Von außen sieht man gar nicht, wie innovativ dieser GLC ist. Der Plug-in-Hybrid kombiniert Akkus für 51 Kilometer Reichweite mit Brennstoffzelle.

Foto: Daimler

4,4 Kilogramm Wasserstoff passen in den GLC F-Cell, mit der Ladung der Akkus reicht das für 478 Kilometer.

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Auf der Berliner Automobilausstellung 1936 stellte Mercedes-Benz mit dem W 138 260 D den ersten Diesel-Pkw vor. Nur der Vollständigkeit halber, nein, wir haben nicht vergessen, dass ebendort auch Hanomag den Diesel-Rekord präsentierte. Aber darum geht es jetzt nicht. Es geht darum, dass der Hersteller seit 1886 permanent Automobilgeschichte schrieb. Und jetzt bringen sie ab Ende Oktober einen Plug-in-Hybrid mit 51 Kilometer Akkureichweite.

So weit, so gut. Das Spannende ist aber, dass kein Benziner, kein Diesel, sondern eine Brennstoffzelle im GLC F-Cell für die große Reichweite sorgt. Insgesamt hat der 155 kW starke Wagen – das sind in Zündkerzen umgerechnete 208 PS – eine Normreichweite von 478 Kilometern. Doch jetzt, wo der Höhepunkt angerissen ist, schauen wir uns den aktuellen Elektrifizierungsplan von Mercedes-Benz einmal der Reihe nach an.

Gesamtelektrifizierung

Der Zeitplan steht: Bis 2022 will Daimler sein gesamtes Mercedes-Portfolio elektrifizieren. Dabei übernimmt Smart sogar eine Vorreiterrolle. Nachdem die Marke in den USA, Kanada und Norwegen bereits nur noch Autos mit E-Antrieb anbietet, wird Smart auch in Europa ab 2020 rein elektrisch unterwegs sein. Der Rest der Welt soll kurz darauf folgen. Bis 2025 sollen dann schon bis zu 25 Prozent des Gesamtabsatzes auf batterieelektrische Autos entfallen.

"Klimaziele und Fahrverbote" gibt Jochen Hermann, Leiter Entwicklung Case und e-Drive, als Beweggründe für die Elektrisierung an. Darum greift die Strategie auch nicht nur bei Leuchtturmprojekten wie dem GLC F-Cell und dem EQC, dem ersten rein elektrischen Mercedes-Benz-SUV der Marke EQ – wir haben darüber bereits berichtet und werden das bis zum Marktstart nächstes Jahr auch fortsetzen. Nein, der Plan greift hinunter bis zu den schon vorhandenen Modellen, die nun mit 48-Volt-Systemen hybridisiert werden.

EQ Boost nennt Daimler die einfachste Eskalationsstufe der Elektrifizierung des Antriebsstranges via 48 Volt. Dabei gibt es zwei Systeme, je nach Einbauart des Motors: den riemengetriebenen Startergenerator für Quermotoren als einfachste Lösung. Innovativer ist der Hybridtriebkopf für Längsmotoren, der sitzt nämlich quasi im Wandlergetriebe und hat ein Drehmoment von bis zu 700 Newtonmeter. Das Neungang-Hybridgetriebe arbeitet auf diese Weise also sowohl mit Benzin- als auch mit Dieselmotoren zusammen, reduziert die Emissionen auch von Sechszylinder-Motoren, und die 48 Volt sind natürlich das ideale Bordnetz für elektrische Verdichter, also das, was Laien einen Elektro-Turbolader nennen würden.

EQ Power ist der Sammelbegriff für die Plug-in-Hybride. Ziel ist es, C-, E- und S-Klasse lokal emissionsfrei durch Innenstädte zu bringen. Dabei haben E- und S-Klasse eine Anhängelast von 1.800 Kilogramm, die C-Klasse sogar 2.100 Kilogramm. Rund 50 Kilometer schaffen die EQ-Power-Modelle rein elektrisch.

Um die Reichweite zu erhöhen, nutzt Mercedes-Benz Daten aus dem Navigationssystem, in dem topologische Details hinterlegt sind, Informationen von der Kamera und den Radarsensoren. So kann der Wagen den Fahrer darauf hinweisen, wann der perfekte Zeitpunkt ist, um den Fuß vom Fahrpedal zu nehmen. Danach wird gesegelt, also der Antrieb vollkommen entkoppelt oder rekuperiert. Eco Assist nennt Daimler den Helfer, der beim vorausschauenden Fahren unterstützt.

EQ fasst dann alle Elektroantriebe zusammen. Da sind wir dann bei den künftigen Smarts und dem EQC. Und falls auch Sie schon wissen wollten: EQ steht für Electric Intelligence. Nein, bitte fragen Sie nicht. Freuen wir uns stattdessen, dass die E-Mobilität endlich generell an Fahrt gewinnt.

Obwohl, aus ökologischer Sicht gibt es da auch bei der Elektrifizierung einiges zu bedenken. Etwa dass ein Hybrid, erst recht ein E-Auto, in der Produktion höhere Emissionen aufweist als ein konventioneller Verbrenner. Aber auch das denkt Daimler mit.

Ja, aber die bösen, bösen Akkus

Nachhaltigkeit sei ihnen wichtig, darum fertigen sie die Akkus in eigenen Werken, in welchen auf klimafreundliche Produktion Wert gelegt wird. Unterm Strich, über den Lebenszyklus betrachtet, rechnet Daimler, dass ein Plug-in-Hybrid im besten Fall nur 45 Prozent der Gesamtemissionen eines vergleichbaren konventionellen Autos emittiert.

Und wie fährt sich das dann? Im Falle der Plug-in-Hybride macht die E-Unterstützung richtig Spaß und passt gut in das Fahrerlebnis, das man sich von einem Benz erwartet. Auch beim 48-Volt-Bordnetz ist der Boost aus den Akkus deutlich zu spüren. Mit mehr als 200 PS Leitung und dem satten Drehmoment, das die zwei E-Motoren im GLC F-Cell an die beiden Achsen abgeben, fährt sich auch der Wasserstoff-SUV ganz geschmeidig, vor allem komfortabel. Ein Rennwagen ist er aber nicht. Will er auch nicht sein. Aber heiße Hybrid-Schlitten wird auch Daimler wohl bald liefern. Einfach, weil es geht. (Guido Gluschitsch, 31.10.2018)