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Lewis Hamiltons Dank gilt Valtteri Bottas (neben Wladimir Putin), der seinen britischen Teamkollegen während des Rennens vorbeiziehen lassen musste.

Foto: REUTERS/Maxim Shemetov

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Ein Grand Prix zum Haare raufen, vor allem für Sebastian Vettel (re), der in der WM-Wertung nun bereits 50 Punkte hinter Hamilton liegt.

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Sotschi – Mit einer teaminternen Entscheidung hat Mercedes Lewis Hamilton dem 5. WM-Titel in der Formel 1 einen weiteren Schritt näher gebracht. In Runde 25 musst Pole-Mann Valtteri Bottas am Sonntag in Sotschi den WM-Leader vorbeilassen, Hamilton raste danach problemlos zum achten Saisonsieg. Fünf Rennen vor Schluss hat der Brite damit schon 50 Punkte Vorsprung auf Sebastian Vettel, der über Platz drei nicht hinauskam.

"Gentleman" Bottas

Damit ist in Russland eine weitere Vorentscheidung in der Fahrer-WM 2018 gefallen. Denn Vettel kann ab nun seinen ersten Titel mit Ferrari nicht mehr aus eigener Kraft schaffen. "Sie haben gut zusammengearbeitet vorne. Mehr als Platz drei war nicht drin", quittierte der Deutsche die Rennentscheidung schulterzuckend. "Ich kann nachvollziehen, wie schwierig das heute für Valtteri war", zeigte Hamilton schlechtes Gewissen und nannte Bottas einen "Gentleman". Der frustrierte Finne meinte mit versteinertem Gesicht: "Ich kämpfe halt nicht mehr um die WM. Es ist so, wie es ist."

Gedämpfte Freude am Podest

Bei allen drei Fahrern hielt sich deshalb auf dem Podium die Freude deutlich in Grenzen. Auch der während des Rennens eingetroffene Staatspräsident Wladimir Putin rauschte nach der Trophäen-Übergabe blitzschnell wieder ab. Dabei hatte vor allem Hamilton allen Grund zum Jubeln gehabt. Sein bereits achter Saisonsieg im 16. Rennen war gleichbedeutend mit dem 70. GP-Triumph insgesamt. Über diesen "Runden" (nur Michael Schumacher hat mit 91 mehr) hätte man sich auch mehr freuen können.

Bottas hatte den Start auf dem Sotschi-Autodrom dank beherzter Fahrweise vor Hamilton und den beiden Ferraris gewonnen und fuhr danach problemlos an der Spitze. Ausgerechnet ein Strategie-Fehler bei Mercedes löste dann die spätere unpopuläre Entscheidung aus. Denn Vettel überholte dank starker Outlap beim Boxenstopp Hamilton und warf damit ungewollt alle Überlegungen beim Weltmeisterteam über den Haufen. "Eigentlich wollten wir Valtteri vorne durchfahren lassen. Durch diesen Fehler hat Lewis aber Blasen auf dem Reifen bekommen und wir mussten im Sinne der WM reagieren", erklärte Mercedes-Teamchef Toto Wolff den angeordneten Platzwechsel.

Kurz vor Halbzeit kam der für Wingman Bottas bittere "Call". Der Finne fuhr im Infield ostentativ langsam, um Hamilton in Kurve 13 vorbei zu lassen. Danach raste der Engländer zwar hinter dem mit dem ersten Reifensatz lange führenden Geburtstagskind Max Verstappen (wurde Sonntag 21 Jahre alt) her, am Ende aber natürlich trotz zwischendurch gemeldeter Motorenprobleme zum Sieg. Der nur von Platz 19 gestartete Niederländer war als finaler Fünfter vor seinem Teamkollegen Daniel Ricciardo dennoch Fahrer des Tages, waren doch beide "Bullen" von weit hinten los gefahren.

Unpopuläre Entscheidung

"Ich weiß, es fühlt sich nicht richtig an. Aber im Sinne der WM musste man diesen Call machen", bedauerte Wolff die unpopuläre Strategie-Entscheidung. Bottas hatte deshalb schon während des Rennens herumgenörgelt und kurz vor Schluss nochmals einen Rücktausch eingefordert. "Das kann man bei sieben Punkten Unterschied nicht machen und so viele Punkte herschenken", sagte Wolff im ORF-Fernsehen. "Das versteht hoffentlich jeder, auch wenn es für die Fans schwer zunehmen ist."

Nur ein Ereignis hätte den Ausgang des Sotschi-Rennens eventuell beeinflussen können. Als Hamilton mit DRS attackierte, verteidigte Vettel mit zweifachem Linienwechsel, fast wäre es dabei zum Auffahrunfall gekommen. Die Weise, wie Hamilton kurz danach Vettel in den Schatten stellte, zeugte aber von einem klar besseren Auto. Der bis heute unerklärlichen Power-Vorsprung, den Ferrari nach der Sommerpause hatte, ist wohl endgültig dahin.

So siegte Hamilton zum bereits dritten Mal in Sotschi, wo Mercedes weiterhin ungeschlagen ist. Weiter geht es am 7. Oktober in Japan (Suzuka). Bei noch fünf ausstehenden Rennen könnte Vettel selbst bei fünf Siegen maximal 35 Punkte aufholen, wenn Hamilton jeweils Zweiter wird. Rechnerisch kann die WM aus Vettels Sicht schon beim übernächsten Rennen in den USA endgültig verloren sein. (APA, 30.10.2018)

Formel-1-Grand-Prix von Russland in Sotschi:

1. Lewis Hamilton (GBR) Mercedes 01:27:25,181 Durchschnittsgeschwindigkeit: 213,617 km/h
2. Valtteri Bottas (FIN) Mercedes +02,545
3. Sebastian Vettel (GER) Ferrari +07,487
4. Kimi Räikkönen (FIN) Ferrari +16,543
5. Max Verstappen (NED) Red Bull +31,016
6. Daniel Ricciardo (AUS) Red Bull +01:20,451
7. Charles Leclerc (MON) Sauber +01:38,390
8. Kevin Magnussen (DEN) Haas +1 Runde
9. Esteban Ocon (FRA) Racing Point Force India +1 Runde
10. Sergio Perez (MEX) Racing Point Force India +1 Runde
11. Romain Grosjean (FRA) Haas +1 Runde
12. Nico Hülkenberg (GER) Renault +1 Runde
13. Marcus Ericsson (SWE) Sauber +1 Runde
14. Fernando Alonso (ESP) McLaren +1 Runde
15. Lance Stroll (CAN) Williams +1 Runde
16. Stoffel Vandoorne (BEL) McLaren +2 Runden
17. Carlos Sainz jr. (ESP) Renault +2 Runden
18. Sergej Sirotkin (RUS) Williams +2 Runden

Ausgeschieden:
Pierre Gasly (FRA) Toro Rosso, Brendon Hartley (NZL) Toro Rosso

Schnellste Runde:
Valtteri Bottas (FIN) Mercedes 1:35,861 Min. (50. Runde, Schnitt: 219,620 km/h)

WM-Stand (nach 16 von 21 Rennen)

1. Lewis Hamilton (GBR) Mercedes 306
2. Sebastian Vettel (GER) Ferrari 256
3. Valtteri Bottas (FIN) Mercedes 189
4. Kimi Räikkönen (FIN) Ferrari 186
5. Max Verstappen (NED) Red Bull 158
6. Daniel Ricciardo (AUS) Red Bull 134
7. Kevin Magnussen (DEN) Haas 53
8. Nico Hülkenberg (GER) Renault 53
9. Fernando Alonso (ESP) McLaren 50
10. Sergio Perez (MEX) Racing Point Force India 47
11. Esteban Ocon (FRA) Racing Point Force India 47
12. Carlos Sainz jr. (ESP) Renault 38
13. Pierre Gasly (FRA) Toro Rosso 28
14. Romain Grosjean (FRA) Haas 27
15. Charles Leclerc (MON) Sauber 21
16. Stoffel Vandoorne (BEL) McLaren 8
17. Lance Stroll (CAN) Williams 6
18. Marcus Ericsson (SWE) Sauber 6
19. Brendon Hartley (NZL) Toro Rosso 2
20. Sergej Sirotkin (RUS) Williams 1

Konstrukteurs-Wertung

1. Mercedes 495
2. Ferrari 442
3. Red Bull 292
4. Renault 91
5. Haas 80
6. McLaren 58
7. Racing Point Force India 35
8. Toro Rosso 30
9. Sauber 27
10. Williams 7