Uhrzeigersinn: "Help! Die Beatles in Salzburg 1965" (Fotos von Christian Skrein, Salzburg Museum 2015), "Secret Snapshots" (Brandstätter 2005), "Revolution in Kuba" (Jung und Jung 2013) und "Nobody is perfect!" (Brandstätter 2007)
Foto: Anne Katrin Feßler

"Meine Sammlung ist kein Spielball", kommentiert der 73-Jährige aktuelle Gerüchte. Skrein weiß um die Qualitäten seiner seit 1968 angesammelten Schätze, aber auch um deren Lücken. "Es gibt ein Manko, nämlich das, was nicht da ist", kokettiert er. Erraten habe das aber noch niemand. Ergo könne er sagen, dass er "eigentlich alles habe". Zu diesem "Alles" gehören neben beachtlichen Ikonen der Fotogeschichte, u. a. riesige Mengen privater Schnappschüsse, erotische Amateurfotografien und eine Sammlung zur kubanischen Revolution. Verwaltet wird die Sammlung von Rosi Jansz. Seit 1966 arbeitet sie für Skrein, erst als Foto- später Kameraassistentin, und ertrug auch seine, wie er sagt „lästigste“ Marotte: Nach den Shootings musste sie als „Reaktionstest“ die von ihm zugeworfenenen Kameras auffangen.

Ob er von der Politik konkret gefragt wurde, das bestätigt Skrein mit dem Hinweis auf laufende Gespräche nicht. Aber: "Ich will kein Christian-Skrein-Museum!" Gerne unterstütze er das Land mit Leihgaben, aber von Schenkung könne nicht die Rede sein. Skrein ist es gewöhnt, dass seine Leihgaben lange außer Haus sind. Der berühmte Kuss, den ein Matrose einer Fremden bei Kriegsende am Times Square aufdrückte (von Alfred Eisenstaedt), toure seit über fünf Jahren. In Skreins Villa am See hängen nur drei Arbeiten: Gustav Klimt mit Katze, die nackte Tänzerin von Rudolf Koppitz und ein Schnappschuss von Charlie Chaplin, den ein Bühnenarbeiter gemacht hat.

Schaufenster Salzburg

"Salzburg hat eine Schaufensterfunktion", kommentiert Skrein die Standortfrage. "In Wien sind 100 Prozent aller Bundesmuseen, darf ein Fotomuseum bitte woanders sein, und zwar dort, wo der beste Platz ist?" Die Kompetenzen der Bundesmuseen auch in die Länder zu tragen, wie es im Regierungsprogramm festgehalten ist, gefällt dem Sammler. "Es schaut so aus, als würde Minister Blümel das halten, was er versprochen hat."

Dass Peter Coeln die derzeitigen Signale nicht schmecken, ist klar. Gemeinsam mit dem Ex-Kulturminister Josef Ostermayer hatte der Wiener Fotosammler und -händler vor zwei Jahren die Idee zu einem eigenen Haus für Fotografie überhaupt erst aufgebracht – allerdings für die Hauptstadt. Aber die Sache zog sich ergebnislos in die Länge. Was sich jetzt tue, sieht Coeln als "politisches Momentum". "Das wird scheinbar ein Image-Projekt, und das interessiert mich nicht!" Coeln steht momentan im Off. Als "Roten", der bei "Türkis" kein Leiberl hat, darauf brach es der Falter herunter. Über diese Interpretationen ärgerte sich Coeln. Seit die Pläne öffentlich wurden, hat man ihm schon vieles unterstellt. Aber, versichert Coeln, er wolle nicht im Mittelpunkt stehen, allein die Sammlung solle in "gute, sichere Hände" kommen, ja "öffentlich" zugänglich werden.

Salzburg versus Wien

Seine "naive" Idee war, so Coeln, dass die Erfolgsgeschichte des Ausstellungshauses Westlicht mit 80.000 Besuchern pro Jahr, verknüpft mit seiner Schenkung (frühe Fotografie, historische Kameras) genug Potenzial für einen größeren Rahmen hat. "Es muss ja nicht gleich ein Museum sein." Aber in Wien muss es sein. Dem Standort Salzburg kann Coeln nichts abgewinnen. Er spüre dort nicht viel Interesse für ein Fotomuseum. Im Westlicht ist das Durchschnittsalter 25. Dass sich so viele junge Menschen für Fotografie interessierten, dem solle man Rechnung tragen, findet Coeln, der um den Weiterbestand von Westlicht bangt. Der Sponsor Leica hatte sein finanzielles Engagement für das Haus bereits erheblich verringert. Im Frühjahr 2019 wird es von ihnen gar kein Geld mehr geben.

Für seine Kollektion sucht Coeln noch nicht nach einem internationalen Zuhause. Er wartet ab und hofft weiter auf die Stadt Wien. Mit dem Bürgermeister hat er jedenfalls schon gesprochen. (Anne Katrin Feßler, 22.8.2018)