Jacline Mouraud.

Foto: Photo by DAMIEN MEYER / AFP)

Jacline Mouraud hat den französischen Präsidenten auf dem falschen Fuß erwischt. Die 51-jährige zuvor unbekannte Bretonin hat in einem Video, das inzwischen sechs Millionen Mal angeklickt wurde, Emmanuel Macron die Leviten gelesen: "Was machen Sie mit der Kohle der Franzosen?", fragte sie zornig und gab damit den Startschuss für die Bewegung der "gelben Westen" – jener hunderttausenden Autofahrer und Landbewohner, die seit Samstag Frankreich blockieren und am Samstag zum Halali auf die Pariser Machtzentrale blasen.

Auch Mouraud hat ihre – in französischen Autos obligatorische – Warnweste übergezogen und ist auf die Straße gegangen, um gegen die neueste Erhöhung der Diesel- und Benzinsteuern zu protestieren. Die Mutter von drei Kindern arbeitet als Hypnosetherapeutin und besucht von ihrem kleinen Dorf Bohal aus ihre Kundschaft. Dort, in der tiefen Provinz, verkehren weder Busse noch Züge. Jacline – das übliche "q" ihres Vornamens lässt sie weg – absolviert deshalb nach eigenen Angaben 25.000 Kilometer im Jahr mit dem Auto.

Die von Macron dekretierte Steuererhöhung trifft sie wie so viele Franzosen, die in den hinteren Winkeln des weiten Landes leben und auf ihr Auto angewiesen sind. Ihr Job sei gefährdet, erzählt sie in den TV-Sendungen, in die sie plötzlich eingeladen wird. Dem Präsidenten wirft sie vor, er erhöhe die Steuern, um sich im Élysée-Palast neues Geschirr und ein Schwimmbad für die Sommerresidenz an der Côte d'Azur anzuschaffen.

Ikone der Volksbewegung

Solche ungeschminkten Sprüche kommen gut an in der armen Provinz, die seit dem Mittelalter nur reich geworden ist an Volksaufständen gegen den König und seine Pariser Steuervögte. Fast über Nacht ist Madame Mouraud zur Ikone einer Volksbewegung geworden, die sonst keine Chefs und Koordinatoren hat.

"Wir sind nicht manipulierbar, und das macht sie verrückt", sagt die furchtlose Bretonin aus dem Asterix-Dorf an die Adresse der Mächtigen in Lutetia – so der antike Name von Paris. Der Geheimdienst klopfte, so heißt es, Mourauds Vergangenheit ab, um herauszufinden, ob sie eventuell eine Parteigängerin der Rechtsextremistin Marine Le Pen sei. Er fand nur einen Schwachpunkt: Jacline fährt einen zehn Jahre alten Geländewagen. Auf die Frage, warum sie keinen sparsameren Twingo kaufe, antwortet sie lapidar, sie habe kein Geld dafür. Aber sie trägt ja auch keine lupenreine, nur eine gelbe Weste. (Stefan Brändle, 23.11.2018)