Widerstand aus Bayern: SPD-Spitzenkandidatin Natascha Kohnen (rechts) sagt ihrer Parteichefin Andrea Nahles die Meinung.

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Eigentlich waren am Donnerstag in München ein paar schöne Wahlkampfbilder vorgesehen. Doch dann hatten SPD-Chefin Andreas Nahles und die bayerische SPD-Spitzenkandidatin Natascha Kohnen einiges zu besprechen, das mit bayerischer Landespolitik nicht unmittelbar zu tun hat: den Fall Maaßen.

Denn in der SPD hört das Rumoren nicht auf. Im Gegenteil. Immer mehr Genossen erklären, dass sie überaus frustriert über den Karrieresprung Hans-Georg Maaßens sind. Er ist, nach Aussagen, es habe im sächsischen Chemnitz keine "Hetzjagden" gegen Ausländer gegeben, zwar nicht mehr Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Doch Innenminister Horst Seehofer (CSU) will ihn – mit Zustimmung von Nahles und Kanzlerin Angela Merkel – zum Innenstaatssekretär befördern.

Causa Maaßen torpediert Bayern-Wahl

Zu den besonders Frustrierten gehört Kohnen, die auch Vizechefin der Bundes-SPD ist. Ihre Chancen bei der Bayern-Wahl am 14. Oktober sind ohnehin nicht gut. Und jetzt kommt noch die Causa Maaßen dazu. Also macht Kohnen Druck und fordert, die Beförderung Maaßens zu verhindern, was laut dem Staatsrechtler Joachim Wieland aber nicht möglich ist, da die CDU/CSU im Kabinett die Mehrheit hat.

Doch nicht nur Kohnen äußert sich kritisch. "Diese Entscheidung trage ich nicht mit – erstmals in meiner 21-jährigen Amtszeit als Abgeordneter", sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer.

"Es kommt eine empörende Meldung nach der nächsten. Es reicht. Ich habe Andrea Nahles mitgeteilt, dass ich keine Möglichkeit mehr sehe, dass wir Horst Seehofer als Regierungsmitglied weiter mittragen", meint auch der Abgeordnete Lars Castellucci. Und Jusos-Chef Kevin Kühnert fordert angesichts massiven Protests an der Basis eine gemeinsame SPD-Entscheidung über die Koalition und den Fall Maaßen.

Schwieriges Fahrwasser

"Die Vereinbarungen der Koalitionsspitzen ungehindert umzusetzen würde bedeuten, einen millionenfachen Vertrauensverlust in die Demokratie zu riskieren. Das kann nicht im Interesse der SPD sein", sagt er.

Nahles räumte bei ihrem Besuch in München ein, die gesamte große Koalition sei wegen des Streits um Maaßen in einem "wirklich schwierigen Fahrwasser" und gebe "wieder kein gutes Bild ab". Ein Koalitionsbruch aber stehe nicht zur Debatte. Es gebe bloß "einzelne Stimmen, die sich laut zu Wort gemeldet haben".

Auch CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer hat die Personallösung im Fall Maßen verteidigt. Sie erklärt in einer Rundmail an rund 425.000 Parteimitglieder: "Die SPD pochte auf die Entlassung von Herrn Maaßen. Der Bundesinnenminister bestand darauf, die Expertise von Herrn Maaßen weiter zu nutzen. Damit stand die Gefahr eines Auseinanderbrechens der Regierung konkret im Raum – mit allen dahinterstehenden Konsequenzen bis hin zu Neuwahlen. Dies erschien aus Verantwortung für unser Land nicht vertretbar."

Unmut auch in CDU

Kramp-Karrenbauer gab auch zu, dass es in der CDU ebenfalls viel Unmut gibt. Sie schreibt, nach Bekanntwerden der Maaßen-Beförderung "erreichten uns im Konrad-Adenauer-Haus bereits sehr viele kritische Mails und Anrufe unserer Mitglieder".

Laut Insa-Umfrage für die Bild-Zeitung finden nur neun Prozent Deutsche die Beförderung Maaßens zum Staatssekretär richtig. 57 Prozent meinen, Maaßen sollte weder Staatssekretär werden noch Verfassungsschutzchef bleiben. 18 Prozent finden, er sollte oberster Verfassungsschützer bleiben. (Birgit Baumann aus Berlin, 20.9.2018)