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Der Patriarche von Kiew, Filaret Denisenko, ist das Oberhaupt der ukrainisch-orthodoxen Kirche.

Foto: REUTERS/Gleb Garanich

Die Abspaltung der ukrainisch-orthodoxen Kirche vom Moskauer Patriarchat hat die Orthodoxie in die womöglich tiefste Krise seit der Glaubensspaltung in Katholiken und Orthodoxe vor 1000 Jahren geführt. Ironie des Schicksals: Ausgerechnet Konstantinopel und Moskau, also in der Selbstwahrnehmung Rom II und Rom III, streiten um die Frage: Wer ist hier der Boss?

Der von Moskau geäußerte Vorwurf, die Gewährleistung der Eigenständigkeit für die ukrainische Kirche sei politisch und nicht religiös motiviert, ist richtig. Allerdings hat sich Moskau diese Schlappe selbst zuzuschreiben. Es ist die Quittung dafür, dass sich die Moskauer Popen um Patriarch Kyrill immer stärker bei der politischen Führung im Kreml angebiedert haben. Die russisch-orthodoxe Kirche ist nicht unabhängig vom Staat, im Gegenteil: Sie ist Staatskirche in Russland und profitiert davon ungeniert.

Zugleich aber lässt sie sich vom Kreml in dessen Sinne instrumentalisieren – auch und besonders in der Ukraine. Es gibt Informationen, wonach Wladimir Putin sein Vorgehen in der Ukraine mit Kyrill abgesprochen habe. Wer Wind sät, wird Sturm ernten, heißt es im Alten Testament. Eine schlichtende Rolle hat das Moskauer Patriarchat im Ukraine-Konflikt nie gespielt. Dass es daher seinen Einfluss in der Ukraine verliert, ist nur logische Konsequenz. Traurig für die Gläubigen ist, dass durch den Machtkampf nun die Spaltung der gesamten orthodoxen Welt droht. (André Ballin, 16.10.2018)