Nicht nur, aber vor allem der Iran könnte die Beziehungen zwischen Europa und den USA gefährlich kippen lassen, meint US-Politologe Daniel Hamilton.

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Wien – "Sie sind alle sehr besorgt", sagt US-Politologe Daniel Hamilton über die Mitarbeiter im US-Außenamt, "wenn sie an Europa denken." Die letzten 25 Jahre habe man auf beiden Seiten des Atlantiks im Glauben verbracht, dass es so weitergehe: "Es gab eine Ordnung, in der die Spannungen langsam abnahmen, in der die Verhältnisse stabil waren und in der die USA eine wohlwollende Rolle im Hintergrund gespielt haben", sagt er. "Und jetzt: Boom! Alles weg."

Der Brexit stelle die Union selbst infrage, das Agieren Russlands die Idee, dass alles immer friedlich ablaufen werde. Und die USA würden nicht mehr als europäische Macht agieren, die die Integration befürwortet, sondern als Macht in Europa, die ihre eigenen Interessen verfolgt. "Manchmal sind sie konstruktiv, manchmal sind sie Störenfriede. Manchmal bringen sie sich ein, und manchmal sind sie gar nicht da."

Sanktionen treffen Europäer

Das habe auch zur Folge, dass immer neue Themen auftauchten, wo die USA sich inhaltlich von Mitgliedsstaaten der Union entfernen, und Streitigkeiten innerhalb der EU, bei denen sie eine Seite einnehmen, statt auf Ausgleich hinzuwirken – nicht zuletzt das Pipelineprojekt Nordstream 2 zwischen Russland und einigen EU-Staaten, dessen österreichische Teilhaberschaft den USA "sehr bewusst" sei; aber auch durch den Streit darüber, inwieweit die EU-Staaten gegen Iran-Sanktionen Washingtons ankämpfen werden. "Da ist durchaus ein ziemlich düsteres Bild möglich", sagt Hamilton. Zwar würden sich Maßnahmen der USA jeweils nicht gegen Europa, sondern gegen Moskau respektive Teheran richten – treffen würden sie aber vor allem die Europäer.

Besonders für die Haltung der EU in Sachen Iran gebe es aber auch außerhalb des Weißen Hauses wenig US-Verständnis. "Die USA haben ja Zusammenarbeit angeboten, was andere Aktivitäten des Iran betrifft: die Unterstützung des Terrorismus in der Region, die Hilfe für militärische Gegner europäischer Staaten (etwa in Syrien, Anm.), die iranische Feindschaft gegenüber Israel." Aber Europa sei daran nicht interessiert. "Das wollen die Europäer nicht, ihnen geht es nur um das eine Thema", nämlich darum, den eigenen Handel mit dem Iran zu schützen. Es sehe so aus, als gehe es der EU nur ums Geld, "und das sehen die Leute in den USA nicht gerne".

"Die USA haben keinen Plan B"

Freilich könnten die jüngsten Turbulenzen rund um die mutmaßliche Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi durch Saudi-Arabien auch den Plan der Trump-Regierung für die Region durcheinanderwirbeln. Dieser habe auf einer Allianz mit anderen Teheran-Gegnern aufgebaut, Israel und Saudi-Arabien. Wenn nun einer der beiden wegfalle, werde das die Strategie empfindlich stören. "Die USA haben eigentlich keinen Plan B. Das wird schwierig."

Und noch ein weiteres Missverständnis zwischen Europäern und Amerikanern hat Hamilton entdeckt. "Die Europäer sind immer verblüfft, dass die Amerikaner so wählen, wie sie wählen." Das sei bei Trump so gewesen, aber auch schon bei dessen Vorgängern: "Wir hatten einen hochverdienten Vizepräsidenten, der dann ins höchste Amt aufgestiegen ist und den Kalten Krieg friedlich beendet hat – George Bush. Er hat die Wahl gegen einen unbekannten Gouverneur aus Arkansas verloren, Bill Clinton." So könne es auch bei der Nominierung des demokratischen Präsidentschaftskandidaten im Jahr 2020 sein. "Meistens sind es nicht die Leute, die die Europäer kennen. Oft sind es Nobodys, die das Gefühl der Partei erkennen und dann bei den Vorwahlen durchkommen." Prognosen, um wen es sich handeln könnte, will Hamilton nicht abgeben – genauso wenig wie über den Ausgang der Midterm-Elections in einem Monat. (Manuel Escher, 18.10.2018)