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Vor Gericht in Mazedonien zeigte sich Expremier Nikola Gruevski noch zuversichtlich.

Foto: Reuters/Teofilovski

Der in seiner Heimat rechtskräftig verurteilte ehemalige mazedonische Premier Nikola Gruevski ist unmittelbar vor seinem Haftantritt nach Ungarn geflohen – und dort als Asylbewerber registriert worden. "Er hat in einer ungarischen Auslandsvertretung die Absicht geäußert, einen Asylantrag zu stellen", erklärte der ungarische Kanzleramtsminister Gergely Gulyás am Donnerstag vor der Presse in Budapest. Schließlich sei er am Sitz des ungarischen Einwanderungsamts in Budapest angehört worden, wo er den Antrag stellte.

Der Rechtspopulist Gruevski hatte von 2006 bis 2016 autoritär und offenbar korrupt über sein Land geherrscht. Seit dem Regierungswechsel im Vorjahr sehen sich er und seine Mitstreiter zahlreichen Strafverfahren wegen Amtsmissbrauchs und Unterschlagungen konfrontiert. Das erste Verfahren wurde im Vormonat abgeschlossen, Gruevski erhielt zwei Jahre Haft wegen der illegalen Beschaffung eines Luxusautos für die Regierung. Weitere Prozesse sind gegen ihn anhängig, darunter einer wegen des von ihm veranlassten geheimdienstlichen Abhörens von 20.000 Bürgern.

Sein Verschwinden nach Ungarn lässt es unwahrscheinlich erscheinen, dass Gruevski in seiner Heimat je Konsequenzen wird tragen müssen. Er ist gut befreundet mit Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán. In Budapest wird gemutmaßt, Orbán habe ihm Unterschlupf angeboten. Laut der albanischen Polizei soll Gruevski in einem ungarischen Botschaftsauto das Land verlassen haben.

Immer wieder Soros

Gruevski selbst meldete sich kurz am Dienstag über seine Facebook-Seite zu Wort. Er habe in Mazedonien Morddrohungen erhalten, teilte er mit. Orbáns Regierungsamt erklärte am Mittwoch, dass sein Gesuch als "rein juristische Angelegenheit" beurteilt würde. Dem widerspricht eine gleichzeitige Erklärung eines Sprechers der Orbán-Partei Fidesz: "In Ungarn hat ein Politiker um Asyl angesucht, den eine linke Regierung – die offensichtlich unter dem Einfluss von George Soros steht – verfolgt und bedroht."

Mazedonien verlangt wiederum die Auslieferung Gruevskis. In der ungarischen Hauptstadt glaubt aber niemand, dass Orbán seinem sozialdemokratischen Amtskollegen Zoran Zaev diesen Wunsch so bald erfüllen wird. Der Ungar wird danach trachten, die Affäre Gruevski mittels langwieriger, miteinander konkurrierender Asyl- und Auslieferungsverfahren einfach auszusitzen. (Gregor Mayer, 16.11.2018)