Wenn am 6. November die Menschen in den USA zu den Wahlurnen schreiten, um bei den Midterms ihre Volksvertreter im Repräsentantenhaus und im Senat, zahlreiche Gouverneure, aber auch Mitglieder einiger Bundesstaatsparlamente zu wählen, werden auch in diesem Jahr wieder offene Rassisten, Antisemiten und bekennende Neonazis zur Wahl stehen. Auch wenn kaum einem aus dieser Riege hetzerischer und vornehmlich weißer Männer eine reale Siegeschance zugestanden wird, vergiften sie das politische Klima in den USA zusätzlich und schaden auch der Grand Old Party (GOP). Denn einige der Kandidaten treten nicht etwa nur als Unabhängige oder Kandidaten rechtsextremer Parteien an, sondern auf einem Ticket der Republikanischen Partei, was diese bereits in ärgste Erklärungsnöte gebracht hat.

Wenn selbst eingefleischteste Republikaner wie der texanische Senator Ted Cruz sich aufgefordert fühlen, eine Wahlempfehlung für einen Demokraten auszusprechen, weiß man um den Ernst der Lage. "Das ist schrecklich. Ein erklärter Nazi bewirbt sich für den Kongress. An die guten Menschen aus Illinois, ihr habt zwei vernünftige Möglichkeiten: Schreibt einen anderen Kandidaten auf den Stimmzettel oder wählt den Demokraten. Dieser bigotte Dummkopf soll NULL Stimmen erhalten", schrieb Cruz auf Twitter.

Nazi-Partei-Vorsitzender

Stein des Anstoßes war die Nominierung von Holocaustleugner Arthur "Art" Jones zum republikanischen Herausforderer des demokratischen Kongressabgeordneten Dan Lipinski im 3. Kongresswahlbezirk von Illinois. Die Republikaner hatten nichts unternommen, als Jones Unterschriften für seine Kandidatur sammelte, und auch bei der Vorwahl weder einen Gegenkandidaten noch einen Write-in-Kandidaten aufgestellt. Ein Write-in-Kandidat steht zwar nicht zum Ankreuzen auf dem Wahlzettel, die Bürger könnten seinen Namen aber reinschreiben, und die Stimme würde zählen.

Der Versicherungsmakler Jones, der den Holocaust als die "größte schwarze Lüge der Menschheitsgeschichte" bezeichnet, bereut mittlerweile seine Stimme für Trump bei der Präsidentschaftswahl 2016. Dieser sei schließlich "vollkommen von der jüdischen Lobby kontrolliert". Jones war selbst einst Anführer der American Nazi Party und später Mitglied der National Socialist White People's Party. Ein republikanischer Bundesstaatsabgeordneter sagte zu Vox, es sei "politisch schädigend", wenn "so ein Trottel und Spinner mit der Partei in Verbindung gebracht" wird.

White Supremacists

Ähnlich nachlässig war die GOP bei einem als demokratisch geltenden Wahlbezirk in North Carolina. Mit Russel Walker tritt dort ein White Supremacist an, der das jüdische Volk als direkte Nachkommen Satans bezeichnet. Im elften kalifornischen Kongressbezirk wird mit dem Republikaner John Fitzgerald ebenfalls ein Holocaustleugner wohl deutlich dem amtierenden Demokraten unterliegen, mit mehr als 36.000 Stimmen bei den Primaries erzielte er aber bereits ein beachtliches Ergebnis. Die GOP hatte sich erst nach öffentlicher Kritik von seiner Kampagne distanziert.

Mit Corey Stewart wird sich in Virginia ein Konföderiertenbefürworter und selbsternannter "Pro White"-Aktivist um einen republikanischen Senatssitz bemühen. Die Unterstützung von US-Präsident Donald Trump ist ihm dabei gewiss.

Der bekannte Neonazi Jason Kessler retweetete Trumps Unterstützungserklärung für Stewart.

Stewart sagte einst: "Ich war Trump, bevor Trump Trump war." Politiker, die sich für das Abreißen von Konföderationsdenkmälern einsetzen, vergleicht er mit der Terrormiliz "Islamischer Staat".

"Wählt nicht meinen Vater"

Steve West, der sich im Bundesstaat Missouri um einen Sitz im Regionalparlament bewirbt, bezeichnet auf seiner Kampagnenwebsite den Islam als "Krebs für Amerika", und neben antisemitischen und antiislamischen Tiraden meinte er unlängst in einem Radiointerview pauschal: "Hitler hatte recht." Mittlerweile distanziert sich sogar seine Tochter von ihm. In einem Zeitungsinterview mit dem "Kansas City Star" bittet sie ihre Mitbürger, "nicht meinen Vater" zu wählen, da dieser in keiner "Ebene des Parlaments" zu finden sein sollte.

Bei wem sich der rechtsextreme, als unabhängiger Kandidat für den Bundesstaat Tennessee antretende Rick Tyler seinen Wahlkampfspruch "Make America White Again" abgeschaut hat, ist kein großes Geheimnis. Der für das US-Repräsentantenhaus kandidierende White Supremacist will die "muslimische Invasion" Tennessees beenden.

Dem republikanischen Noch-Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, Paul Ryan, blieb hingegen letzten Endes doch noch eine peinliche Nachfolge seines zu vergebenden Sitzes erspart. Lange Zeit führte der rechtsextreme, antisemitische White Supremacist Paul Nehlen das Rennen in den republikanischen Primaries an, erhielt letzten Endes aber doch nur knappe elf Prozent (rund 7.000 Stimmen).

Der Faktor Trump

Inwiefern die Häufung rassistischer, antisemitischer und xenophober Kandidaten auf den rauen Umgangston im Weißen Haus durch Präsident Trump zurückzuführen ist, ist schwierig zu beantworten. Vor allem seit seiner Rede nach dem rassistisch motivierten Anschlag bei den Unruhen von Charlottesville, als er nach einem Neonaziaufmarsch diesen zwar verurteilte, aber ebenso "schlechte Leute" auf der anderen Seite erkannte, gilt Trump jedoch als Vorbild vieler Ultrarechter.

Sky News

Zum Teil kandidierten die genannten Personen auch schon seit Jahrzehnten, andererseits würde Trump wie kein anderer durch seinen "unorthodoxen Gebrauch rassistischer und antimuslimischer Sprache" eine Tür für Menschen in die Politik öffnen, die es vorher nicht gab, sagt Heidi Beirich vom Southern Poverty Law Center (SPLC). Viele der antisemitischen Kandidaten stoßen sich aber dann wieder an Trumps proisraelischem Kurs. (Fabian Sommavilla, 31.10.2018)