Die Neos kritisierten die Fortführung von Grenzkontrollen.

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Wien – Wegen der anstehenden Verlängerung der österreichischen Grenzkontrollen zu Ungarn und Slowenien zitierten die Neos am Freitag den gesamten Nationalrat zu einer Sondersitzung herbei. Während der turbulenten Debatte verliefen die Demarkationslinien zwischen den Regierungsparteien und den beiden kleinen Oppositionsparteien.

Im Zuge einer Dringlichen Anfrage an Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), der aber in Brüssel weilte, hielt Neos-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger der Koalition vor: "Wer die Grundfreiheiten infrage stellt, stellt Europa im Ganzen infrage!" Ihre Argumente:_Die Kontrollen belasten die Wirtschaft – und auch die Umwelt.

Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP), in Vertretung von Kurz auf der Regierungsbank, wies die Angriffe der Neos-Chefin brüsk zurück – und nannte ihre Vorhalte "polemisch" und "zutiefst anti-europäisch". Als vor drei Jahren, im Zuge des großen Flüchtlingsandrangs, hunderttausende Menschen unkontrolliert die Grenze passierten, wäre das einer "Selbstaufgabe des liberalen Rechtsstaates" gleichgekommen. Dazu konstatierte Blümel: Kontrollen seien nötig, bis es einen effektiven Außengrenzenschutz gebe. Und überhaupt, hielt der Kanzleramtsminister fest, strebten neben Österreich auch Deutschland, Schweden, Dänemark, Frankreich und Norwegen weiterhin Grenzkontrollen an.

Kollektiver Rechtsbruch

Neos-Vizechef Nikolaus Scherak wandte ein, dass es sich dabei um einen "kollektiven Rechtsbruch" handle – es mache nichts besser, zu sagen, "die andern machen das auch". Auch Scherak attestierte der Regierung am besten Weg zu sein, "unser gemeinsames Europa zu zerstören".

FPÖ-Abgeordneter Roman Haider mahnte in Richtung des pinken Sektors: "Mit der Sicherheit der Österreicher spielt man nicht!" Um die "unerträgliche Auswirkung" der Politik offener Grenzen zu dokumentieren, las der Freiheitliche minutenlang Berichte über ausländische Tatverdächtige hierzulande vor.

Prompt setzte Listengründer Peter Pilz die Aufzählung fort – allerdings mit Taten von verurteilten freiheitlichen Straftätern: "Da hilft kein Grenzschutz, da hilft nur ein funktionierender Rechtsstaat!", ätzte er.

Sprechende Raute

Auch der wilde Abgeordnete Efgani Dönmez sorgte für einen aufsehenerregenden Auftritt: Der frühere ÖVP-Abgeordnete und vormalige Grüne nannte Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel (CDU) "die sprechende Raute", die mit Flüchtlingen Selfies angefertigt und so Massen in Bewegung gesetzt hätte.

Nach roten Protesten versprach die Dritte Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller (FPÖ), der der Fauxpas entgangen war, das Protokoll zu prüfen, ob es dafür noch einen Ordnungsruf setzen könnte.

Ordnungsruf für FPÖ-General

Einen Ordnungsruf gab es am Freitag übrigens schon vor Beginn der turbulenten Debatte – und zwar von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) nach Durchsicht des Protokolls der Sondersitzung am Donnerstag. Da hatte FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker bei der Angelobung von Meinl-Reisinger als Abgeordnete gerufen: "Die Kollegin war schon einmal da! Die ist keine Jungfrau!" Die Neos beschwerten sich daraufhin über das Niveau des Freiheitlichen, das keineswegs der Würde des Hohen Hauses entspreche. (Aaron Brüstle, 19.10.2018)