Die Regierung will die Grenzkontrollen verlängern.

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Wien – Die Regierung macht die Verlängerung der Grenzkontrollen zu Ungarn und Slowenien nun offiziell. In einem Schreiben an EU-Kommission, Rat und Parlament kündigt Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) an, die bis 11. November befristeten Kontrollen um ein weiteres halbes Jahr zu verlängern – also bis Mai 2019. Während der EU-Ratspräsidentschaft behält man sich auch Kontrollen an anderen Grenzen vor.

"Aufgrund nach wie vor zu hoher Zahlen von Aufgriffen illegal eingereister bzw. aufhältiger Personen und von Asylansuchen im Bundesgebiet kommt die österreichische Bundesregierung zu dem Schluss, dass die Lage nicht ausreichend stabil ist. Aus diesem Grunde hat Österreich entschieden, Binnengrenzkontrollen zu Slowenien und Ungarn nach dem 11. November 2018 durchzuführen", heißt es in dem Schreiben, das am Donnerstag nach Brüssel und an die Schengen-Partner übermittelt wird.

Keine Zahlen über Aufgriffe

Konkrete Zahlen über Aufgriffe oder Asylanträge, die das belegen würden, nennt das Schreiben nicht. Tatsächlich ist die Zahl der Asylanträge in Österreich zuletzt stark zurückgegangen: Von Jänner bis August gab es 9.337 Anträge – nur halb so viele wie in den ersten acht Monaten 2017. Eingeführt wurden die Grenzkontrollen 2015, als es in Österreich von Jänner bis August noch 46.144 Asylanträge gab – also fünfmal so viele wie heuer.

Allerdings argumentiert Kickl in dem Schreiben, mit den Grenzkontrollen einer Situation wie 2015 vorbeugen zu wollen. Denn allein in Bosnien-Herzegowina habe man in den letzten neun Monaten über 10.000 irreguläre Migranten registriert. Und der steigende Zustrom von Migranten aus der Türkei nach Griechenland lasse zunehmenden Druck über die "östliche Mittelmeerroute" erwarten. Außerdem gebe es nach wie vor eine "latente Bedrohung durch Terrorismus" in der gesamten EU.

Appell des EU-Kommissars

EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos hatte im September an die Mitgliedsstaaten appelliert, die Grenzkontrollen möglichst bald wieder abzuschaffen und zur normalen Funktionsweise des Schengen-Systems zurückzukehren. Allerdings hat auch Frankreich vergangene Woche die Verlängerung seiner Grenzkontrollen bis April angekündigt. In Österreich wird sich der Nationalrat kommende Woche mit der Verlängerung der Kontrollen befassen: Die Neos werfen der Regierung Populismus vor und haben eine Sondersitzung einberufen, die am 19. Oktober stattfinden wird.

Noch kein Antrag aus Österreich

Die EU-Kommission hat bisher noch keinen Antrag Österreichs auf Verlängerung auslaufenden Grenzkontrollen erhalten. Eine Sprecherin erklärte am Donnerstag, bisher gebe es nur die Ankündigung Frankreichs auf Ausdehnung der Kontrollen um weitere sechs Monate.

Die Kommission betonte gleichzeitig, dass nach Eintreffen eines Ansuchens um Verlängerung von Grenzkontrollen gemäß Artikel 25 des Schengen-Vertrags die Überwachung ständig erfolge und Brüssel jederzeit entscheiden könne, eine negative Stellungnahme abzugeben. Dann würde ein entsprechender Konsultationsprozess mit dem betroffenen Mitgliedsland erfolgen. Eine Art "grünes Licht" wird von der Kommission nicht erteilt. Das bedeutet, dass ein Stillschweigen der Brüsseler Behörde dem Land zumindest keine Probleme bei der Verlängerung der Grenzkontrollen macht.

Rückschritt für Europa

Generell sei die EU-Kommission aber bestrebt, die internen Grenzkontrollen innerhalb des Schengen-Systems auslaufen zu lassen. Andernfalls handle es sich um einen Rückschritt für Europa. Die Kommission trete dafür ein, statt Grenzkontrollen notfalls andere alternative Maßnahmen zu erlassen wie beispielsweise Polizeiüberprüfungen sowie eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen betroffenen Schengen-Staaten.

Jedenfalls stehe man mit allen sechs Schengen-Ländern, die Grenzkontrollen haben, in ständigem Kontakt, so die Sprecherin. Bei den sechs Staaten handelt es sich neben Österreich und Frankreich noch um drei weitere EU-Länder (Deutschland, Dänemark und Schweden) sowie das Nicht-EU-Land Norwegen. Im Schengenraum, dem 22 EU-Staaten angehören, gibt es in der Regel keine stationären Personenkontrollen an den Grenzen. Mit der Flüchtlingskrise ab 2015 sind aber nach und nach interne Grenzkontrollen wieder eingeführt worden. Die Staaten begründeten dies mit Sicherheitsproblemen, die aus der Flüchtlingskrise resultieren. Frankreich hat außerdem bei seinem Antrag auf Verlängerung bis April 2019 auf die Terrorgefahr verwiesen. (APA, 11.10.2018)