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Barham Salih ist neuer irakischer Staatspräsident.

Foto: REUTERS/Ako Rasheed

Bagdad – Das irakische Parlament hat am Dienstagabend Barham Salih zum neuen Staatspräsidenten gewählt. Der 58-jährige Kurde war von der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) aufgestellt worden und schlug Fuad Hussein, den Kandidaten der KDP von Massud Barzani. Letzte Versuche der Kurden, sich auf einen gemeinsamen Kandidaten zu einigen, waren zuvor fehlgeschlagen.

Die Parlamentssitzung zur Wahl des Präsidenten in Bagdad war von chaotischen Zuständen begleitet. Teilweise war das nötige Quorum für die Abstimmung nicht vorhanden. Als dann doch gewählt wurde und sich nach der ersten Runde die Niederlage Fuad Husseins abzeichnete, beeinspruchte die KDP (Kurdische Demokratische Partei) das Wahlprozedere und zog ihren Kandidaten zurück. Das wurde jedoch wiederum von Parlamentspräsident Mohammed al-Halbusi zurückgewiesen, der die Abstimmung fortsetzen ließ. Die KDP zog daraufhin aus dem Parlament aus. In der zweiten Wahlrunde ist keine Zweidrittelmehrheit nötig. Salih bekam 219 Stimmen, Hussein nur noch 22. Mehrere andere kurdische Kandidaten gaben vorzeitig auf.

Barham Salih, der irakischer Vizepremier (2006 bis 2009) und kurdischer Premier (2009 bis 2012) war, ist der dritte irakische Präsident, der aus der PUK kommt. Vor ihm war das ab 2005 der charismatische Jalal Talabani, der 2012 einen Schlaganfall erlitt, und ab 2014 Fuad Massum.

Anspruch Barzanis

Dass die PUK den irakischen Präsidenten stellte, wurde als Ausgleich dafür gesehen, dass sich die Präsidentschaft der autonomen kurdischen Region im Nordirak fest in Händen von Massud Barzani befand. Nach dem Unabhängigkeitsreferendum vom September 2017, das Bagdad mit voller Härte beantwortete, trat Barzani vergangenen November zurück. Deshalb fühlte sich die KDP im Recht, die Präsidentschaft in Bagdad anzustreben.

Barham Salih selbst ist deshalb nicht unumstritten, weil er 2017 die PUK verließ, um seine eigene Partei, die CDJ (Koalition für Demokratie und Gerechtigkeit) zu gründen, mit der er bei den irakischen Parlamentswahlen im Mai antrat – und erfolglos blieb. Erst am 19. September kehrte Salih der CDJ wieder den Rücken und trat erneut der PUK bei, die ihn als Kandidaten aufstellte.

Der neue Präsident hätte zwei Wochen Zeit, einen Premier zu designieren, tat dies jedoch noch am Abend nach seiner Wahl. Mit der Regierungsbildung beauftragt wurde Adel Abdel Mahdi. Der Schiit hatte seit dem Sturz Saddam Husseins etliche Positionen inne, unter anderem war er Vizepräsident unter Jalal Talabani.

Vor Talabani gab es übrigens auch einen sunnitischen Staatspräsidenten nach Saddam, Ghazi al-Yawar, der allerdings ernannt, nicht gewählt wurde. Die konfessionell/ethnische Verteilung der Spitzenposten, wie sie jetzt üblich ist – Premier Schiit, Parlamentspräsident Sunnit und Staatspräsident Kurde – ist nicht in der irakischen Verfassung festgeschrieben. (Gudrun Harrer, 2.10.2018)