In der Tat ist es ziemlich peinlich, wenn Politiker ihre Diplomatenbeamten etwas ausverhandeln lassen, das man politisch nicht verantworten will. Die von Friedhelm Frischenschlager im Kommentar der anderen befürchtete Rufzerstörung der österreichischen, oft bis zur Unkenntlichkeit geschmeidigen Außenpolitik wird nicht so arg ausfallen, wenn wir in Marrakesch sehen werden, wie viele andere Staaten den gleichen Rückzieher machen.

Außerdem hat die Regierung in keiner Weise zum Ausdruck gebracht, grundsätzlich gegen internationale Vereinbarungen mit oder ohne Rechtswirksamkeit zu sein, sondern nur gegen dieses Verhandlungsergebnis und das nicht grundsätzlich, sondern in einigen konkreten Punkten. Dass dabei formell keine völkerrechtliche Verbindlichkeit, sondern nur eine politische festgelegt werden soll, bedeutet für die praktische Bindungswirkung sehr wenig – wer käme heute bei der Deklaration der Menschenrechte oder der Flüchtlingskonvention auf die Idee, auf deren tatsächliche völkerrechtliche Unverbindlichkeit hinzuweisen?

Grundsätzlich ist es doch problematisch, sich auf einen Pakt einzulassen, mit welchem sich die große Zahl von Herkunftsstaaten potenzieller Massenmigration mit den wenigen Zielländern auf Regeln einigt, die diese Migration erleichtern und in etlichen Aspekten ordnen sollen, wenn man diese Migration in den eigenen Ländern so gar nicht will. Zur Lösung dieses Problems bräuchte man einen UN-Pakt, der die Souveränität der Failed States, jene ihrer korrupten Herrschaftsklasse, einschränken kann, um eine prosperierende Entwicklung überhaupt zu ermöglichen.

Nachsicht

Nun bitte ich um Nachsicht, wenn ich auf jener Seite der von mir definierten roten Linie stehe, wo man lieber prophylaktisch harte Maßnahmen in den Herkunftsländern und Abwehrmaßnahmen gegen ungewollte Migration sehen will, und nicht auf der anderen Seite, die heute in fatalistischer Weise Massenmigration menschenfreundlich ordnen will und damit schlussendlich unkontrollierbare politische Verhältnisse in unseren Ländern in Kauf nimmt oder zumindest die Augen vor den Konsequenzen verschließt.

Es schmerzt, wenn alte liberale Freunde sich im parzivalischem Idealismus eines fundamentalen Liberalismus in vordergründigen Argumentationen verstricken, besonders wenn ein Thema zu wichtig ist, um damit einfach nur gegen eine ungeliebte Regierungskonstellation zu agitieren.

Wer schlussendlich auf welcher Seite der roten Linie Platz nimmt, wird zu sehen sein, wenn "das Licht angeht", wie im bekannten Kinderratespiel im Fernsehen. Frischenschlager wird in seinem Feld relativ einsam sein! (Hansjörg Tengg, 6.11.2018)