Die Einsatzmöglichkeit von Wasserstoff ist breit, reicht vom Einsatz in der Industrie über Betankung von Autos bis zur Liliputbahn im Prater.

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Das hat Linz schon länger nicht mehr gesehen: Hundertschaften von Sicherheitsleuten, Einsatzfahrzeuge an neuralgischen Punkten, Polizei und Cobra auf Du und Du. Dazu jede Menge Spürhunde, die nach verstecktem Sprengstoff suchen. Es ist Gipfelzeit. Die EU-Energieminister sind der Einladung von Elisabeth Köstinger (VP), derzeitige Vorsitzende des europäischen Rats der Energieminister, zu einem informellen Treffen in die Landeshauptstadt Oberösterreichs gefolgt.

Zu besprechen gab es mehr als genug. Von einem neuen Strommarktdesign, mit dem ein Zurückdrängen von Subventionen für umweltschädliche, fossile Energien wie Öl und Kohle, aber auch von klimaneutralen, aber dafür riskanten Technologien wie Atomkraft einhergehen soll, bis hin zur Stimulierung neuer Technologien rund um Wasserstoff. Die Wahl des Austragungsortes für das Treffen der 28 Energieminister bzw. deren Vertreter sowie für eine vorgelagerte Expertenkonferenz ist nicht zufällig auf Linz gefallen.

Pilotanlage in Linz

Auf dem Betriebsgelände der Voestalpine entsteht derzeit die weltweit erste Pilotanlage zur Herstellung von Stahl mittels Wasserstoff. Und keine 40 Kilometer weiter, in Thalheim bei Wels, steht auf dem Firmengelände von Fronius eine Pilotanlage zur Gewinnung von Wasserstoff aus Sonnenenergie kurz vor der Eröffnung. Der Solh2ub kann maximal 4,35 Kilogramm Wasserstoff pro Tag erzeugen. Die Anlage ist modular erweiterbar, wird nur für interne Zwecke genützt und soll zeigen, wie mittels Elektrolyse aus Solarenergie gewonnener Wasserstoff (H2O) in Unternehmen eingesetzt werden kann – zum Auftanken einer eigenen Flotte oder zur Wiederverstromung in Zeiten eines Versorgungsengpasses.

In den Tank eines Pkws passen rund fünf Kilogramm dieser hochkonzentrierten Energieform. Martin Hackl, Leiter des Geschäftsbereichs Solar Energy bei Fronius, zeigte sich im STANDARD-Gespräch zuversichtlich, dass der Preis für "grünen" Wasserstoff, erzeugt in dezentralen Anlagen, bis 2020 auf ein ähnliches Niveau wie jener von Diesel gedrückt werden kann. Nachsatz: "Für internen Gebrauch, ohne Steuern und Gewinnmarge. Sonst sind wir noch sehr weit von der Wirtschaftlichkeit entfernt."

In Österreich kann man derzeit an fünf Standorten Wasserstoff tanken: in Wien, Innsbruck, Asten bei Linz, Graz und Wiener Neudorf, wo seit kurzem der Probebetrieb läuft. Alle fünf Stationen werden von der OMV betrieben.

Weniger klimaschädliches Kohlendioxid

Zu Ende gedacht könnte der breite Einsatz von Wasserstoff als Ersatz fossiler Energieträger dereinst zu Einsparungen von zig Millionen Tonnen an klimaschädlichem Kohlendioxid (CO2) führen. Die Stahlindustrie, die riesige Mengen an Kohle und Koks als Brennstoff und Reduktionsmittel in der Produktion einsetzt, ist allein für sechs bis sieben Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich. Sollen zur Erfüllung der Klimaziele von Paris, die eine Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf zwei Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit vorsehen, die CO2-Emissionen bis 2050 um 80 Prozent gesenkt werden, sind auch in den Produktionsprozessen weitgehendere Maßnahmen notwendig als nur der Ersatz von Kohle und Koks durch Erdgas.

Der Umstieg auf Erdgas hilft zwar, wie in der neu errichteten Direktreduktionsanlage der Voestalpine in Texas aufgezeigt, die Emissionen um ein Drittel zu senken, ist à la longue aber unzureichend.

Auch wenn nicht alle Staaten die von Österreich lancierte Wasserstoffinitiative am Dienstag unterschrieben haben – Norwegen, Slowakei und Großbritannien beispielsweise folgten der Einladung nicht -, zeigte sich Köstinger in einer Pressekonferenz zuversichtlich, noch weitere Länder dafür gewinnen zu können. In der Deklaration verpflichten sich die Unterzeichner, darunter auch das Efta-Mitglied Schweiz, stärker in Wasserstofftechnologie zu investieren.

Was die Subvention großteils alter, zum Einsatz bei Dunkelflaute betriebsbereit gehaltener Kraftwerke betrifft, zeichnet sich ebenfalls eine Neuerung ab. Energiekommissar Miguel Arias Cañete sprach davon, dass künftig nur noch Kraftwerke Geld für Reservekapazitäten bekommen sollten, die weniger als 550 Gramm CO2 je Kilowattstunde Strom emittieren.(Günther Strobl, 19.9.2018)