Ob mit der Staatsbürgerschaft auch die Arbeitserlaubnis verloren geht, ist unklar.

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Die Causa Doppelstaatsbürgerschaften wird ein Fall für den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Wie der STANDARD erfuhr, will einer der betroffenen Austrotürken das Höchstgericht anrufen. Der seit langem in Österreich ansässige Ex-Österreicher sieht sich in mehreren Grundrechten verletzt.

Der Betroffene ist einer von drei Fällen, die im Zuge der derzeit anhängigen massenhaften Prüfverfahren per Bescheid über den rückwirkenden Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft informiert worden waren. Er hatte sich beim Landesverwaltungsgericht Wien erfolglos gegen die Aberkennung beschwert. Das Anfang August ergangene Urteil will er nun vorerst nicht beim Verwaltungsgerichtshof bekämpfen, sondern den Fall gleich den Verfassungsrichtern vorlegen. Sollte er recht bekommen, hätte das Auswirkungen auf alle anderen Prüfverfahren.

FPÖ übermittelte Liste

Der Anwalt des Betroffenen, Kazim Yilmaz, sieht im Gespräch mit dem STANDARD mehrere Ungereimtheiten. Vor allem die Beweisführung der Behörde stößt ihm auf. Wie berichtet, hatte die FPÖ im Vorjahr eine ihr zugespielte Liste mit möglichen österreich-türkischen Doppelstaatsbürgern an die Behörde übermittelt.

Es bestehe der Verdacht, dass viele Austrotürken nach der Einbürgerung in Österreich erneut die türkische Staatsbürgerschaft angenommen haben. Das ist zwar nicht verboten, hat aber laut Gesetz den unmittelbaren Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft zur Folge – sofern die heimischen Behörden etwas davon mitbekommen. Das ist meistens nicht der Fall, da die türkischen Behörden den österreichischen Kollegen keine Daten übermitteln. Auf Basis dieser Liste haben nun die Staatsbürgerschaftsbehörden in allen Bundesländern Prüfverfahren eingeleitet.

Dass "eine Liste, die kein amtliches Dokument ist und von der niemand weiß, woher sie stammt" nun als zentrales Beweismittel anerkannt wird, ist Anwalt Yilmaz ein Dorn im Auge. "Mein Mandant hatte keine Möglichkeit, das Gegenteil zu beweisen." Er sehe sich in seinem Recht auf ein faires Verfahren verletzt.

Wien prüft weiter

In Wien, wo bei weitem die meisten Fälle geprüft werden, hat es seit den Gerichtsentscheidungen keine neuen Aberkennungen auf Basis der Liste gegeben.

Das liegt an den üblichen Fristenläufen bei Verwaltungsverfahren: Bevor die Behörde per Bescheid den Verlust der Staatsbürgerschaft feststellt, wird den Betroffenen die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt. Erst nachdem diese Frist verstrichen ist, wird ein Bescheid erlassen, der dann nach einer vierwöchigen Frist rechtskräftig wird, sofern kein Rechtsmittel ergriffen wird. Wie berichtet, stellt sich das Landesverwaltungsgericht Wien schon darauf ein, mit einer großen Zahl an Bescheidbeschwerden konfrontiert zu werden.

Folgen für Job sind unklar

Welche Folgen die Ausbürgerung für die Arbeitserlaubnis hat, ist hingegen unklar. Im Arbeitsmarktservice geht man davon aus, dass die Betroffenen weiter ihre Beschäftigungsbewilligung behalten. Das Sozialministerium will das auf STANDARD-Anfrage nicht bestätigen: Ob dem so sei, werde derzeit geprüft. Auch die Frage, ob sogar Sozialleistungen wie die Mindestsicherung zurückbezahlt werden müssen, sei noch nicht abschließend geklärt. (Maria Sterkl, 28.8.2018)