Annegret Kramp-Karrenbauer gilt als Vertraute von Angela Merkel und muss sich erst aus deren Schatten lösen.

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Wann war der Andrang in der saarländischen Vertretung in Berlin so groß wie an diesem Mittwoch? Keiner kann sich erinnern. "Nur die Ruhe, nur die Ruhe", sagt Annegret Kramp-Karrenbauer stoisch, als die Fotografen sie zu erdrücken drohen.

Hätte die CDU-Generalsekretärin zum Termin in die nicht weit entfernte CDU-Zentrale gebeten – es wäre mehr Platz gewesen. Doch Kramp-Karrenbauer ist da sehr korrekt: Sie lässt ihr Amt als Generalsekretärin nun ruhen. Sage keiner ihrer Mitbewerber, dass sie sich einen Startvorteil im Rennen um die Nachfolge an der CDU-Spitze herausschlagen wolle.

Daher steht sie nun in der Landesvertretung des Saarlandes, die CDU Saar hat sie bereits als Kandidatin für den CDU-Vorsitz, der Anfang Dezember in Hamburg vergeben wird, nominiert und "AKK" damit einen kleinen Startvorteil verschafft. Die Mitbewerber – Gesundheitsminister Jens Spahn und Ex-Fraktionschef Friedrich Merz – haben noch keine Empfehlung durch einen Landesverband.

Merz gilt als Favorit

Als Gegner möchte Kramp-Karrenbauer die beiden Herren nicht sehen. "Es darf kein ruinöser Wettbewerb sein, der am Ende eine Partei zurücklässt, die nicht mehr geschlossen ist", sagt sie über das Wettrennen des Trios. Sie selbst werde bis zum Parteitag "keinen Wahlkampf gegen andere" machen. Vielmehr laute ihr Motto: "Ich mache ein Angebot, über das dann der Parteitag befindet."

Mittlerweile gibt es einige Befragungen zum Thema CDU-Vorsitz, es zeichnet sich folgendes Bild ab: Als Favorit gilt Merz, knapp gefolgt von Kramp-Karrenbauer. Spahn ist abgeschlagen.

Keine Rückabwicklung von Merkels Politik

Kramp-Karrenbauer gilt als "Merkelianerin" – sie sagt auch, dass sie Merkels Politik nicht beiseitewischen wolle und könne. Mit Blick auf die Asylpolitik erklärt sie: "Das, was 2015 war, ist Realität und kann nicht rückabgewickelt werden." Jedoch sei klar, dass sich die Ereignisse von 2015 nicht wiederholen dürften.

Auch wenn sie keinen Wettkampf gegen Spahn und Merz führen will: Sie zählt doch sehr selbstbewusst ein paar Punkte auf, die für sie als CDU-Vorsitzende sprechen. Sie kenne die Partei sehr genau, habe der Basis im vergangenen Jahr "gut zugehört", ihren "Stolz", aber auch ihren "Frust" vernommen.

Zudem habe sie im Saarland schon Wahlen gewonnen und trete an, um die verschiedenen Parteiflügel zu einen – das sind zwei deutliche Seitenhiebe gegen Spahn und Merz, die noch keine Wahlsiege gefeiert haben und beide als Vertreter des konservativen Flügels gelten.

Mehr Mitsprache für Partei

Die 56-Jährige verspricht der CDU auch mehr Mitsprache als unter der Vorsitzenden Merkel, für die die Regierung der Mittelpunkt ist: "Die Debatte und die Entscheidung, die Positionierung muss zuerst in der Partei getroffen werden." Demnächst werden sich Kramp-Karrenbauer, Spahn und Merz in acht Regionalkonferenzen den Fragen der Basis stellen. In einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" sprach sich Kramp Karrenbauer für eine Verlängerung der Wahlperiode im Bund auf fünf Jahre aus. Die derzeit geltenden vier Jahre seien zu kurz. Sie sprach sich außerdem für eine harte Linie im Umgang mit straffälligen Asylbewerbern aus. Wer schwere Straftaten begangen habe, dem solle nach einer Ausweisung die Wiedereinreise nicht nur nach Deutschland, sondern auch in den gesamten Schengen-Raum auf Lebenszeit verweigert werden.

Ungewiss ist, ob es Anfang Dezember noch einen CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer gibt. Dieser wolle am Wochenende seinen Rückzug als Parteichef bekanntgeben, aber Bundesinnenminister bleiben, berichtete am Mittwoch die "Zeit". Ein Sprecher allerdings dementierte dies. Seehofer selbst hatte zuletzt erklärt, er werde sich nächste Woche äußern. (Birgit Baumann aus Berlin, 7.11.2018)