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Trump und sein damaliger Wahlkampfmanager Paul Manafort bei einer Convention der Republikaner in Cleveland 2016

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Michael Cohen belastete sich vor Gericht selbst.

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Um Donald Trump zu beschützen, würde er sogar eine Kugel abfangen, hat Michael Cohen einmal gesagt. Doch von diesem Treueschwur ist nichts übrig geblieben: Mit einem in seiner Eindeutigkeit überraschenden Schuldbekenntnis lässt Cohen, Trumps früherer Anwalt, einen Paukenschlag dröhnen. Den US-Präsidenten stürzt der Geständige so in dessen bisher schwerste politische Krise – zumal es ein Doppelschlag ist, den Trump verdauen muss: Während Cohen in New York Farbe bekannte, befand eine Geschworenenjury in Virginia Trumps einstigen Wahlkampfmanager Paul Manafort in wesentlichen Punkten für schuldig.

Trump jedoch lässt sich offenbar kaum beirren. Er wird dem Sender Fox News zufolge eine Begnadigung seines früheren Wahlkampfleiters in Erwägung ziehen. Manafort wurde wegen Banken- und Steuerbetrugs schuldig gesprochen. Das Strafmaß steht noch aus. Rechtsexperten schätzen, dass es auf rund zehn Jahre Haft hinauslaufen wird.

Fox News

Trump und Manafort "waren Freunde"

Von dem Fox-Interview sind bislang nur Auszüge bekannt. Fox-Reporterin Ainsley Earhardt zufolge hat der US-Präsident in dem Gespräch die mögliche Begnadigung erwähnt. "Ich denke, er fühlt sich schlecht wegen Manafort. Sie waren Freunde", sagte die Journalistin am Mittwochabend. Das ganze Interview sollte am Donnerstagmorgen (US-Zeit) ausgestrahlt werden. Trump hatte Manafort am Mittwoch einen "tapferen Mann" genannt, der anders als sein Ex-Anwalt Cohen dem Druck der Justiz standgehalten habe. Cohen hatte sich vor Gericht mehrerer Verbrechen schuldig bekannt und angegeben, von Trump dazu angewiesen worden zu sein.

Trump über sein Verhältnis zu seinem ehemaligen Anwalt Michael Cohen.
Fox News

Zum Fall Cohen äußerte sich Trumps Sprecherin Sarah Sanders: Nur weil Cohen einen Deal mit der Staatsanwaltschaft eingegangen sei, bedeute das nicht, dass sich dadurch ein Verdacht gegen Trump ergebe.

Cohen räumte Zahlungen ein

Vor einem Bundesrichter in Manhattan räumte Cohen ein, zwei Frauen jeweils sechsstellige Summen gezahlt zu haben, um kurz vor der Wahl 2016 deren Schweigen zu erkaufen. Die eine, Stephanie Clifford alias Stormy Daniels, Darstellerin in Pornofilmen, war drauf und dran, öffentlich über eine Sexaffäre mit Trump zu plaudern – was Cohen mit 130.000 Dollar verhinderte.

Das Boulevardblatt "National Enquirer" bot dem "Playboy"-Model Karen McDougal an, ihre Story zu kaufen. Sie kassierte 150.000 Dollar, während der Verleger, Trump-Freund David Pecker, dafür sorgte, dass die Geschichte nie gedruckt wurde. Später erstattete Cohen Pecker das "Honorar".

Als die Sache mit den Schweigegeldern vor Monaten durchsickerte, stritt Trump zunächst ab, davon auch nur gewusst zu haben – geschweige denn, von sich aus aktiv geworden zu sein. Umso mehr gerät er nun in Bedrängnis, da sein einstiger Rechtsberater keinen Zweifel daran lässt, von wem die Idee stammte: Er habe "auf Anweisung eines Kandidaten für ein Bundesamt" gehandelt", erklärte Cohen vor Gericht, nachdem er die Hand zum Eid erhoben hatte. Er habe es getan, um die Wahl zu beeinflussen.

Keine Zweifel an Identität

Falls es noch einen Zweifel gegeben haben sollte, wen er meinte, so räumte sein Anwalt Lanny Davis sie restlos aus: Sein Mandant habe eingeräumt, eine Straftat begangen zu haben, um Einfluss auf eine Wahl zu nehmen. "Wenn diese Zahlungen ein Verbrechen für Michael Cohen waren, wieso sind sie dann kein Verbrechen für Donald Trump?"

Der Präsident hingegen sagte dem Sender Fox News, die Gelder seien von ihm selbst gekommen, nicht aus seinem Wahlkampfbudget: "Das ist nicht einmal ein Verstoß gegen die Wahlkampfregeln."

Welche Strafe Cohen erwartet, wird sich Mitte Dezember entscheiden. Die zuständige Staatsanwaltschaft beantragt zwischen 46 und 63 Monaten Gefängnis – eine vergleichsweise milde Strafe, die das Schuldeingeständnis in Rechnung stellt. Dass "Trumps Pitbull" auf Distanz zu seinem Ex-Klienten geht, machte er schon vor geraumer Zeit klar: Er habe beschlossen, seine Familie und sein Land an die erste Stelle zu rücken, nicht die Loyalität zu Trump.

Unbekannter Faktor Mueller

Für den Präsidenten ist es eine gefährliche Rutschbahn, denn Cohen könnte sich nun entschließen, auch mit Robert Mueller, dem FBI-Sonderermittler der Russlandaffäre, zu kooperieren. Noch ist offen, ob er es tut. Folgt man seinem Verteidiger Davis, wird er es indes mit hoher Wahrscheinlichkeit tun: Sein Mandant sei bereit, alles offenzulegen, was er über Trump wisse: Zum Beispiel, ob Trump vorab im Bilde gewesen sei, als Computerhacker die Parteizentrale der Demokraten attackierten. Fortan werde man einen Michael Cohen erleben, der von sämtlichen Fesseln befreit die volle Wahrheit sagen werde.

Jedenfalls kann Trump in der Causa Cohen den Spieß nicht einfach umdrehen, Trump kann nur versuchen, Cohen zum Lügner zu stempeln. Eine Verteidigungsstrategie, der er schon am Morgen nach dem Schock mit einem aggressiven Tweet folgte: Der Mann habe Geschichten erfunden, um einen Deal zu bekommen, schrieb der Präsident.

Jedenfalls lässt Cohens womöglich folgenschweres Schuldbekenntnis fast schon zur Fußnote werden, was eine Jury zur gleichen Zeit im Falle Paul Manaforts entschied: Am Ende einer Verhandlung, bei der es im Kern um Steuerhinterziehung ging, befand es Trumps ehemaligen Wahlkampfstrategen in acht von 18 Anklagepunkten für schuldig. Im Frühjahr 2016 angeheuert, hatte der bestens vernetzte Berater dafür zu sorgen, dass sich der Wahlparteitag der Republikaner im Sommer nicht zu einer Rebellion gegen Trump würde, dessen Durchmarsch das konservative Establishment verhindern wollte.

Um Trumps Kampagne ging es nicht bei dem Prozess. Gleichwohl wurde deutlich, welche Sorte Charaktere der Kandidat Trump einst um sich sammelte. Mit seiner Beratertätigkeit für Wiktor Janukowitsch, den damaligen prorussischen Präsidenten der Ukraine, hatte Manafort enorme Summen verdient, die er vor der US-Finanz verstecken wollte. Anders als Cohen, twitterte Trump voller Lob, habe sich Manafort von der Justiz nicht "brechen" lassen. Zumindest bisher. (Frank Herrmann, 22.8.2018)