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In Hinblick auf die reine Rechenkraft haben sich aktuelle Top-Smartphones mittlerweile recht wenig zu schenken. Auch beim Sprung von einer Hardwaregeneration zur nächsten ergibt sich nur mehr selten ein wirklich merkbarer Unterschied. Die wirklich relevanten Performance-Unterschiede zwischen einzelnen Smartphones sind so vor allem auf unterschiedlich gut optimierte Software zurückzuführen. Und doch hält dies Hersteller offenbar noch immer nicht davon ab, ihre Geräte spezifisch für synthetische Benchmarks zu optimieren.

Cheaten

Der chinesische Hardwarehersteller Huawei wurde nun bei Benchmark-Schummeleien erwischt. Wie die Blogger von Anandtech nachweisen konnten, nehmen mehrere Smartphones von Huawei und Honor gezielte Änderungen vor, wenn sie bemerken, dass eine Benchmark-App läuft. Die Konsequenz: Nach Umbenennen der App lieferten all die betroffenen Geräte schlechtere Testergebnisse als zuvor. Und zwar signifikant.

In Vergleichs-Benchmarks zeigte sich beim Honor Play fast eine Verdoppelung der Ergebnisse in einem der Grafik-Tests (GFXBench T-Rex Off-Screen). Auch beim P20 Pro ergab sich durch die Manipulation ein Performance-Plus von 50 Prozent. In anderen Tests zeigte sich dieser Schub nicht gar so stark war aber doch immer deutlich sichtbar.

Thermik

Bei näherer Betrachtung zeigt sich auch, wie Huawei zu diesen Ergebnissen kommt: Es wurden einfach die thermischen Grenzen für die Prozessoren verschoben, damit der Prozessor also erst später runterregelt, als er es bei realer Belastung der Fall wäre. Der Chip läuft hier also erheblich länger auf Volllast, was im Alltag schnell zu Beschädigungen führen würde, bei einem kurzen Benchmark aber nicht auffällt.

Huawei bestätigt das Verhalten mittlerweile gegenüber Android Authority, spricht hier aber davon, dass es sich um allgemeine Optimierungen je nach Anwendungsgebiet handelt, die die eigenen Smartphones vornehmen. Dem widerspricht allerdings, dass sich das Verhalten ändert, wenn die App umbenannt wird.

Motivation

Bleibt die Frage, warum sich Huawei für solche Tricksereien hergibt. Hier spielt wohl eine Rolle, dass der chinesische Hardwarehersteller eigene Prozessoren herstellt, und diese im Vergleich zur Konkurrenz in einem möglichst positiven Licht darstellen will. Dabei ist bekannt, dass die Kirin-Chips sonst gerade bei der Grafik-Performance deutlich hinter jenen von Qualcomm liegen.

Mittlerweile hat auch der Benchmark-Hersteller UL reagiert, und die Huawei-Smartphones P20, P20 Pro, Nova 3 und das Honor Play aus seinen Ergebnislisten entfernt.

Vorgeschichte

Es ist nicht das erste Mal, dass ein Smartphone-Hersteller bei solchen Manipulationen erwischt wird. So musste sich etwa Samsung vor einigen Jahren scharfe Kritik anhören, als man ebenfalls gezielt für einzelne Benchmark-Apps Veränderungen an der eigenen Software vornahm. Zudem ist es aber auch bei Huawei nicht die erste Schummelei: So wurde etwa erst vor wenigen Wochen bekannt, dass man in einer Werbekampagne mit Profikameras erstellte Fotos als Smartphone-Aufnahmen ausgegeben hat. (apo, 7.9.2018)