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Rückenmarkstimulatoren sollen statt Medikamenten chronische Schmerzen dämpfen, führen aber immer wieder zu Problemen

Foto: AP/Peter Banda

Wien – In Deutschland wurden im vergangenen Jahr 14.034 Verletzungen, Todesfälle und andere Probleme im Zusammenhang mit Medizinprodukten gemeldet, berichtet die "Süddeutsche Zeitung". Damit haben sich die Verdachtsmeldungen in den vergangenen zehn Jahren verdreifacht.

Das deutsche Gesundheitsministerium bestätigte, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) einen Anstieg registriert hat, verwies allerdings darauf, dass es nicht in allen Fällen zum Tod oder schwerwiegender Gesundheitsverschlechterung gekommen sei.

Die Dunkelziffer dürfte dem Bericht zufolge jedoch erheblich höher sein, da Hersteller und Mediziner nur wenige Fälle melden, obwohl sie dazu verpflichtet wären. So wurden 2017 in Deutschland 3.170 Brustimplantate wieder entfernt, weil das Gewebe um die Silikoneinlagen schmerzhaft vernarbt war. Gemeldet wurden lediglich 141 Fälle.

Wachsender Markt

Implantate sind ein gutes Geschäft für die Hersteller: Weltweit setzen Firmen Schätzungen zufolge über 280 Milliarden Euro im Jahr um, Deutschland ist nach den USA und China der drittgrößte Markt für Medizinprodukte. Anders als beispielsweise in den USA entscheiden in Deutschland private Prüfunternehmen wie TÜV, Dekra oder Eurofins, ob ein Implantat das CE-Kennzeichen erhält und in der EU verkauft werden darf.

Wenn sich ein Prüfer weigert, das Kennzeichen zu vergeben, kann sich der Hersteller also einfach an eine andere Prüfstelle wenden. In Deutschland wurden in den letzten acht Jahren 10.254 Medizinprodukte neu zertifiziert, aber nur 84 abgelehnt. Welche das sind, bleibt geheim.

Kaum Studien und Tests

Ein Großteil der Implantate und Prothesen komme ohne klinische Studien oder Tests auf den Markt, schreibt die "Süddeutsche". Darauf kann nämlich verzichtet werden, wenn ein ähnliches Produkt auf dem Markt ist, das bereits an Menschen getestet wurde.

Die deutschen Behörden verlassen sich darauf, dass die Hersteller fehlerhafte Geräte selbst zurückrufen oder Sicherheitswarnungen aussprechen. Seit 2010 geschah das in etwa 10.000 Fällen, während im gleichen Zeitraum offenbar lediglich sechsmal ein Rückruf behördlich angeordnet wurde

Die Recherchen von NDR, WDR und "Süddeutscher" in Zusammenarbeit mit dem internationalen Konsortiums für Investigative Journalisten (ICIJ) sowie von rund 60 Medienpartnern wurden unter dem Titel "Implant Files" weltweit veröffentlicht. (red, 25.11.2018)