Brüssel – Die EU-Militärmission "Sophia" – benannt nach einem Baby, das nach der Rettung der Eltern auf einem Flüchtlingsschiff geboren wurde – soll Schleppernetzwerke bekämpfen. EU-Kräfte dürfen demnach verdächtige Schiffe anhalten, durchsuchen und beschlagnahmen, wenn der Verdacht auf Schleppung von Flüchtlingen besteht.

Mutmaßliche Kriminelle müssen seit der 2015 eingeleiteten zweiten Phase der EU-Operation auch mit einer Festnahme rechnen. Bis dahin lief die erste Phase, bei der es primär um die Informationsgewinnung über die Netzwerke sowie die Rettung schiffbrüchiger Flüchtlinge ging. Die Seenotrettung ist in der Praxis und nach internationalem Recht weiterhin ein Bestandteil der Mission, aber nicht Kern des Mandats.

Lastenteilung

Weil nicht im Vorfeld ein Verteilungsmechanismus für die geretteten Migranten festgelegt wurde, fordert Italien im Rahmen einer fünfwöchigen strategischen Überprüfung – bisher ohne Ergebnis – nunmehr eine solche Lastenteilung unter den EU-Staaten. Seit 2014 bis Ende 2017 wurden im Rahmen von "Sophia" 42.000 Menschen im Mittelmeer gerettet. Bereits 2017 hatte Italien aus ähnlichen Überlegungen die Verlängerung des Mandats blockiert. Italien sieht sich an der Grenze seiner Aufnahmefähigkeit und verlangt die Öffnung von Häfen anderer EU-Staaten für Flüchtlingsboote. Dies lehnen die anderen EU-Regierungen bisher aber ab.

An "Sophia" – offiziell heißt die EU-Mission EUNAVFOR MED – sind 24 EU-Staaten beteiligt, darunter auch acht Stabsoffiziere aus Österreich. Das derzeitige Mandat läuft noch bis Jahresende. Die Operation besteht aus vier Schiffseinheiten und drei Hubschraubern und drei Flugzeugen zur Luftüberwachung. Zu den neuen Aufgaben der Mission zählt seit 2016 auch die Überwachung illegaler Öltransporte aus Libyen und das Training der libyschen Küstenwache.

Zwölf Seemeilen

Mit der Ausweitung der Aktion sollten vor allem Schlepperbanden, die von Libyen aus agieren, bekämpft werden. Anders als das Programm "Triton", das unter dem Dach der EU-Grenzschutzagentur Frontex angesiedelt ist, konzentriert sich der Einsatz deshalb auf die Gewässer zwischen Italien und Libyen. Die Kriegsschiffe müssen aber in internationalen Gewässern, also bis zu zwölf Seemeilen von der libyschen Küste entfernt bleiben.

Die Überlegungen der EU beinhalten auch eine weitere Phase, in der dann alle notwendigen Maßnahmen ergriffen werden, die Boote und Einrichtungen der Schlepper zu beseitigen bzw. zu zerstören. Dazu wäre allerdings die Zustimmung des UNO-Sicherheitsrats oder der Regierung Libyens notwendig, weil die Schiffe damit in libysche Gewässer eindringen müssten. Beides ist nicht in Sicht. Gegen ein Mandat durch den Sicherheitsrat hat in der Vergangenheit Russland Widerstand signalisiert.

Für einen Einsatz direkt vor der libyschen Küste, wo die meisten Flüchtlingsboote Richtung EU starten, wäre ein UNO-Mandat oder eine Zustimmung der libyschen Regierung notwendig.

Seerechtsübereinkommen

Völkerrechtliche Grundlage für den bewaffneten Einsatz von Streitkräften ist das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen von 1982 und das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen grenzüberschreitende organisierte Kriminalität aus dem Jahr 2000.

Den Namen "Sophia" erhielt die Operation nach einem Flüchtlingsmädchen, das auf dem deutschen Marineschiff "Schleswig-Holstein" geboren worden war. Die aus Somalia stammenden Eltern des Babys wurden am 22. August 2015 vor der Küste Libyens gerettet. (APA, 30.8.2018)