Jubel für die neue SPÖ-Vorsitzende beim niederösterreichischen Landesparteitag: "Paaaaaaaaaaaaaaaaaam!"

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Die SPÖ erinnert den Sozial- und Politikwissenschafter und ehemaligen SPÖ-Spitzenkandidaten des Bezirks Mattersburg im Burgenland Roland Fürst an das Märchen "Des Kaisers neue Kleider". Die Euphorie über die jüngsten personellen Wechsel in der SPÖ sei "selbst unter den Wohlwollenden enden wollend, und ein ganz großer Teil in der SPÖ schüttelt den Kopf über diese Vorgänge", so Fürst, "aber niemand getraut sich wirklich zu benennen, was Sache ist: 'Der Kaiser ist nackt, er ist nackt.'" Ein Auszug aus Leser- und Userstimmen.

Selbstzerstörungs-Gen

Leser Hermann Spielhofer schreibt etwa:

Roland Fürst sieht in seinem Kommentar der anderen die SPÖ spätestens seit dem Rücktritt von Christian Kern "nackt" wie im Märchen "Des Kaisers neue Kleider" von Andersen und er kritisiert auch gleich die Personalentscheidungen der neuen SPÖ-Vorsitzenden Pamela Rendi-Wagner. Nun ist es für jede Organisation und insbesondere für politische Parteien wichtig, dass es Räume gibt für eine offene und auch kritische Diskussion. Diese sollte aber vor allem intern geführt werden und nicht über die Medien, außer es will sich jemand persönlich profilieren. So stellt sich für Lisa Nimmervoll in derselben Ausgabe des STANDARD die Frage, wogegen Teile der SPÖ opponieren sollen, gegen die eigene Partei oder doch gegen die Regierung. Manchmal kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Funktionäre der SPÖ so etwas wie ein Selbstzerstörungs-Gen besitzen. Jedenfalls könnten sie einiges von der türkis-blauen Regierung lernen, was Message-Control anbelangt.

Geschmacklos

Hans Döller hingegen kritisiert, wie auch viele Poster im Forum, die Karikatur, mit der der Text bebildert wurde:

Ich finde die "Zeichnung" zu dem Artikel schlicht geschmacklos. Auf ein solches Niveau sollte sich diese Zeitung nicht begeben.

Dabei passt sie in unseren Augen eigentlich recht gut zum Text. Zur Erinnerung: Im Märchen lässt sich ein Kaiser – Hans Christian Andersen erzählt es mit einem Kaiser, es könnte aber auch eine Kaiserin sein – von zwei Betrügern neue Gewänder weben, die nur von Personen gesehen werden können, die für ihr Amt taugen und die nicht "unverzeihlich dumm" seien. Aus Eitelkeit und Unsicherheit erwähnt er selbst nicht, dass auch er die neuen Kleider nicht sehen kann. Und auch sein Hofstaat schweigt. Der Schwindel fliegt erst bei einem Festzug auf, als ein Kind sagt: "Aber er hat ja gar nichts an!" Was der Kaiser ignoriert: "Nun muss ich aushalten."

Erpressbare SPÖ

Poster "athos" gibt Fürst im Forum "zum überwiegenden Teil recht", teilt aber nicht dessen Ansicht zur Rolle der SPÖ in den letzten Regierungen:

Ja, es war ein großer Fehler, jede Koalition mit der FPÖ auszuschließen und sich damit erpressbar zu machen. Und für viele Wähler hat das wie ein Versagen gewirkt. Man muss ihr allerdings zugutehalten, dass sie in dieser Rolle nicht die gewünschten Verbesserungen für die Arbeitnehmer erreichen konnte, aber die heutigen Verschlechterungen (Arbeitsrecht, Sozialrecht, Gesundheitswesen, Pressefreiheit) nicht passieren hätten können.

Radikaler Wechsel

Für Poster "ichweißgarnichts" liegen "die Dinge an sich ja auch wirklich sehr klar auf dem Tisch":

Es ist wirklich verblüffend, wie es viele Journalisten, aber auch Poster schaffen, sich die Dinge schönzureden. Jeder, der nicht immer jubelt, wird sofort als rechts diffamiert, alle offensichtlichen internen Schwächen werden gar nicht gesehen, sondern immer nur über den politischen Gegner geschimpft. Mit dieser Vogelstraußtaktik wird sich wiederholen, was bei den Grünen geschah. Österreich braucht eine starke Sozialdemokratie. Aber um diese wieder zu bekommen, benötigt es einen radikalen Wechsel, um die verkrusteten Strukturen aufzubrechen und wieder einen Schlag von Idealisten mit Herz am rechten Fleck nach vorne bringen zu können.

Eine Arbeiterpartei?

Für Poster "Quintinus" muss die SPÖ jetzt nach vorne schauen:

Die SPÖ war eine wichtige Arbeiterbewegung. Arbeiter sind aber selten geworden, die Gesellschaft hat sich langsam verändert, und die SPÖ soll noch immer eine Arbeiterpartei sein? Diese gesellschaftliche Veränderung bedingt auch eine Änderung der Parteiausrichtung in der SPÖ. Es ist besser, nach vorne zu schauen, als ständig das Gesichtsfeld nach hinten zu fokussieren. Damit wäre die SPÖ sonst die dritte konservative Partei in diesem Land. (2.10.2018)