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Trümmerfrauen in der Wagonfabrik Simmering: Historikerinnen warnen davor, daraus eine Heldengeschichte zu machen.

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Wien – Wien bekommt ein neues Denkmal. Damit will das FPÖ-nahe Cajetan-Felder-Institut die sogenannten Trümmerfrauen ehren, die die nach dem Zweiten Weltkrieg zerbombten Städte aufopfernd wieder mit Schaufeln vom Schutt befreiten. So lautet zumindest die freiheitliche Erzählart. Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ist als Festredner bei der feierlichen Enthüllung am Montag bei der Mölker Bastei im ersten Bezirk angekündigt.

Die Stadt Wien bleibt der Enthüllung wohl fern, lehnt sie dieses Denkmal doch seit Jahren ab. Es werde "nicht in Obhut genommen", heißt es aus dem Büro von Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler, und man weist darauf hin, dass das Denkmal auf einer Privatfläche stehe. Ein solches Denkmal widerspreche einem "differenzierten, historischen Blick", so die Begründung.

"Was war die großartige Leistung?"

Dass es kein Denkmal für die Trümmerfrauen braucht, sagen auch die vom STANDARD befragten Historikerinnen. "Was war denn die großartige Leistung? Den Schutt zu beseitigen?", fragt sich die ehemalige Leiterin des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands, Brigitte Bailer. Das sei eine populistische Show. Die FPÖ wolle nur zeigen, dass "sie für die kaum noch lebende Kriegsgeneration und deren Nachfolgegeneration etwas macht". Das Denkmal transportiere das stille Einverständnis, dass nicht alles schlecht war.

Auch Ela Hornung-Ichikawa, Zeithistorikerin und Psychoanalytikerin, fragt sich, wer da geehrt werde: "Ja, es gibt die Fotos von den Frauen, die auf den Trümmern stehen und harte Männerarbeit verrichten. Darunter waren Frauen, die freiwillig aus der Not mitgeholfen haben. Es gab aber auch die anderen, nämlich Nationalsozialistinnen, die von Gesetz her dazu gezwungen wurden, Aufräumungsarbeiten zu verrichten."

Deutlicher wird Eva Blimlinger, Rektorin der Akademie der bildenden Künste: "Unter den Trümmerfrauen waren viele, die mitverantwortlich waren, dass es die Trümmer gab." Diese Menschen seien "nicht wie Phönix aus der Asche entsprungen und hatten so gar nichts mit dem System davor zu tun". Blimlinger: "Letztlich ehre ich so auch Frauen, die Täterinnen, Mitläuferinnen waren."

Natürlich hätten Frauen während und nach dem Krieg die Plätze von Männern einnehmen müssen, sagt Blimlinger. Anders als in Deutschland sei das in Österreich eine kurze Phase gewesen, denn "hierzulande gab es wenige Spätheimkehrer". Nach Kriegsende seien 61 Prozent der Einwohner Wiens Frauen, 39 Prozent Männer gewesen, nennt Hornung-Ichikawa Zahlen. Frauen hätten "die Überlebensarbeit gemacht" – dabei ging es mehr um den Schwarzmarkt und um Tauschhandel. Braucht es ein Denkmal? "In diesem politischen Kontext halte ich das für schwierig. Man kann das nicht einfach so aus der Geschichte herausziehen." (Peter Mayr, 1.10.2018)