Bild nicht mehr verfügbar.

Lewis Hamilton als Erster im Ziel.

Foto: REUTERS/Stefano Rellandini

Monza – Lewis Hamilton ist ein unerwarteter und vielleicht entscheidender Sieg in der Formel-1-WM 2018 gelungen. Von Platz drei aus gewann der englische Mercedes-Pilot Sonntag in Monza den GP von Italien vor Pole-Mann Kimi Räikkönen im Ferrari. Hamilton baute seine Führung auf Sebastian Vettel von 17 auf 30 Punkte aus, weil der Ferrari-Star nach einer frühen Kollision mit Hamilton nur Vierter wurde.

Hamilton tat sich nach seinem 68. GP-Sieg leicht, am Podium die Buhrufe zehntausender Tifosi zu ertragen. Ferrari war dank des besseren Autos als Favorit ins emotionale Heimrennen gegangen, hatte die Trainings sowie das Qualifying mit Räikkönen vor Vettel dominiert. Dass am Ende im Ferrari-Land die großen Erwartungen des Heim-Teams unerfüllt blieben und etwas überraschend der nur aus der zweiten Reihe gestartete Mercedes-Pilot Hamilton gewann, entschied sich bereits in Runde eins.

Vettel vs. Hamilton

Denn Vettel geriet beim Versuch, wie zuletzt in Spa die verpasste Pole auf der Strecke rasch wettzumachen, durch einen Spurwechsel schon in der ersten Schikane an Hamiltons Silberpfeil. Als er vor der zweiten Variante hinter Raikkönen fahrend überraschend die Tür offen ließ, nützte Hamilton die Lücke und setzte sich außen neben Vettel. Die beiden Autos berührten sich erneut, diesmal aber drehte sich der Ferrari. Vettel musste danach zudem den Frontflügel wechseln und fiel trotz einer Safety-Car-Phase wegen eines anderen Unfalls auf Platz 18 zurück. "Sein Dreher war letztlich ausschlaggebend", war auch Mercedes-Teamchef Toto Wolff bewusst.

Nach zweimaligem Reifenwechsel ging dann für den Deutschen trotz seines starken Autos sogar ein Podestplatz verloren. Selbst Vierter wurde Vettel nur, weil der auf der Straße drittplatzierte Max Verstappen im Finish eine Fünf-Sekunden-Zeitstrafe ausfasste und so ein Podium für Red Bull wegwarf.

"Mir war nicht ganz klar, wo Lewis hin wollte"

"Ich hatte keinen Platz mehr, wurde eingekeilt", schilderte Vettel die entscheidende Situation, die von den Rennfunktionären zurecht nicht geahndet wurde. "Mir war nicht ganz klar, wo Lewis hin wollte. Aber damit muss man immer rechnen", sagte der 33-jährige Vierfach-Weltmeister, der endlich auch in einem Ferrari Champion werden will. "Es hätte auch anders laufen und er sich drehen können. Sowas passiert leider, heute hat es mich getroffen", versuchte der WM-Zweite Fassung zu bewahren.

Während Vettel den Rest des Rennens Schadensbegrenzung betrieb, wurde Raikkönen gleich nach dem Restart von Hamilton überholt. Der 38-jährige Finne konterte aber sofort. Entscheidend war letztlich, dass der Engländer später als Raikkönen an die Box kam und darauf setzte, gegen Rennende die besseren Reifen zu haben. Eine gewagte Taktik, die aber aufging. Auch deshalb, weil sich Hamiltons "Wingman" Valtteri Bottas mit seinem Reifenwechsel lange Zeit ließ blieb und so als zwischenzeitlicher Führender Raikkönen rundenlang aufhielt. "Das war meine Mission", sagte Bottas, für den es dafür viel Lob von der Box gab.

Raikkönen wie ein Löwe

Raikkönen, der am Samstag mit über 263 km/h die schnellste jemals gestoppte Formel-1-Runde gefahren war, kämpfte dennoch lange wie ein Löwe darum, seine 108 Rennen betragende Sieglosigkeit zu beenden sowie um die historische Möglichkeit, der erste finnischer Sieger auf einer italienischen Rennstrecke zu werden. Acht Runden vor Schluss war aber wegen der nachlassenden Reifen keine Gegenwehr mehr möglich und die Rennentscheidung gegeben. Hamilton überholte Raikkönen und siegte am Ende souverän.

"Ich wäre schnell genug gewesen. Aber die Reifen haben nicht mitgemacht", berichtete Raikkönen. "Ich habe alles probiert. Aber es war unmöglich, Lewis am Ende nochmals zu fordern", sagte der Finne und entschuldigte sich bei den Fans. "Es tut mir leid, dass ich nicht gewonnen habe."

"Hier zu gewinnen, ist immer eine Riesenehre"

Hamilton versuchte nach seinem bereits fünften Monza-Sieg, bei den Tifosi Sympathie zu erzeugen. "Hier zu gewinnen, ist immer eine Riesenehre. Ferrari war ein großer Herausforderer", sagte er am Podest. "Anfang der Woche hat es viel negative Stimmung gegeben. Die ist jetzt weg und dafür spüren wir nun viel positive Energie", sagte der Engländer. "Wir geben nie auf!"

Nach Saisonsieg Nummer sechs liegt Hamilton sieben Rennen vor WM-Ende nun bereits 30 Punkte voran, so groß war im Wechselspiel mit Vettel bisher noch kein Vorsprung eines WM-Führenden. Vettel hatte sich schon im Qualifying über eine offensichtliche Bevorzugung von Raikkönen geärgert, nun sind seine WM-Chancen weiter gesunken.

Für Raikkönen könnte es freilich der letzte Monza-Auftritt in einem Ferrari gewesen sein. Offenbar ist beschlossen, dass man den Vertrag des bald 39-jährigen "Iceman" nach dieser Saison nicht mehr verlängert. Deutlichster Hinweis war, dass die erwartet Vertrags-Verkündung beim Heimrennen ausgeblieben war. Angeblich hatte die letzte Personalentscheidung des verstorbenen Ferrari-Chefs Sergio Marchionne gelautet, den derzeit bei Sauber fahrenden Monegassen Charles Leclerc ab 2019 in den zweiten Ferrari zu setzen.

Der Haas-Pilot Romain Grosjean muss zwar nicht um sein Cockpit fürchten, der Franzose verliert nach einem Protest des Konkurrenz-Teams Renault aber seinen sechsten Platz im GP von Italien. Die Rennkommissare in Monza disqualifizierten den Haas-Piloten wegen eines nicht regelkonformen Unterbodens seines Boliden. Damit ist Renault in der Konstrukteurswertung vor Haas alleiniger Vierter. Das Haas-Team kann noch Einspruch einlegen.

Der Russe Sergej Sirotkin (Williams) kam auf dem Grünen Tisch zu seinem ersten WM-Punkt, er rückte auf den zehnten Rang vor. (APA, 2.9.2018)

Rennergebnis:

1. Lewis Hamilton (GBR) Mercedes 01:16:54,484

Durchschnittsgeschw.: 242,391 km/h

2. Kimi Räikkönen (FIN) Ferrari +08,705
3. Valtteri Bottas (FIN) Mercedes +14,066
4. Sebastian Vettel (GER) Ferrari +16,151
5. Max Verstappen (NED) Red Bull +18,208
6. Esteban Ocon (FRA) Racing Point Force India +57,761
7. Sergio Perez (MEX) Racing Point Force India +58,678
8. Carlos Sainz jr. (ESP) Renault +01:18,140
9. Lance Stroll (CAN) Williams +1 Runde
10. Sergej Sirotkin (RUS) Williams +1 Runde
11. Charles Leclerc (MON) Sauber +1 Runde
12. Stoffel Vandoorne (BEL) McLaren +1 Runde
13. Nico Hülkenberg (GER) Renault +1 Runde
14. Pierre Gasly (FRA) Toro Rosso +1 Runde
15. Marcus Ericsson (SWE) Sauber +1 Runde
16. Kevin Magnussen (DEN) Haas +1 Runde

Disqualifiziert:
Romain Grosjean (FRA) Haas

Ausgeschieden:
Fernando Alonso (ESP) McLaren, Brendon Hartley (NZL) Toro Rosso, Daniel Ricciardo (AUS) Red Bull

Schnellste Runde:
Lewis Hamilton (GBR) Mercedes 1:22,497 Minuten (30. Runde, Schnitt : 252,790 km/h)

WM-Stände (nach 14 von 21 Rennen) – Fahrerwertung:

1. Lewis Hamilton (GBR) Mercedes 256
2. Sebastian Vettel (GER) Ferrari 226
3. Kimi Räikkönen (FIN) Ferrari 164
4. Valtteri Bottas (FIN) Mercedes 159
5. Max Verstappen (NED) Red Bull 130
6. Daniel Ricciardo (AUS) Red Bull 118
7. Nico Hülkenberg (GER) Renault 52
8. Kevin Magnussen (DEN) Haas 49
9. Sergio Perez (MEX) Racing Point Force India 46
10. Esteban Ocon (FRA) Racing Point Force India 45
11. Fernando Alonso (ESP) McLaren 44
12. Carlos Sainz jr. (ESP) Renault 34
13. Pierre Gasly (FRA) Toro Rosso 28
14. Romain Grosjean (FRA) Haas 27
15. Charles Leclerc (MON) Sauber 13
16. Stoffel Vandoorne (BEL) McLaren 8
17. Lance Stroll (CAN) Williams 6
18. Marcus Ericsson (SWE) Sauber 6
19. Brendon Hartley (NZL) Toro Rosso 2
20. Sergej Sirotkin (RUS) Williams 1

Konstrukteurs-Wertung:

1. Mercedes 415
2. Ferrari 390
3. Red Bull 248
4. Renault 86
5. Haas 76
6. McLaren 52
7. Racing Point Force India 32
8. Toro Rosso 30
9. Sauber 19
10. Williams 7