Druck auf Modeketten zu machen ist der größte Beitrag, den man leisten könne, sagt Elke Schüßler.

JKU Linz

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Die eingestürzten Textilfabriken von Rana Plaza.

Foto: REUTERS/Andrew Biraj/Files

24. April 2013. In der Nähe von Dhaka, Bangladesch, stürzt ein achtstöckiges Gebäude ein. In ihm neben einer Bankfiliale und Geschäften: fünf Textilfabriken. Laut der Clean Clothes Campaign, einer NGO, wurde dort unter anderem Kleidung für Kik, Aldi und Primark produziert. Mehr als 1.100 Menschen sterben. Schon lange davor standen große Modeketten in der Kritik. Hat sich seither etwas verändert? Elke Schüßler, Vorständin des Instituts für Organisation an der Kepler-Uni in Linz, forscht dazu.

Eine Angehörige eines Opfers von Rana Plaza trauert.
Foto: apa / am ahad

STANDARD: Hat sich im Textilsektor von Bangladesch seit Rana Plaza etwas geändert?

Schüßler: Häufig gibt es nach Katastrophen nur kurz Aufmerksamkeit. Rana Plaza hat aber nachhaltig etwas verändert. Die Fabriksgebäude sind sicherer. Zentral war das Brandschutzabkommen. Direkt nach dem Einsturz 2013 haben 200 westliche Firmen mit Gewerkschaften eine Vereinbarung geschlossen. Fabriken werden kontrolliert und Schäden beseitigt. Das Programm soll verlängert werden, ist aber vonseiten der Regierung Bangladeschs umstritten.

STANDARD: Was lernen wir daraus?

Schüßler: Die Unternehmen, dass sie diese Probleme nur zusammen angehen können. Der Textilsektor ist eine hochkompetitive Branche, wo um jeden Cent gefeilscht wird. Dass Firmen gemeinsam versuchen, Standards durchzusetzen, das gab es vorher nicht.

STANDARD: Wie viel kann man von Akteuren vor Ort in Bangladesch erwarten?

Schüßler: Die Politik ist eng mit der Branche verbandelt. 80 Prozent der Exporte des Landes hängen an der Kleidung. Nach Rana Plaza gab es einen nationalen Aktionsplan, es ist etwas passiert. Wir haben 1.500 Arbeiterinnen interviewt. Die Löhne sind noch immer sehr niedrig, Frauen werden geschlagen oder angeschrien. Da kommen westliche Firmen auch an ihre Grenzen, wenn es in einem Land kaum Respekt für Frauen gibt. In vom Abkommen kontrollierten Fabriken haben sich aber die Arbeitsbedingungen deutlich verbessert, teilweise auch die Löhne. Es gibt auch mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten.

STANDARD: Was können wir beitragen?

Schüßler: Ohne Druck von Zivilgesellschaft und Medien würde nicht viel passieren, Firmen müssen ihn spüren. Den Druck aufrechtzuerhalten ist der größte Beitrag, den man leisten kann.

STANDARD: Manche fordern Boykotte.

Schüßler: Wenn wir nur noch selbstgestrickte Leinenhemden produzieren, was passiert dann mit den Arbeitnehmerinnen in Bangladesch? Es gibt derzeit keine großen Alternativen für diese Länder, sich zu industrialisieren und aus der Armut zu kommen. Unsere Projektpartner vor Ort betonen, dass die Menschen dort von der Kleidungsindustrie profitieren. (Andreas Sator, 25.11.2018)