Der roten Quereinsteigerin Pamela Rendi-Wagner wird vorgeworfen, dass ihr die "Hausmacht" fehlt. Nun muss sie zeigen, ob sie die Partei wieder aufrichten kann.

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  • Personalsuche

Was Rendi-Wagner von ihrem Vorgänger gelernt haben sollte: Ein Parteichef braucht ein loyales Team – sonst werden geheime Infos ausgeplaudert (Kerns Rücktritt), Interna geleakt (Silberstein-Affäre), unangenehme Dokumente publik (Prinzessinnen-Papier). Ihre Mannschaft stellt die rote Frontfrau derzeit zusammen. Die große Frage ist, ob sie Bundesgeschäftsführer Max Lercher und Klubchef Andreas Schieder behält. Lercher ist parteiintern beliebt. Denkbar ist eine Doppelspitze – Lercher plus jemand für die externe Kommunikation. Schieder wurde vom Klub für eine Periode gewählt. Er müsste freiwillig gehen, was derzeit unwahrscheinlich ist.

  • EU-Wahl

Einen Spitzenkandidaten für die EU-Wahl im Mai hat die SPÖ bereits. Christian Kern betont zwar, dass die Entscheidung der Parteichefin obliegt, doch er steht zur Verfügung – angeblich auch, wenn er nicht Frontmann der europäischen Sozialdemokraten wird. Dass Rendi-Wagner Kern absägt, ist unrealistisch. Er hat sie in die Partei geholt, ist ihr Unterstützer. Darüber hinaus würde ein schlechtes Abschneiden auf EU-Ebene bei einem Antritt Kerns wohl ihm zugeschrieben, sucht Rendi-Wagner einen Kandidaten, wäre es ihr Versagen. Für den Platz zwei auf der Liste hat die EU-Parlamentarierin Evelyn Regner gute Chancen.

Pamela Rendi-Wagner macht den nächsten Schritt auf dem Weg zur ersten SPÖ-Chefin. Nach der Designierung durch das Parteipräsidium wird sie der Vorstand für den Parteivorsitz nominieren.
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  • Themen finden

Entscheidend wird für Rendi-Wagner auch sein, wie schnell sie in der Lage ist, thematisch breiter zu werden. Die promovierte Medizinerin und Ex-Gesundheitsministerin gilt in ihrem Bereich als ausgewiesene Expertin – als Parteichefin muss sie jedoch Allrounderin sein. Sie sollte schnell ihre Themen finden und diese dann konsequent verfolgen, sagt der Politologe Peter Filzmaier. Im Mittelpunkt könnten die für die SPÖ wichtigen Agenden Soziales, Gesundheit, Bildung und Arbeitsplätze stehen – auch wenn diese zurzeit nicht ganz aktuell seien. Das Thema Migration kann sie natürlich auch nicht ausblenden.

  • Basis Motivieren

Die neue SPÖ-Chefin muss die Partei nun erst einmal aus der Katerstimmung holen. Von dem unerwarteten Abgang Kerns inklusive parteiinterne Intrige sind viele Rote noch leicht benommen. Rendi-Wagner kann nun gleich beweisen, ob sie die Basis motivieren kann. Immer wieder wurde und wird der Quereinsteigerin vorgeworfen, dass sie nicht in den roten Strukturen gewachsen ist und dadurch keine "Hausmacht" besitzt. Die nächsten Schlüsselwahlen für die SPÖ finden 2020 statt: Da wird in Wien, im Burgenland und in der Steiermark zur Urne gebeten. Bis dahin sollte sie sich ein bundesweites rotes Netzwerk aufbauen.

  • Flügel einen

Eine der schwierigsten Aufgaben der neuen SPÖ-Vorsitzenden wird es sein, die starken roten Landeshauptmänner einzufangen und für sich zu gewinnen. Auch wenn derzeit alle Spitzenfunktionäre ihre Freude über Rendi-Wagner als Obfrau bekunden, wurde zwischen den Zeilen deutlich, dass Machtgranden wie Wiens Bürgermeister Michael Ludwig – ein Vertreter des sogenannten rechten Flügels der SPÖ – sich die neue Chefin erst einmal anschauen wollen. Rendi-Wagner wird dem progressiven linken Flügel zugerechnet. Nun muss sie beweisen, dass sie die heterogene heimische Sozialdemokratie zusammenhalten kann.

  • Stärke zeigen

Rendi-Wagner übernimmt die Partei zu einem Zeitpunkt, an dem viele Weichen gerade gestellt wurden: Das neue Parteiprogramm, an dem die Sozialdemokraten jahrelang laboriert hatten, wurde im August beschlossen. Auch das rote Statut wurde noch unter Kern reformiert. Darüber hinaus soll auf dem nächsten Parteitag das SPÖ-Migrationspapier abgesegnet werden, das diesbezüglich die Linie vorgibt. Es wurde vom burgenländischen SPÖ-Chef Hans Peter Doskozil und dem Kärntner Peter Kaiser geschrieben. Rendi-Wagner wird Wege suchen müssen, trotzdem in Grundsatzfragen ihre Macht zu demonstrieren. (Katharina Mittelstaedt, 25.9.2018)