Die aus dem Trevi-Brunnen gefischten Münzen werden nicht reichen, um Italiens Budget aufzufetten.

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Für Italien könnte es ungemütlich werden, wenn die EU-Kommission ihre harte Linie gegen das Land und dessen Budgetprogramm durchzieht. Die Europäische Union hat die Fiskal-Spielregeln wegen der Eurokrise deutlich verschärft und kann nun viel früher und härter gegen Verfehlungen vorgehen. Kann, denn bei den Budgetregeln existiert immer noch viel Spielraum.

Angezogen wurden die Zügel vor allem wegen der Griechenland-Rettung 2010, der Hilfen für weitere Staaten folgten. Vor allem die deutsche Kanzlerin Angela Merkel forderte im Gegenzug zur Unterstützung strikte Budgetregeln, die unter anderem Ende 2011 in den europäischen Fiskalpakt mündeten. Der Vertrag sieht einen ausgeglichenen Haushalt, Ausgabengrenzen und Sanktionen vor.

"Dämliche Regeln"

Die schärfere Budgetüberwachung hat seit jeher Kritik hervorgerufen. Wegen der Einschränkung der Souveränität lehnten Großbritannien und Tschechien eine Teilnahme ab, aus selbigem Grund befassten sich mehrere Höchstgerichte mit den Bestimmungen. Auch Rom macht jetzt gegen die Einmischung mobil, Italien werde sich nicht mehr den "dämlichen Regeln" unterwerfen, tönte Lega-Chef Matteo Salvini. Auch von einer Versklavung durch die EU war in diesem Zusammenhang schon die Rede.

Wirtschaftspolitisch ist das Regelwerk nicht minder umstritten. Eine synchrone Sparpolitik würde "die Kluft innerhalb des Euroraums zwischen den Mitgliedsländern in Südeuropa und Deutschland sowie den übrigen Euroländern in Mittel- und Nordeuropa vertiefen", schrieben drei Wirtschaftsforschungsinstitute – darunter das Wifo – in einer Analyse. Der "Sparzwang" war auch Anlass für Turbulenzen bei der Umsetzung des Fiskalpakts in Österreich, wo es starken Widerstand innerhalb der SPÖ gab. Im Juli 2012 wurde der Vertrag dann doch vom Nationalrat verabschiedet, wenngleich ohne die angestrebte Verfassungsmehrheit.

Fiskalpakt

Der Fiskalpakt ergänzte den Stabilitätspakt, der danach nachgeschärft wurde, um den Euro zusammenhalten. Wenn die Währungsunion nicht zentral gesteuert wird – Steuern, Konjunkturpolitik, Schuldenaufnahme oder Ausgaben sind ja nationale Angelegenheit -, bedarf es eines Fiskalrahmens, so die These.

Anknüpfungspunkte für eine Verurteilung für den Fall, dass Rom an seiner Ausweitung des Defizits festhalten sollte, gibt es mehrere. Da wäre einmal der sogenannte präventive Arm des Stabilitätspakts zu nennen, der eigentlich Stabilitäts- und Wachstumspakt heißt. Während der korrektive Arm darauf ausgerichtet ist, eine Neuverschuldung von mehr als drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu senken, ist sein präventives Pendant dazu da, solche Probleme erst gar nicht entstehen zu lassen.

Daher müssen die Mitgliedsstaaten ihre Haushaltsprogramme jährlich nach Brüssel melden und vor allem aufzeigen, wie sie mittelfristig ein ausgeglichenes Budget erreichen wollen. Was bei Italien zusätzlich ins Spiel kommt: Staaten müssen jährlich ein Zwanzigstel jener Schulden, die über der Schwelle von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen, abbauen. Hier ortet Brüssel schon einmal zwei Verstöße.

Den diversen Verschärfungen des Paktes geschuldet ist zudem, dass bereits in einer frühen Stufe des Verfahrens finanzielle Sanktionen verhängt werden können. Auch für die jetzige Zurückweisung des Budgetplans wurde erst 2013 die Voraussetzung geschaffen. Im Two-Pack – er ergänzt den Six-Pack, die Zahlen beziehen sich auf die Summe der Verordnungen und Richtlinien – findet sich die Option, ein Budget ablehnen zu können.

Geldbußen drohen

Letztlich drohen Italien Geldbußen, sollte das Land nicht nachgeben. In einem ersten Schritt wäre eine verzinsliche Einlage von 0,2 Prozent des BIP (rund 360 Millionen Euro) zu leisten, die in weiterer Folge unverzinslich und schlussendlich in eine Strafe umgewandelt werden kann. Allerdings sind allfällige Sanktionen immer von den Mitgliedsstaaten zu billigen, wobei Brüssel gestärkt wurde. Früher benötigte die EU-Kommission eine qualifizierte Mehrheit unter den Mitgliedsstaaten hinter sich, um Budgetpläne durchfallen zu lassen. Mittlerweile müssen die Vorschläge der Kommission mit qualifizierter Mehrheit abgelehnt werden, ansonsten sind sie angenommen.

Trotz aller Nachschärfungen war und ist bei der Defizitkontrolle der Mitgliedsländer immer viel Politik im Spiel. Italien selbst kann als bestes Beispiel dafür herangezogen werden, wie Verstöße gegen den Stabilitätspakt ungeahndet blieben. Ausnahmen und Ermessensspielraum kamen Rom zugute. Das scheint sich gravierend geändert zu haben. (Andreas Schnauder, 25.10.2018)