Punschkrapferl: Thomas-Bernhard-Erinnerungen aus Kuchenresten
Ursprünglich waren Punschkrapferl ein Rezept, um übriggebliebene Mehlspeisen zu verwerten – doch diese rosa Würfel sind ganz frisch gebacken
Ansichtssache
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Helga Gartner
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In unserer EssBar-Reihe zum Schwerpunkt "Ö100 – 100 Jahre Republik" bereiten wir einmal im Monat ein Rezept zu, das zu einem Jahrzehnt passt. Diesmal widmen wir uns den 1980er-Jahren.
Seit wann Punschkrapferl in Österreich gebacken und genascht werden, lässt sich nicht genau feststellen. Vor den Vorhang holte sie jedenfalls Thomas Bernhard, der konstatierte: "Die Mentalität der Österreicher ist wie ein Punschkrapfen: außen rot, innen braun und immer ein bisschen betrunken."
Nicht nur mit diesem Sager brachte Bernhard einen Teil der Österreicher gegen sich auf. Vor allem mit seinem Stück "Heldenplatz", das am 3. November 1988 im Burgtheater uraufgeführt wurde, verscherzte es sich der Dichter mit der "Kronen Zeitung" und vielen seiner Landsleute. Doch der 1989 verstorbene Bernhard hat auch ein große Fangemeinde. Sie schätzt seine preisgekrönten Texte und findet die schonungslose Kritik an den österreichischen Verhältnissen richtig. So ähnlich geht es den Österreichern auch mit den Punschkrapferln – manche mögen sie gar nicht, andere können nicht genug davon bekommen.
Früher waren die rosa Würfel eine tolle Resteverwertung. Alte Biskuitbrösel wurden mit ordentlich Rum getränkt und mit Marmelade und Schokolade zu einer Fülle verarbeitet. Bei diesen Punschkrapferln ist alles frisch gebacken, und weil auch Kinder mitnaschen, wurden Rum-Aroma und Orangensaft anstatt des obligatorischen Inländer-Rums verwendet.
Biskuit für zwei Backblech: 10 Eidotter, 40 g Staubzucker, 1 TL Vanillezucker, Prise Salz, geriebene Schale von 1/2 Zitrone, 10 Eiklar, 200 g Kristallzucker, 250 g Mehl.
Für die Fülle: 40 ml Läuterzucker, 50 g Kochschokolade, geriebene Schale von je 1 Orange und 1 Zitrone, 200 g Marillenmarmelade, 125 ml Inländer-Rum oder Orangensaft und Rum-Aroma.
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