Bild nicht mehr verfügbar.

An einer möglichen neuen Grenzziehung für den Kosovo gibt es Kritik.

Foto: AP / Visar Kryeziu

Die drei ehemaligen Hohen Repräsentanten für Bosnien-Herzegowina, Carl Bildt, Paddy Ashdown und Christian Schwarz-Schilling, haben am Mittwoch in einem Brief an die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini eindringlich vor Grenzänderungen auf dem Balkan gewarnt, wie sie zuletzt auch von österreichischen Politikern wie EU-Kommissar Johannes Hahn und Bundespräsident Alexander Van der Bellen unterstützt wurden. Sie sehen vor allem die Gefahr einer Destabilisierung von Bosnien-Herzegowina.

Schwarz-Schilling warnt im Gespräch mit dem STANDARD vor unüberlegten Schritten in Sachen Kosovo. Der vage Deal zwischen dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić und seinem kosovarischen Amtskollegen Hashim Thaçi habe keineswegs Hand und Fuß. "Offensichtlich sind sich die Politiker nicht im Klaren, welche Angst sie durch diese Äußerungen in der Region schüren, insbesondere bei ehemaligen Flüchtlingen, die Schlimmstes erlebt haben."

Handfeste Interessenpolitik

Schwarz-Schilling kritisiert auch die Wortwahl des ehemaligen Hohen Repräsentanten Wolfgang Petritsch, der in der Frage der Grenzänderungen von "kosmetischen Korrekturen" geschrieben hatte. "Nach den Erfahrungen von Herrn Petritsch müsste ihm bekannt sein, dass es sich um handfeste Interessenpolitik in Richtung ethnisch-nationalistischer Ideologie handelt. Die Verharmlosung in der Wortwahl zeigt, wie wenig man sich in der EU mit dem ganzen Balkankonflikt beschäftigt hat", so Schwarz-Schilling.

Petritsch, der für eine Anwaltskanzlei arbeitet, zu deren Kunden die serbische Regierung gehört, sieht keine Rückkoppelungen des Kosovo-Serbien-Deals auf Bosnien-Herzegowina. Schwarz-Schilling bedauert, dass Petritsch sich nicht an der Aktion der ehemaligen Hohen Repräsentanten (dem Brief an Mogherini) beteiligt hat, "obwohl wir früher immer im Einvernehmen mit ihm gehandelt haben. Das muss wohl etwas an dem Sonderweg Österreichs liegen."

Keine "ethnischen" Grenzen

In dem Brief warnen die drei Balkanexperten auch, dass ein Gebietsaustausch auf dem Balkan jene ermuntern könnte, die einen solchen auch anderswo – etwa in der Ukraine – umsetzen wollen. Konkrete Pläne für die Grenzänderungen auf dem Balkan liegen noch nicht vor, manche sprechen aber von den Grenzen, die der Kosovo zwischen 1950 und 1954 hatte. Bisher war es Kern westlicher Politik, keine "ethnischen" Grenzen zu ziehen, sondern Minderheitenschutz zu fordern.

Im Kosovo kritisieren viele, dass Vučić und Thaçi den Gebietsaustausch hinter verschlossenen Türen vereinbart haben. Es gibt mittlerweile eine Petition dagegen. Darin heißt es: "Die EU darf korrupte Führer nicht unterstützen. Dem Präsidenten des Kosovo, Herrn Hashim Thaçi, mangelt es an demokratischer Legitimität und der verfassungsmäßigen Autorität, einen Friedensvertrag mit Serbien auszuhandeln. Das Parlament, der Premierminister und die Zivilgesellschaft lehnen die Rolle von Herrn Thaçi in den Verhandlungen ab. Deshalb handelt Herr Thaçi ultra vires, das heißt über seine Macht hinaus, und die Menschen im Kosovo werden sich weigern, irgendein schädliches Abkommen zu ratifizieren, das er mit Serbien unterzeichnen könnte." (Adelheid Wölfl aus Sarajevo, 29.8.2018)