Die Bauordnungsnovelle soll an diesem Donnerstag im Wiener Landtag beschlossen werden. Es könnte aber auch der kommende Donnerstag werden.

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Ursprünglich hätten sich ja durchaus "innovative Änderungen" im Entwurf der Wiener Bauordnungsnovelle befunden, sagen die Neos. Reduzierung der Mindestgröße einer Wohnung von 30 auf 25 Quadratmeter, Aufhebung der räumlichen Trennung von Bad und WC – das hätte man für gut befunden.

Im August standen diese Punkte noch im Entwurf. Dann kam die öffentliche Begutachtung, und in deren Zuge hat die rot-grünen Verhandler dann "der Mut verlassen" – zumindest nach Ansicht der Neos. Sie werden der Novelle am Donnerstag ebenso wenig zustimmen wie ÖVP und FPÖ – aus einer Vielzahl an Gründen, wie Klubobmann Christoph Wiederkehr und Wohnbausprecher Thomas Weber am Dienstag in einem Pressegespräch erläuterten. Keine Weiterentwicklung der in Grundzügen seit 1929 bestehenden Bauordnung, keinerlei Bemühungen, eine bundesweit einheitliche Bauordnung herbeizuführen, und mangelnde Transparenz im gesamten Prozess nannte Wiederkehr als Hauptkritikpunkte.

Kaum Gesprächsbereitschaft

Zu Letzterem führte er aus, dass einerseits nur 33 von 60 eingegangenen Stellungnahmen bisher veröffentlicht wurden. Zum anderen war man am 25. September von Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal (SPÖ) zu einem Gespräch geladen worden, dort sei den Neos aber schlicht mitgeteilt worden, dass es für Änderungen "nun eh schon zu spät" sei. Die Arbeiterkammer, deren Bedenken hinsichtlich der Reduzierung der Mindestwohnungsgröße schließlich erhört wurden, habe hier "mehr mitzureden als die Landtagsfraktionen", kritisierte Wiederkehr.

Weber bedauerte, dass die Stellplatzverordnung diesmal nicht angetastet wird. Die Neos wären für eine weitgehende Liberalisierung zu haben gewesen; man hätte das seit 2014 geltende Regulativ (ein Stellplatz je 100 Quadratmeter Wohnnutzfläche) gerne gleich ganz abgeschafft. Dies wäre ein "leicht umsetzbarer" Beitrag zur Kostenreduzierung im Wohnbau gewesen, so Weber.

Weniger Geld für geförderte Wohnungen

Ganz generell führt die Bauordnungsnovelle aus Sicht der Neos nicht zu günstigerem Bauen. Eine "echte Mogelpackung" sei aber die neue Widmungskategorie "Geförderter Wohnbau" in Zusammenhang mit dem Wohnbaubudget für 2019. "Die Mittel für die Neubauförderung werden nächstes Jahr gekürzt", so Wiederkehr – von 300 auf 242 Millionen Euro. "Wenn man schon die Bauträger zwingt, einen hohen Prozentsatz geförderten Wohnbau zu errichten, dann müssen auch die Mittel ausreichend sein. Sonst wird ganz einfach weniger gebaut werden."

An der neuen Widmungskategorie selbst hat auch die ÖVP einiges auszusetzen – beziehungsweise an ihrer konkreten Ausgestaltung. Die Kategorie sei durchaus sinnvoll, werde von Rot-Grün aber als "planwirtschaftliche Zwangsmaßnahme" umgesetzt, so ÖVP-Stadtrat Markus Wölbitsch. "Als Zwang für alle neuen Bauflächen ist dieser Schritt eine retro-sozialistische Kampfansage an den privaten Wohnbau."

ÖVP will "Ungerechtigkeiten" beseitigen

Wölbitsch und Wohnbausprecher Wolfgang Ulm sprachen am Montag in einem Pressegespräch von "zahlreichen Ungerechtigkeiten in der Wohnbaupolitik", die es zu beseitigen gelte. Die "laufenden rot-grünen Gebührenerhöhungen" oder die "intransparente Vergabe von Gemeindewohnungen" zählte man da ebenso dazu wie die nicht sichtbaren Bemühungen um eine Hebung des – laut Arbeiterkammer erheblichen – Nachverdichtungspotenzials. 130.000 Wohnungen wären in den Dachgeschoßen möglich, "aber die Stadt Wien schafft dies aus unverständlichen Gründen nicht".

Heftige Kritik übte der Wohnbausprecher an der Tatsache, dass es in Wien als einzigem Bundesland lediglich geförderte Mietwohnungen, aber keine geförderten Eigentumswohnungen gebe. "Das ist natürlich ideologisch begründet und durch nichts zu rechtfertigen", so Ulm. Er fordert, dass Mittel der Wohnbauförderung auch für die Schaffung von Eigentum verwendet werden, außerdem solle es nach deutschem Vorbild ein "Baukindergeld" als Form der Subjektförderung geben.

Bezirke fühlen sich entmachtet

Dass die Wiener ÖVP der Novelle nicht zustimmen wird, hat aber auch mit einer gewissen "Entmachtung" der Bezirke zu tun. Wie berichtet, sollen die Bezirke beziehungsweise deren Bauausschüsse einige Kompetenzen verlieren, neben der Zuständigkeit für Ausnahmegenehmigungen von der Flächenwidmung werden auch manche Fristen verkürzt. "Kein Wunder, dass sich Bezirksvorsteher aller Parteien mit entsprechenden Stellungnahmen gegen diese Novelle stellen", so Wölbitsch. Der 7. Bezirk spreche in seiner Stellungnahme sogar von einem "Anschlag auf die bürgernahe, partizipative Politik".

Die vier ÖVP-Bezirksvorsteher wandten sich dann am Dienstag per Aussendung auch selbst an die Öffentlichkeit. Den Bezirken "ohne vorhergegangene Gespräche" Kompetenzen wegzunehmen sei der "völlig falsche Weg", stellten Silke Kobald (Hietzing), Veronika Mickel-Göttfert (Josefstadt), Daniel Resch (Döbling) und Markus Figl (Innere Stadt) fest.

Wohnzone: Kompetenzstreichung "besonders Problem"

Die Verkürzung der Frist zur Stellungnahme bei Flächenwidmungsänderungen von drei Monaten auf nur noch vier Wochen sowie die Streichung der erforderlichen Zweidrittelmehrheit im Gemeinderat bei einer Beeinspruchung durch die Bezirke werde als "den Bürgerinnen- und Bürgerinteressen zuwiderlaufende Verschlechterung" entschieden abgelehnt, sagte Kobald. Figl betonte neuerlich, dass man "das Ziel einer bewohnten Inneren Stadt" verfolge, die Streichung der Kompetenzen im Rahmen der Wohnzone deshalb "ein besonderes Problem" sei. Wie berichtet, wandert diese Kompetenz zur Baupolizei.

Bedauert wird von den ÖVP-Vertretern auch, dass es "keine positiven Signale" gegeben habe, den Schutz des Unesco-Weltkulturerbes in der Wiener Bauordnung zu verankern. "Das wäre in dieser Phase ein gutes Signal für die Unesco gewesen", so Wölbitsch.

FPÖ: "Großer Wurf ausgeblieben"

Auch die Wiener FPÖ bedauerte am Dienstag per Aussendung, dass "der große Wurf ausgeblieben" sei. "Stattdessen haben sich Rot und Grün auf den kleinsten gemeinsamen Nenner geeinigt", kritisiert der geschäftsführende Wiener FPÖ-Landesparteiobmann Johann Gudenus. Massive Potenziale zur Senkung der Wohnkosten seien nicht gehoben worden, und bei der Ausgestaltung der Widmungskategorie "Geförderter Wohnbau" ortet man "massive Schwachstellen". Übergangsbestimmungen für bereits in Bauträgereigentum befindliches Widmungsland würden beispielsweise völlig fehlen, so Gudenus. (Martin Putschögl, 20.11.2018)