Die Kölner Art-Invest Real Estate übernahm im April für einen Wohnungsspezialfonds eines institutionellen Investors fünf der zehn Bauteile des Projekts "Das Ensemble" im dritten Wiener Gemeindebezirk.

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Österreichische Immobilien werden für internationale Investoren immer interessanter. Den Grund dafür sehen Experten nicht nur in Vorzügen wie Rechtssicherheit und wirtschaftlicher Stabilität, sondern auch in Österreichs geografischer Nähe zu Deutschland, das bei Investoren schon lange hoch im Kurs steht. "Österreich ist aktuell das bessere Deutschland", sagte Franz Pöltl, Investmentchef bei EHL Immobilien, vor wenigen Tagen bei einer Pressekonferenz.

Die internationale Investorencommunity würde zwar nach wie vor als Erstes nach Deutschland schielen. Dort würden sich viele aber mit einem Mangel an passenden Produkten und stark gestiegenen Preisen konfrontiert sehen – und dann doch lieber nach Österreich ausweichen, wo die Preise noch etwas niedriger und die Renditen daher ein wenig höher sind. Zudem sei Wien die zweitgrößte deutschsprachige Stadt, es wachse stark, und es gebe keinen überhitzten Mietermarkt, so Pöltl.

Fehlendes Angebot

Das gefällt Investoren: 2,3 Milliarden Euro wurden im ersten Halbjahr 2018 laut Zahlen des Immobiliendienstleisters CBRE in Immobilien in Österreich investiert. Das ist zwar ein etwas geringeres Volumen als im Vergleichszeitraum 2017, in dem der Wert noch bei 2,5 Milliarden Euro lag. Bei CBRE führt man das aber keineswegs auf fehlendes Interesse, sondern auf fehlendes Angebot an Core-Immobilien in der Assetklasse Büro zurück.

Auch wenn ausländische Investoren ihre Fühler nach Österreich ausstrecken: Mit 52 Prozent Investmentanteil waren die Österreicher auch im ersten Halbjahr 2018 bei weitem am aktivsten. Dahinter folgten mit 39 Prozent Deutsche, primär handelt es sich bei ihnen um institutionelle Investoren.

Wohnen ist begehrt

Franz Pöltl von EHL Immobilien beobachtet, dass sich deutsche institutionelle Investoren in den letzten zwölf Monaten auf die Assetklasse Wohnen fokussiert haben. Denn Trends wie die demografische Entwicklung und die Urbanisierung würden für die Assetklasse sprechen. Zudem sei derzeit die Pipeline an Neubauprojekten noch gut gefüllt.

Deutsche Käufer hätten zuletzt ihre Strategie angepasst: Sie würden nun auch Objekte mit mittleren Größen zwischen 20 und 50 Millionen Euro kaufen – und bei vorliegender Baugenehmigung und Einreichplanung auch vom Plan weg zuschlagen.

Pöltl wies auch darauf hin, dass es neuerdings sogar möglich ist, Projekte zu verkaufen, bevor überhaupt die Baugenehmigung vorliegt. Im Sonnwendviertel beim Wiener Hauptbahnhof kam das kürzlich vor.

Auch Landeshauptstädte interessant

Deutsche Investoren sind laut Pöltl zudem auch außerhalb Wiens in den Landeshauptstädten auf der Suche nach Objekten. "Zum Teil werden so lokale Investoren verdrängt", so Pöltl, der darin aber keine negative Entwicklung sieht. "Letztlich muss es egal sein, ob eine deutsche oder österreichische Versicherung oder Pensionskasse das Haus kauft."

Die deutschen Käufer interessieren sich meist aber nur für Neubauprojekte – und beispielsweise nicht für die bei österreichischen Anlegern beliebten Zinshäuser, deren Mieten gedeckelt sind.

Der bis dato größte Deal ging im heurigen Frühjahr über die Bühne: Wie im April bekannt wurde, kaufte die Kölner Art-Invest Real Estate für einen Wohnungsspezialfonds eines institutionellen Investors fünf der zehn Bauteile des Projekts "Das Ensemble" im dritten Wiener Gemeindebezirk.

Mehr Büroflächen

Aber auch Gewerbeimmobilien sind begehrt: Von den 25 größten Immobilientransaktionen (ab 70 Millionen Euro) der letzten eineinhalb Jahre gingen 16 an internationale Investoren. Bei den beiden größten Deals der jüngeren Vergangenheit – den Verkäufen des Austria Campus und des Büroturms The Icon, beide gehörten der Signa – schlugen ebenfalls Deutsche zu. Der Austria Campus ging an PGIM Real Estate, The Icon an die Allianz.

Auch Koreaner und Südafrikaner sind am Wiener Markt unterwegs. "Das sind keine Spekulanten", betont Pöltl. "Diese Investoren haben langfristig Interesse."

Allerdings gilt für viele Interessenten aus dem Ausland: "Je größer der Abstand zum Standort des Investors ist, umso größer müssen die Volumina sein", so Pöltl – und Objekte, die einen dreistelligen Millionenbetrag lukrieren, gibt es in Wien derzeit nicht viele.

Viele Forward Deals

Am Büroimmobilienmarkt sind die meisten verfügbaren Objekte schon im Rahmen von Forward Deals veräußert worden. Verfügbare Objekte hätten oft noch nicht den von Investoren verlangten Vermietungsgrad, berichtete EHL-Büroexperte Stefan Wernhart.

International liegen auch Logistikimmobilien bei Investoren hoch im Kurs – dem boomenden Onlinehandel sei Dank. In Österreich sei dieser Markt aber noch unterentwickelt, so Pöltl. In diesem Bereich werde sich aber in den nächsten Jahren auch in Österreich viel tun, ist er überzeugt.

Zwar werden auch bei der in den nächsten Tagen stattfindenden Expo Real in München Deals abgeschlossen werden. Für das heurige Jahr rechnet man trotzdem weder bei EHL Immobilien noch beim Konkurrenten CBRE damit, dass das Investmentvolumen des Vorjahres von 4,1 Milliarden Euro erreicht werden wird. (Franziska Zoidl, 6.10.2018)