Künftig müssen 40 Prozent der Teile in Autos, die aus Mexiko in die USA exportiert werden, von Arbeitern mit einem Stundenlohn von mindestens 16 Dollar stammen. Davon profitieren eher nördliche Zulieferer, in Mexiko jedoch nur wenige.

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Mexikos scheidender Präsident Enrique Peña Nieto konnte mit der Einigung im Handelskonflikt noch einen Abschiedserfolg verbuchen.

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Puebla/Wien – Für US-Präsident Donald Trump war es ein erster klarer Erfolg in seinem Handelsstreit mit dem Rest der Welt. Ganz nach dem Motto "Divide et impera" haben sich die USA nun mit Mexiko auf die Grundzüge eines neuen Freihandelsabkommens geeinigt, das das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (Nafta) von 1994 ersetzen soll. Damit wächst der Druck auf Kanada, den dritten Partner im Nafta-Bund, die Konzessionen, die Washington dem südlichen Nachbarn abgerungen hat, anzunehmen.

Sollte Kanada einer Nafta-Überarbeitung nicht zustimmen, würden weitere Zölle erhoben, drohte Trump: "Ich denke ehrlich gesagt, bei Kanada ist es am einfachsten, ihre Autos mit Zöllen zu belegen." Die bilaterale Einigung zeigte Wirkung. Kanadas Außenministerin Chrystia Freeland brach eine Europareise ab, um am Dienstag wieder Handelsgespräche in Washington zu führen. US-Finanzminister Steve Mnuchin betonte, er sei zuversichtlich, dass bis Freitag eine Einigung stehe.

Zurückhaltung bei Trudeau

Der kanadische Ministerpräsident Justin Trudeau hat sich am Dienstag zurückhaltend zu den Erfolgsaussichten für ein neues Handelsabkommen mit den USA geäußert. Es habe zwar gute Fortschritte bei den Gesprächen zum Thema Autoindustrie gegeben, sagte Trudeau am Dienstag. Seine Haltung, dass die kanadischen Milchbauern geschützt werden müssten, habe sich aber nicht geändert.

Mexiko hofft derweil auf eine rasche Einigung mit Kanada. Unterhändler Luis Videgaray erklärte, sein Land sei sehr daran interessiert, dass auch das neue Abkommen trilateral bleibe, aber falls sich Kanada anders entscheide, werde es eben ein bilaterales Abkommen geben. Die Eckpunkte wurden am Montag vorgestellt.

Kleine Neuerungen

Der neue Vertrag soll US-Präsident Donald Trump zufolge auf keinen Fall mehr Nafta heißen. Nafta sei schlecht gewesen für die USA, erklärte er. Sowohl er als auch der mexikanische Präsident Enrique Peña Nieto beglückwünschten einander in einem live übertragenen Telefonat zum "formidablen Deal", der den Grundstein für die Wettbewerbsfähigkeit und Modernisierung der beiden Volkswirtschaften lege.

Sowohl die scheidende mexikanische Regierung, die eine glücklose Amtszeit mit einem kleinen Triumph abschließen wollte, als auch die Wirtschaft, die Planungssicherheit forderte, sowie auch Trump mit den Kongresswahlen im Nacken hatten großes Interesse an einem raschen Abschluss.

Videgaray betonte, das Abkommen stärke die regionale Integration, gebe Investoren Sicherheit und vermeide Kontingente und Zollschranken, wie zuletzt die von Trump einseitig verhängten Strafzölle auf Stahl und Aluminium.

Die USA verzichteten auf die fünfjährige Befristung des Abkommens. Das Abkommen soll nun 16 Jahre gelten und alle sechs Jahre "aktualisiert" werden.

Mexiko akzeptierte seinerseits die Erhöhung des regionalen Fertigungsanteils von 62 auf 75 Prozent, das betrifft vor allem die Autoproduktion. Laut Videgaray erfüllen bereits 70 Prozent der von Mexiko in die USA exportierten Fahrzeuge diese Voraussetzung.

Ein dritter Knackpunkt war die Schlichtung von Handelsstreitigkeiten. Dafür enthält Nafta binationale Panels, die Trump durch heimische Gerichte ersetzen wollte. Dieser Punkt wird von allen drei Seiten weiterverhandelt.

Keine Lohnsteigerung

Mexikos Wirtschaft reagierte positiv auf die Ankündigung. Juan Pablo Castañón vom Unternehmerverband sprach von einem "guten Vertrag", der die Prinzipien des Freihandels gerettet habe. "Wir Unternehmer sind begeistert." Das Abkommen erlaube eine Modernisierung der mexikanischen Wirtschaft dank neuer Technologie und mehr Wertschöpfung.

Eine Erhöhung der mexikanischen Löhne, wie sie Trump gefordert hatte, ist offenbar vom Tisch und soll damit gelöst werden, dass künftig 40 Prozent eines in den USA verkauften Autos von Arbeitern kommen, die mindestens 16 US-Dollar in der Stunde verdienen. Dieser Punkt kommt Kanada sogar entgegen, wo die Löhne näher am US-Niveau liegen. In Mexiko liegt der Stundenlohn in der Autoindustrie bei derzeit knapp drei US-Dollar.

Auf mexikanischer Seite war mit Jesús Seade auch ein Vertreter der neuen Regierung, die am 1. Dezember ihr Amt antreten wird, beteiligt. In den vergangenen Tagen hatte es Unstimmigkeiten gegeben, weil die neue Regierung die Teilprivatisierung des Energiesektors rückgängig machen will, was durch die Verankerung im Handelsvertrag unmöglich würde.

Seade zeigte sich aber ebenfalls zufrieden mit dem Abkommen: "Es schafft Stabilität und Attraktivität für neue Investitionen", sagte er. Das Energiekapitel bleibe bestehen, beschneide aber nicht die verfassungsmäßige Hoheit der Regierung in der Energiepolitik, sagte er etwas kryptisch. (Sandra Weiss aus Puebla, Leopold Stefan, 28.8.2018)