Die britische Premierministerin hat ihre konservative Partei zur Geschlossenheit aufgerufen.

Foto: imago/ZUMA Press

London – Die britische Premierministerin Theresa May möchte den Ausstieg aus der Europäischen Union so schnell wie möglich über die Bühne bringen – vor allem weil der Widerstand in den Reihen der Tories immer größer wird. May und ihr Team wollen die finale Ausstiegserklärung innerhalb von zwei Wochen nach der Trennung von Brüssel unterzeichnen, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet. Diesem Zeitplan zufolge würde das britische Parlament Anfang Dezember über den Brexit entscheiden, heißt es bei Insidern. Mays Büro äußerte sich dazu nicht.

Der Versuch, den Brexit schneller durch das House of Commons zu bekommen, birgt ein gewisses Konfliktpotenzial. May könnte vorgeworfen werden, sie wolle Juristen die Möglichkeit nehmen, den Ausstiegsvertrag genau zu prüfen. Was für sie dabei herausschaut: Sie schmälert die Chancen ihrer Gegner, den Brexit, so wie sie ihn sich vorstellt, zu blockieren.

Rund ein halbes Jahr vor dem geplanten Austritt Ende März steht May somit sowohl in ihrer Partei als auch in der EU unter Druck. Ihr Ziel ist es, eine Freihandelszone mit der EU für Waren durchzusetzen, nicht aber für Dienstleistungen und den freien Personenverkehr. Ein Teil der gemeinsamen Regeln soll aufrechterhalten werden. Das lehnen die EU-Partner, aber auch Teile ihrer eigenen Partei ab. Bei einem ungeregelten Brexit werden große politische und wirtschaftliche Verwerfungen befürchtet.

Lob von EU und Irland

Unterstützung bekommt May aus Irland. Der Chefverhandler der EU, Michael Barnier, hat die Idee der Freihandelszone zwar zurückgewiesen, doch in Dublin steht man offenbar hinter dem Vorschlag. "Die Freihandelszone könnte die Lösung für die Streitigkeiten rund um die britisch-irische Grenze nach dem Brexit sein. Ob die EU zustimmt oder nicht, ist ein anderes Thema", sagt eine hoher irischer Offizieller, wie die "Financial Times" berichtet.

Der Nachrichtenagentur Reuters zufolge gibt es jedoch auch in der EU Stimmen, die Mays Idee begrüßen und als "Schritt in die richtige Richtung" bezeichnen. Namentliche Nennungen, wer zu diesen Unterstützern zählt, gab es allerdings keine.

Brexit-Umkehr?

Schottland dringt auf ein rasche richterliche Klärung der Frage, ob Großbritannien grundsätzlich auch ohne Zustimmung der anderen EU-Mitglieder den beantragten Austritt aus der Staatengemeinschaft rückgängig machen könnte. Das höchste Gericht Schottlands bat den Europäischen Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag hierzu um eine Vorabentscheidung. Die Schotten hatten beim Brexit-Referendum im Juni 2016 klar für einen Verbleib in der EU gestimmt.

Parteiinterne Kritik

Nach der Fundamentalkritik ihres parteiinternen Rivalen Boris Johnson hatte die Premierministerin am Mittwoch ihre Pläne verteidigt und die konservative Partei zur Geschlossenheit aufgerufen. "Die Verhandlungen gehen nun in ihre schwierigste Phase", sagte May am Mittwoch in ihrer Rede beim Parteitag der Tories in Birmingham. "Wenn wir zusammenhalten und die Nerven behalten, können wir ein zufriedenstellendes Abkommen für Großbritannien erreichen." Großbritannien stehe nach dem EU-Austritt eine rosige Zukunft bevor. May kam übrigens tänzelnd zu dem Abba-Song "Dancing Queen" auf die Bühne.

(red, Bloomberg, 4.10.2018)