Eindeutig als Mercedes erkennbar ist der erste EQ-Beitrag, der EQC. Zahlreiche weitere Batterieelektriker werden folgen.

Foto: Daimler

Für alltagstaugliche Reichweite sorgt eine Batterie mit 80 kWh Energieinhalt.

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Grafik: der Standard

Herzerwärmend schön ist es draußen in den Schären bei Gustavsberg vor Stockholm. Der Spätsommer zieht noch einmal alle Register. Dahinein, ins Museum Artipelag, verlegt Mercedes die EQC-Weltpremiere. Auf zur Schlacht der Schlagworte.

Markenzeichen

Bevor es losgeht, Konzernlenker Dieter Zetsche das Wort durch seinen Walrossschnauz hindurch – ein Markenzeichen wie der Mercedes-Stern – an urbi et orbi richtet, an die Journaille und die ganze Welt, ein Hinweis an der Wand: Übersetzt wird französisch, spanisch, türkisch, chinesisch. Deutsch: nicht. Der deutsche Vorzeigekonzern schlechthin findet kein einziges deutsches Wort, parliert nur noch englisch. Anbiederung. Identitätsverlust. Blamabel.

Wenigstens ist Zetsche zum Scherzen aufgelegt, als er die Spur legt zum EQC, eingebettet in Landeskunde: Die Elchtest-A-Klasse kommt ebenso vor wie der von hier stammende Kronprinz Ola Källenius und sachlich-kühle Designkultur im Lande Schweden. Und schwupps, sind wir beim nächsten Tesla-Killer nach Jaguars I-Pace. Bühne frei für den EQC.

100 Prozent

"Neuer Look für eine neue Ära!" "Die Zeit ist reif für den ersten Mercedes-Elektro-SUV!" "100 Prozent elektrisch? 100 Prozent Mercedes!" "Eine neue Zeit dämmert empor!" Dann kommt die Götterdämmerung, wird es duster, und als es wieder hell ist, stehen zwei EQC im Rampenlicht. So, ja so will Mercedes den Aufbruch in die batterieelektrische Ära gestalten, die auf das Kürzel EQ (steht für elektrische Intelligenz) hört.

Nicht von ungefähr setzen alle auf den SUV als Basis, die Botschaft zu künden, jetzt gehe es los mit der E-Mobilität von Firmen, deren Metier immer schon Autobauen war: Jaguar I-Pace, Audi e-tron und eben Mercedes EQC – bei dem es sich mit 4,76 m Länge (I-Pace: 4,68 m) um einen Beitrag in der Größenordnung des GLC handelt. SUV boomt rund um den Globus, da kann man schon einmal kategorisch nix falsch machen.

Für alle Streiche bereit

Mitte 2019 fährt der EQC vor, und weil Jaguar da schon länger den Union Jack zeigt und Audi auch bereits seit Monaten präsent sein wird, zeigt Mercedes heute auf: Achtung, nicht vergessen, wir sind eine technologische Supermacht und bereit für alle alternativantriebstechnischen Streiche, bis hin zur Brennstoffzelle.

Unter EQ-Signet folgen zügig etliche weitere SUVs und Limousinen, und damit zu Design und Technik. Die Front ziert ein mächtiger Stern, damit gleich klar ist, dass diese elektrische Zukunft unter einem guten Stern steht; erstmals ist selbiger sogar beleuchtet. Per Leuchtenband, das wird ja gerade Mode, reicht die Leuchtgrafik von links bis rechts, auch am Heck, und wenn die Silhouette dank flacherer Dachlinie ein bisschen geduckter wirkt als beim GLC, etwas mehr Coupé-Charakter trägt, ist das der Aerodynamik ebenso geschuldet wie der Unterscheidbarkeit, wenngleich das Design eh recht eigenständig ist.

Designphilosophie

"Progressiver Luxus" nennt sich die für alle EQs ausgegebene Designphilosophie. Und warum noch ein Kühlergrill? "Weil ein Mercedes ein Gesicht braucht." Ansonsten ist der EQC glatt wie ein Kiesel, der seit der Würmeiszeit im Fluss gewaschen wurde.

Gebaut wird der SUV in Bremen, dort läuft er in Bälde zusätzlich zu C- und E-Klasse vom Band. Technisches Herzstück ist natürlich die im Fahrzeugboden verbaute Batterie. Die wurde ausgiebig getestet, unter anderem mit einem Camouflage-Modell mit angedeuteter Doppelniere, um Erlkönigjäger auf falsche Fährten zu locken. Acht Jahre oder 160.000 km lang gilt die Garantie, 650 kg wiegt sie, mit 80 kWh Energieinhalt kommt sie nicht ganz auf den Jaguar-Wert (90 kWh), aber über 450 km (NEFZ) Reichweite zeigen, dass die Elektromobilität endlich richtig alltagstauglich wird.

Phänomenale Möglichkeiten

Zwei E-Motoren mit zusammen 408 PS – einer auf der Hinter-, einer auf der Vorderachse – sorgen für Vortrieb. Weil Mercedes traditionell eine hinterradgetriebene Marke ist, ist dieser Allradantrieb grundsätzlich hecklastig ausgelegt, kann aber das Drehmoment voll flexibel auf die einzelnen Räder verteilen. Eine Ansteuerung, die phänomenale Möglichkeiten beim Torque Vectoring eröffnet.

Um den kostbaren Saft optimal nutzen zu können, gibt es fünf verschiedene Rekuperationsmodi, und wenn die Batterie leer ist, es also ums Laden geht, kann man dies laut Mercedes per Wechselstrom (7,4 kW) an der Wallbox tun, dauert zehn bis elf Stunden, oder mit Gleichstrom (110 kW), was dann in 40 Minuten zu 80-prozentigem Erfolg führen soll. An der Haushaltssteckdose? Fragen Sie nicht. Da werden Sie alt. (Andreas Stockinger, 13.9.2018)