Linus Torvalds, als er Nvidia kritisierte, da das Unternehmen keine freien Treiber für Linux veröffentlicht.

Foto: silicon news / youtube

Sicherheitsforscher seien "verfickte Trottel", Intel würde "Scheiße verkaufen" und die Updates des Unternehmens für die Anfang des Jahres aufgedeckten Prozessorlücken seien "kompletter Müll". Aussagen wie diese sind bloß einige, über die Medien berichtet haben – doch der Linux-Erfinder Linus Torvalds greift nicht selten zu einer solchen Wortwahl, wenn er mit anderen öffentlich kommuniziert. Etwa forderte er jemanden auf "sich umzubringen", ein anderes Mal begann er seine E-Mail mit den in Caps-Lock verfassten Worten "Halt die verdammte Fresse!"

Heute nutzen Unternehmen wie Google jenen Code, den er vor mehr als 25 Jahren erschaffen hat. Torvalds blieb bis vor wenigen Tagen derjenige, der die finale Entscheidung darüber trifft, welcher Code dazugenommen wird und welcher nicht. Denn nun hat er verkündet, eine Auszeit zu nehmen und daran zu arbeiten, wie er mit Menschen umgeht. Er wolle lernen, die Emotionen von Menschen besser zu verstehen. Er leide nicht an Burnout oder dergleichen, es ginge nur darum, sich Hilfe zu holen, um sich anders zu verhalten, so der Linux-Erfinder.

Demotivierend

Der "New Yorker" erzählt in einem Bericht, dass dieser zuvor an einer Geschichte über Torvalds‘ Verhalten und seinen Einfluss auf Frauen gearbeitet habe. Sein Verhalten würde nämlich zahlreiche weibliche Programmiererinnen entmutigen, am Linux Kernel mitzuarbeiten: Nur zehn Prozent aller Linux-Entwickler seien weiblich.

In einem Interview dazu erklärte Torvalds, dass er zwar stolz auf Linux sei, nicht aber auf seine Unfähigkeit, mit anderen effektiv zu kommunizieren. "Das ist für mich ein lebenslanger Kampf. Für alle, deren Gefühle ich verletzt habe: Es tut mir sehr leid", so Torvalds. Zuvor hatte er sein Verhalten verteidigt und sogar argumentiert, dass es den Erfolg von Linux erhöhe. Kurze Zeit nach dem Gespräch kündigte er seinen Rückzug an.

Massiv investiert

Linux ist zwar ein Open-Source-Projekt, jedoch sollen 90 Prozent der Bugs, die 2017 behoben wurden, von bezahlten Programmierern beseitigt worden sein. Große Unternehmen wie Google und Intel haben längst den Wert des Projekts erkannt und greifen selbst darauf zu, weswegen es in ihrem Interesse ist, dass Linux einwandfrei läuft – daher wird massiv investiert.

Die meisten Entwickler sind männlich, weibliche Programmierer sollen laut Informatik-Professorin Megan Squire der Elon University oft als erste aufgeben, wenn sie so direkt mit Beleidigungen konfrontiert sind. "Sie fragen sich, warum sie sich auch noch mit so etwas auseinandersetzen müssen", so Squire. Sie hat die Beleidigungen in Torvalds‘ öffentlichen E-Mails der letzten vier Jahre ausgewertet. Über 1.000 von 21.000 Mails verwendeten das Wort "Scheiße", weitaus seltener wurden aber auch Worte wie "Schlampe", Bitch" und "Bastard" genutzt.

Gegenbeispiele

Ein für viele Frauen positives Beispiel dafür, wie mit dem Frauenmangel in der Entwicklercommunity umgegangen wird, zeigt das Python-Projekt. Der Erfinder der Programmiersprache, der Holländer Guido van Rossum, sieht sich selbst als Feminist und trägt T-Shirts mit Aufschriften wie "Python ist für Mädchen".

Er erklärt dem "New Yorker", dass ein Projekt oft jene anzieht, die in eine Kultur hineinpassen. Kommuniziert man also toxisch, würden eher Menschen dazukommen, die ein solches Verhalten gutheißen. Das Python-Projekt zeige, dass die Zahl weiblicher Entwickler sehr wohl auf eine solche Weise gesteigert werden könne. "Ich setze meine feministischen Ideen an einen Ort, wo ich einen Einfluss habe", so van Rossum.

Torvalds gelobt Besserung

Torvalds will jedenfalls an seinem Verhalten arbeiten. Er kündigte auch an, dass beschimpfende Kommentare künftig als unpassend gesehen werden. Beschwerden sollen künftig von der technischen Beratern der Linux Foundation entgegengenommen werden. (red, 22.9.2018)