Einige Richter am Bundesverwaltungsgericht fürchteten um den Ruf des Hauses, wäre FPÖ-Kandidat Hubert Keyl tatsächlich zum Richter ernannt worden.

Foto: cremer

Hubert Keyl hat Montagfrüh seine Bewerbung als Richter für das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zurückgezogen. Der umstrittene Jurist mit blauen Wurzeln wollte mit dem Schritt offiziell seine Familie vor der medialen Berichterstattung schützen. Die inoffizielle Version ist, dass Bundespräsident Alexander Van der Bellen der Regierungsspitze zu verstehen gegeben hat, dass er der Ernennung Keyls seine Unterschrift verweigern könnte.

Keyl, der früher Referent im FPÖ-Klub war und dessen Name im rechtsextremen Kontext öfters auftaucht, war vom Gericht für eine Richterstelle vorgeschlagen worden. Als jahrelanger juristischer Mitarbeiter habe er seine fachliche Qualifikation bewiesen, hieß es. Mehr war über Keyls besondere Eignung für diese Stelle jedoch nicht zu erfahren. Dass die Auswahl der Verwaltungsrichter nicht transparent erfolgt, sorgte wiederholt für Kritik.

Frage: Wie werden Verwaltungsrichter überhaupt ausgewählt?

Antwort: Der Personalsenat in den Verwaltungsgerichten erstellt aus den in Frage kommenden Kandidaten einen Dreiervorschlag. Dieser wird im Fall des BVwG dann der Regierung übermittelt, sie wählt pro Planstelle einen Kandidaten aus, den sie Van der Bellen zur Ernennung vorlegt. Die Regierung ist an die Reihung des Senats eigentlich nicht gebunden. Im Fall Keyls hielt sie sich aber an die Rangliste, er war erstgereiht. Wie der Personalsenat entscheidet, bleibt im Dunkeln: Laut Dienstgesetz sind Beratungen und Abstimmungen des Personalsenats im Zusammenhang mit Besetzungsvorschlägen nicht öffentlich. Auch auf die Frage, inwiefern Keyl, der seit vier Jahren als Jurist im BVwG tätig ist, auf die erforderlichen fünf Jahre juristischer Berufserfahrung kommt, will man im BVwG nicht sagen. Nur so viel: Keyl habe die formalen Kriterien erfüllt.

Frage: Wer folgt nach?

Antwort: Die Regierung muss einen neuen Vorschlag vorlegen. Ob nur Keyl ausgetauscht wird oder ob ein neuer Dreiervorschlag des Personalsenats notwendig ist, werde man in den nächsten Tagen klären, sagt eine Sprecherin von Justizminister Josef Moser (ÖVP) auf STANDARD-Nachfrage.

Frage: Welche Kriterien müssen Bewerber erfüllen?

Antwort: Wer Richter am Bundesverwaltungsgericht werden will, muss kein Richter sein – das Studium der Rechtswissenschaft und eine fünfjährige juristische Tätigkeit reichen aus. Das kritisiert Franz Fiedler, ehemaliger Präsident des Rechnungshofes. "Richter ist nicht gleich Richter", ein guter Jurist müsse noch kein guter Richter sein. Er fordert daher, dass auch Verwaltungsrichter einen vierjährigen richterlichen Vorbereitungsdienst absolvieren und eine Richteramtsprüfung ablegen sollen. Auch die Prüfung der charakterlichen Eignung, wie es für ordentliche Richter gilt, sollte vor dem Senatsentscheid erfolgen.

Frage: Wie wird die charakterliche Eignung überprüft?

Antwort: Die persönliche Eignung ist sogar im Richterdienstgesetz festgeschrieben, das eigentlich auch für Verwaltungsrichter gilt. Hier ortet Clemens Jabloner, ehemaliger Präsident der Verwaltungsgerichtshofs, Versäumnisse beim Senat. Soziale Fähigkeiten sowie Kompetenzen bei Kommunikation und Konfliktlösung werden laut Gesetz vorausgesetzt. "Keyls Verachtung für den von den Nationalsozialisten hingerichteten Wehrdienstverweigerer Franz Jägerstätter hätten ihn als Richter, der über Asylbescheide entscheidet, disqualifiziert, spielt doch gerade dieser diffizile Asylgrund eine wichtige Rolle." Auch die kolportierte Prügelei vor einem Rotlichtlokal spreche nicht für die Konfliktlösungsfähigkeit eines Anwärters, so Jabloner.

Frage: Muss also der Bestellmodus geändert werden?

Antwort: "Nein", sagt Jabloner. "Viel genauer als gesetzlich vorgesehen kann es nicht geregelt sein." Seine Kritik richtet sich an den Personalsenat, der eben die Prüfung der charakterlichen Eigenschaften nicht genau befolgt habe. "Das System würde gut funktionieren, wenn es richtig gehandhabt wird." (Marie-Theres Egyed, Maria Sterkl, 17.9.2018)