Andreas Felder kann nur arbeiten, nichts garantieren.

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Österreichs Skisprung hat eine desaströse, weil sieglose Saison hinter sich und zum Beispiel die Heim-WM in Seefeld (20. Februar bis zum 3. März 2019) vor sich. Am Wochenende beginnt in Wisla, Polen, der Weltcup. Die Favoriten sind andere. Unter Andreas Felder, der im April Heinz Kuttin als Chefcoach folgte, zeigte sich im Sommer-Grand-Prix ein Hoffnungsschimmer. Daniel Huber gewann das Heimspringen in Hinzenbach und wurde Gesamtfünfter.

STANDARD: Sie haben als erfolgreicher Trainer der Damen die Herren übernommen. Eine klischeehafte Frage: Ändert sich da die Herangehensweise?

Felder: Es war keine große Umstellung. Ich war zwar bei den Damen Trainer und vorher bei den Jungen und den Kombinierern, aber ich war immer sehr nah am Geschehen. Bei den Damen gibt es genug, die du anpacken kannst wie die Männer. Aber bei den Männern kannst du auch nicht alle gleich anpacken.

STANDARD: Es gibt kaum etwas Einsameres als den Skispringer am Ablauf. Wie wichtig ist Ihnen der Teamgedanke?

Felder: Es sind Einzelsportler, aber trotzdem ist es in einem Team leichter. Man muss sich ein bisschen heimelig fühlen, man muss sich auf Partner verlassen können. Wir haben als Mannschaft trainiert, es hat keine Einzelgänger mit Sonderregelungen gegeben. Wir haben versucht, das einmal durchzuziehen. Ich habe das Gefühl, dass das jedem getaugt hat. Und es hat sich nach und nach auch positiv niedergeschlagen.

STANDARD: Österreichs Skispringer waren immer dann besonders erfolgreich, wenn sich zwei Athleten im Team angestachelt haben – ob in grimmiger Konkurrenz zwischen Gregor Schlierenzauer und Thomas Morgenstern oder in aller Freundschaft zwischen Ihnen und Ernst Vettori. Kann es das auch im aktuellen Team noch geben?

Felder: Es ist immer fein, wenn sich zwei bis drei erfolgreiche Leute matchen. Man hat in jedem Training den direkten Vergleich, weiß immer, wo der Hammer hängt. Sonst muss man herpassen auf den Vergleich im Wettkampf. Daniel Huber hat mit drei Stockerlplätzen im Sommer Maßstäbe gesetzt. Aber momentan haben wir diese interne Konkurrenz nicht wie in der Vergangenheit.

STANDARD: Sie haben das Team in einer Krisensituation übernommen. Ein Startvorteil?

Felder: Auf der einen Seite heißt es, dass wir nichts zu verlieren haben, dass es nur besser werden kann. Auf der anderen Seite habe ich eine Mannschaft, die vom Selbstvertrauen her ein bisserl angeknackst ist. Das ist auch schwierig. Man muss ihnen das Gefühl geben, dass nicht alles vorbei ist, nur weil eine Saison nicht so gut war. Im Grunde fangen wir immer neu an, jedes Frühjahr. Weil jeder weiß, dass das, was im Vorjahr zum Sieg gereicht hat, in diesem Jahr wahrscheinlich nicht reicht. Der Sport entwickelt sich, Neue kommen nach, manche legen die Latte höher. Man muss schauen, dass man auf dem neuesten Stand ist. Und dann ist auch nichts garantiert.

STANDARD: Diese Saison bietet mit der Vierschanzentournee und der Heim-WM zwei Höhepunkte. Inwieweit ist die Form dafür planbar?

Felder: Im Skispringen ist es meines Erachtens unmöglich, eine Hochform für einen bestimmten Zeitpunkt zu bestimmen. Das habe ich selbst oft erlebt. Dafür gibt es zu viele Unwägbarkeiten.

STANDARD: Eine Unwägbarkeit ist das neue Reglement. Die Springer müssen ohne Schuhe zur Abwaage, aber ihr Mindestgewicht nach dem Body-Mass-Index dennoch bringen. Ist so ein neuer Reiz für zuletzt Verunsicherte eine Chance?

Felder: Es hat sich einiges verändert. Einige Athleten würden gerne zunehmen, können es aber nicht wirklich. Also müssen sie kürzere Ski hernehmen, was wieder Anpassungen in der Technik erfordert. Für mich ist es in jedem Fall ein positiver Schritt, weil man ja versuchen muss, dieses harte Herantasten ans Gewichtslimit so gut wie möglich einzudämmen. Das nahm irrsinnig viel Energie. Jetzt kommt mir vor, dass die Burschen frischer sind, auch im Kopf. Sie haben mehr Substanz, auch wenn sie kaum zugelegt haben.

STANDARD: Welche Ziele setzen Sie sich und der Mannschaft?

Felder: Das Ziel muss sein, dass wir bei der Heim-WM Medaillen gewinnen können. Müssen tun wir aber nur Sterben. Fast alle im Team sind schon um Medaillen mitgesprungen und wissen genau, worum es da geht.

STANDARD: Wird Schlierenzauer glücklicher werden, als er es in der vergangenen Saison war?

Felder: Ich würde mir das wünschen, für ihn und für die ganze Mannschaft. Er will natürlich jedem und vor allem sich selbst beweisen, dass seine Zeit noch nicht vorbei ist. Es ist ihm auch jederzeit zuzutrauen, aber er wird auch nicht jünger. Auf der anderen Seite wird man auch reifer. Ich habe nicht so ein schlechtes Gefühl. Er weiß selbst, dass es mit Seriensiegen immer schwerer wird. Das Ungestüme – 'Ich hau mich raus und es funktioniert schon' – hat er nicht mehr so. Es ist für ihn und für uns nicht leicht, aber ich glaube, dass wir uns ganz gut arrangiert haben. (Sigi Lützow, 13.11.2018)