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Lange blieb Barack Obama in der Öffentlichkeit zurückhaltend. Seine Rede bei John McCains Trauerfeier war eindringlich.

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McCains Trauerfeierlichkeiten wurden auch für eine Abrechnung mit der aktuellen Politik genutzt.

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Auch der ehemalige Präsident George W. Bush sprach bei der Abschiedszeremonie.

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McCains Frau Cindy und seine Tochter Meghan nahmen Abschied.

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Ein grasbewachsener Hügel, von dessen Kuppe aus der Blick auf eine malerische Küstenlandschaft geht. Unten fließt der College Creek auf den majestätisch breiten Severn River zu. In der Ferne Segelschiffe und weiße, pfeilschlanke Kirchturmspitzen. Es ist ein idyllisches Fleckchen Erde, das sich John McCain für sein Grab ausgesucht hat.

Ein Freund, Admiral Charles Larson, hat die Stelle für ihn reservieren lassen. Die beiden kannten einander seit den 50er-Jahren, als sie zusammen an der Flottenakademie in Annapolis studierten. Und wo seit 2014 unter einem hellen Grabstein mit maritimen Symbolen Larsons sterbliche Überreste liegen, auf dem Friedhof dieser Militärschule, knapp eine Autostunde östlich von Washington, wurde am Sonntag auch John McCain beigesetzt.

Es ist eine Zeremonie im kleinen Kreis, ein markanter Kontrast zu den Feiern in Washington, die den Abschied von dem streitlustigen Senator zu einer Demonstration werden ließen. Zu einer Rebellion gegen nationalistische Nabelschau. McCain wollte es so, nach seinem Willen sollten die Trauertage in der Hauptstadt ein Sich-Auflehnen signalisieren, gegen das "America first" Donald Trumps, in dem er einen Weg in die Sackgasse sah.

Deshalb ist Anne Flores am Freitag stundenlang vor dem Kapitol in einer langen Warteschlange gestanden. Sie sei gekommen, um einen Großen zu ehren, sagt die 66-Jährige, die aus Arizona stammt – dem Bundesstaat, den McCain im US-Senat vertrat. "Ich wollte zu denen gehören, die schon durch ihre Anwesenheit zeigen, wie sehr sie das Verhalten unseres Präsidenten verachten."

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Wo die Menschenschlange beginnt, hat sich ein Mann mit einem selbstgemalten Poster an eine Straßenkreuzung gestellt: "POW McCain Hero – Trump Coward". Der Kriegsgefangene McCain ein Held, Trump ein Feigling. Denn Trump ließ sich eine Fußkrankheit attestieren, um sich während des Vietnamkriegs vor der Einberufung zu drücken. McCain verbrachte fünfeinhalb Jahre in einem Gefängnis in Hanoi.

Donald Trump muss am Fernseher im Weißen Haus zuschauen, wie sich am Samstag viel Prominenz in der National Cathedral versammelt, um einen seiner schärfsten Kritiker zu würdigen. Selbst nicht eingeladen, lässt er sich durch seine Tochter Ivanka und den Schwiegersohn Jared Kushner vertreten. Lange hält er es nicht aus in der Zaungastrolle.

Noch bevor seine Vorgänger Barack Obama und George W. Bush reden, fährt er nach Virginia, in einen seiner Golfklubs. Und ohne Trump auch nur ein einziges Mal beim Namen zu nennen, rechnet Obama mit dem Trumpismus ab. Lange hat er sich zurückgehalten. Nun nutzt er die Gelegenheit für eine Gardinenpredigt.

Obamas Predigt

"So vieles in unserer Politik, in unserem öffentlichen Leben, in unserem öffentlichen Diskurs kann gemein und kleinlich erscheinen, ins Bombastische und Beleidigende ausufernd, in vorgetäuschte Kontroversen und künstliche Empörung." So etwas spiele Tapferkeit vor, in Wahrheit sei es aus der Angst geboren: "John hat an uns appelliert, größer zu sein, besser zu sein." Gerade in der Außenpolitik habe er oft nicht mit ihm übereingestimmt, sagt der Ex-Präsident über den Republikaner, der Interventionen wie derjenigen im Irak das Wort redete und die USA in der Pflicht sah, Freiheit und Demokratie zu verbreiten, notfalls mit Waffengewalt.

Dennoch, McCain habe verstanden, dass Amerikas Einfluss in der Welt nicht allein auf militärischer Macht, auf Wohlstand, auf der Fähigkeit beruhe, anderen seinen Willen aufzuzwingen – sondern auch auf der Fähigkeit, andere zu inspirieren und an Werten festzuhalten, die für alle gelten sollten.

Eindringliche Rede von Tochter

Bush, der McCain 2000 im innerparteilichen Duell um die Präsidentschaftskandidatur besiegte, spricht von der Würde, die jedem Menschenleben innewohne und die McCain aus innerster Überzeugung respektiert habe. "Eine Würde, die nicht an Grenzen haltmacht und nicht von Diktatoren ausgelöscht werden kann."

Doch es ist Meghan McCain, die 33 Jahre alte Tochter des Toten, die unter Tränen am eindringlichsten Klartext redet. "Wir sind zusammengekommen, um den Verlust amerikanischer Größe zu betrauern", beginnt sie. "Das wahre Ding", nicht die billige Rhetorik von Leuten, die nie auch nur in die Nähe der Opfer kamen, die ihr Vater so bereitwillig erbracht habe.

Meghan McCain bei der Trauerfeier für ihren Vater.
MrTreknation

Das Amerika John McCains sei großzügig, es habe offene Türen, es sei kühn, fügt sie später hinzu. Es spreche mit leiser Stimme, weil es stark sei. Amerika prahle nicht, weil es Angeberei nicht nötig habe. "Das Amerika John McCains muss nicht wieder groß gemacht werden, denn groß war es schon immer." (Frank Herrmann aus Washington, 2.9.2018)