Zeitweise ist saubere Luft in Ballungsräumen in Österreich schon Mangelware. Die EU hat die Alpenrepublik deshalb bereits im Visier.

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Die Luftgüte in Österreich ist kein Anlass dafür, in der Dieseldebatte abzuwarten. An zwölf Messstellen wurden 2017 die Grenzwerte für Stickstoffdioxid gemäß EU-Luftqualitätsrichtlinie von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m3 als Jahresmittelwert) überschritten. Das geht aus dem noch nicht veröffentlichten Luftgütebericht des Umweltbundesamts (UBA) hervor.

An 27 NO2-Messpunkten wurden von Bundes- und Landesbehörden Überschreitungen des Grenzwertes für den Jahresmittelwert (30 µg/m3) festgestellt. Zu den mit giftigen Abgasen belasteten Hotspots gehören stets die gleichen Orte. Vomp an der Inntalautobahn (A13) ist mit 53,6 µg/m3 negativer Spitzenreiter: Hier werden neben dem Jahresmittelwert regelmäßig auch der Halbstundenmittelwert (200 µg/m3) sowie der Jahresmittelwert (30 µg/m3) samt Toleranzmarge (5 µg/m3) deutlich überschritten. Selbiges gilt für Linz-Römerberg (an der B139), die Bärenkreuzung in Feldkirch und Lustenau (Zollamt).

Verkehrsbelastung

Als Hauptursache für die Stickstoffdioxid-Überschreitungen gemäß Immissionsschutzgesetz-Luft machen die für die Messungen zuständigen Ämter der Landesregierungen sowie das Umweltbundesamt den Verkehr aus: "Betroffen sind vor allem verkehrsbelastete Straßen in dichtverbauten Stadtgebieten" in Wien, den Landeshauptstädten Linz, Salzburg, Graz und Innsbruck, heißt es im Bericht, der dem STANDARD in Auszügen vorliegt.

Im Gegensatz zur Feinstaubbelastung, die durch Inversionswetterlage oder Saharastaub verstärkt wird, bringt der sogenannte Fernverfrachtungseffekt, also Wind, bei Stickstoffdioxid kaum Abhilfe. "Es ist eindeutig der Verkehr", sagt eine mit der Materie vertraute Person im Umweltministerium.

Nicht minder neuralgische Punkte sind die Wiener Westeinfahrt (Hietzinger Kai), der Rudolfsplatz in Salzburg, Hallein (bei der A9-Tauernautobahn), Graz, Klagenfurt (Nordumfahrung A2) sowie das ebenfalls an der Inntalautobahn gelegene Gärberbach. Ihnen allen gemeinsam ist: Sie überschreiten – im Gegensatz zu Linz, Feldkirch und Lustenau – die Halbstundenmittelwerte nicht oder nicht oft genug.

Keine negativen Ausreißer

Dass es sich bei den Vorjahreswerten nicht um negative Ausreißer handelt, zeigt die Zeitreihe seit 2010: In Enns, Linz, Hallein, Salzburg, Graz, Gärberbach, Feldkirch, Lustenau, Hietzinger Kai, Kundl und Vomp (beide an der A12) wird notorisch überschritten, was an Grenzwerten erlaubt ist. Der Achtjahresvergleich der Entwicklung bei der Klagenfurter Nordumfahrung, St. Pölten (Europaplatz), Hall in Tirol, Imst (A12), Innsbruck, Höchst in Vorarlberg und der Wiener Südosttangente hingegen signalisiert Besserung.

Was Umweltministerium und Regierung zur Verbesserung der Luftgüte zu unternehmen gedenken, war am Dienstag nicht in Erfahrung zu bringen. Klar ist nur: Die EU-Kommission hat Wien im April zu einer Stellungnahme aufgefordert und damit den ersten Schritt eines Vertragsverletzungsverfahrens gesetzt. Überzeugen die Argumente von Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) nicht, kommt eine mit Gründen versehene Stellungnahme aus Brüssel – der letzte Schritt, bevor der Gerichtshof der Europäischen Union mit der Sache befasst wird. (ung, 10.10.2018)